Auslegung von „Mehrheit der übrigen Wohnungseigentümer“ in Teilungserklärung
Das Kammergericht Berlin hat am 30. Januar 2025 entschieden (Aktenzeichen: 1 W 21/24), dass eine in einer vor dem 1. Dezember 2020 vereinbarten Gemeinschaftsordnung enthaltene Klausel, die für die
Veräußerung eines Wohnungseigentums die Zustimmung der „Mehrheit der übrigen Wohnungseigentümer“ vorsieht, ergänzend dahingehend auszulegen ist, dass nicht die einzelnen
Wohnungseigentümer, sondern die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zustimmungsbefugt ist.
Öffentlich beglaubigte Zustimmungserklärungen einer Mehrheit, aber nicht aller Wohnungseigentümer genügen
demnach nicht, um die Wirksamkeit einer Auflassung gegenüber dem Grundbuchamt nachzuweisen.
Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Beteiligte zu 1 ist Eigentümerin eines Wohnungseigentums in einer Anlage, zu der weitere Wohnungseigentumsrechte gehören.
Im Grundbuch ist hinsichtlich der Veräußerung ein Zustimmungsvorbehalt eingetragen, wonach der Wohnungseigentümer
zur Veräußerung und Vermietung der Zustimmung der Mehrheit der übrigen Wohnungseigentümer bedarf.
Die Teilungserklärung präzisiert, dass die Zustimmung nur aus wichtigem Grund versagt werden darf, wobei begründete Zweifel an der finanziellen Leistungsfähigkeit des Erwerbers
oder an dessen reibungsloser Integration in die Gemeinschaft als wichtige Gründe gelten.
Die Beteiligten schlossen einen notariellen Kaufvertrag über das Wohnungseigentum. Einige, aber nicht alle übrigen Wohnungseigentümer erteilten ihre öffentlich beglaubigte Zustimmung zur Veräußerung.
Der Notar beantragte daraufhin die Umschreibung des Eigentums im Grundbuch.
Das Grundbuchamt wies jedoch darauf hin, dass die Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer nur durch einen Beschluss in einer Eigentümerversammlung oder – einstimmig – im schriftlichen Verfahren
erfolgen könne und forderte entweder die Zustimmungserklärungen aller anderen Wohnungseigentümer oder die Niederschrift eines entsprechenden Eigentümerbeschlusses.
Gegen diese Zwischenverfügung legten die Beteiligten Beschwerde ein.
Das Kammergericht wies die Beschwerde zurück. Es führte aus, dass gemäß § 12 Abs. 1 WEG vereinbart werden könne,
dass ein Wohnungseigentümer zur Veräußerung seines Sondereigentums der Zustimmung anderer Wohnungseigentümer oder eines Dritten bedarf.
Eine solche im Grundbuch eingetragene Veräußerungsbeschränkung sei vom Grundbuchamt von Amts wegen zu beachten.
Die Wirksamkeit der Auflassung hänge von der erforderlichen Zustimmung ab.
Die Auslegung, wer die Zustimmung zu erteilen hat, richte sich primär nach der Teilungserklärung.
Zwar sei es rechtlich zulässig, die Zuständigkeit den einzelnen Wohnungseigentümern zu übertragen, jedoch sei höchstrichterlich geklärt, dass die Prüfung und Erteilung der Zustimmung zur Veräußerung eine
Verwaltungsmaßnahme des gemeinschaftlichen Eigentums darstelle, die der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer obliege.
Eine Teilungserklärung, die die Veräußerung von der Zustimmung „der anderen Wohnungseigentümer“ abhängig mache,
sei daher dahingehend auszulegen, dass die rechtsfähige Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zustimmungsbefugt sei.
Dies gelte auch für vor dem 1. Dezember 2020 getroffene Vereinbarungen, die entsprechend ergänzend auszulegen seien.
Die hier maßgebliche Regelung der Teilungserklärung unterscheide sich lediglich durch das zusätzliche Quorum der „Mehrheit der übrigen Wohnungseigentümer“,
was aber nicht auf eine individuelle Zustimmungsbefugnis der einzelnen Wohnungseigentümer schließen lasse.
Der Zustimmungsvorbehalt diene allein dem Interesse der Gemeinschaft, was auch die beispielhaften Versagungsgründe in der Teilungserklärung
(Zweifel an finanziellen Verpflichtungen gegenüber der Gemeinschaft oder an der reibungslosen Einfügung in die Gemeinschaft) verdeutlichten.
Das Grundbuchamt habe auch die zutreffenden Mittel zum Nachweis der Zustimmung aufgezeigt.
Entscheidungen über die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums erfolgten in der Regel durch Beschlussfassung in der Eigentümerversammlung,
wobei die Mehrheit der abgegebenen Stimmen entscheide.
Zum Nachweis gegenüber dem Grundbuchamt genüge die Vorlage der Niederschrift über den Beschluss mit öffentlich beglaubigten Unterschriften.
Außerhalb einer Versammlung sei ein Beschluss gültig, wenn alle Wohnungseigentümer ihre Zustimmung in Textform erklären.
Gegenüber dem Grundbuchamt müssten solche Erklärungen jedoch öffentlich beglaubigt sein und von allen Wohnungseigentümern abgegeben werden, was hier nicht der Fall gewesen sei.
Auch die vorliegenden Erklärungen eines Teils der Wohnungseigentümer könnten nicht für und gegen die Gemeinschaft wirken, da bei fehlendem Verwalter
alle Wohnungseigentümer gemeinschaftlich an der Vornahme des Rechtsgeschäfts mitwirken müssten.
Das Kammergericht ließ die Rechtsbeschwerde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zu.
Der Verfahrenswert wurde auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.