Auslegungsbefugnis Grundbuchamt – Pflicht zur Vorlage Testamentsvollstreckerzeugnisses

Mai 7, 2020

Auslegungsbefugnis Grundbuchamt – Pflicht zur Vorlage Testamentsvollstreckerzeugnisses

OLG München 34 Wx 29/08

Inhaltsverzeichnis RA und Notar Krau

  1. Einseitige testamentarische Anordnung der Testamentsvollstreckung
    • Rechtliche Beeinträchtigung der bedachten Erben
  2. Befugnis des Grundbuchamts zur Auslegung mehrerer notarieller Verfügungen
    • Einsetzung eines Testamentsvollstreckers durch den überlebenden Ehegatten
  3. Grenzen der Auslegungsbefugnis des Grundbuchamts
    • Voraussetzung der abschließenden Würdigung durch das Grundbuchamt
  4. Verfahrensverlauf und Entscheidungen
    • Vorangegangene Entscheidungen (LG Schweinfurt, Beschluss vom 25. Januar 2008, 41 T 212/07)
    • Zurückweisung der weiteren Beschwerde durch das OLG München (34 Wx 29/08)
  5. Sachverhalt
    • Ehe- und Erbvertrag der Eltern des Beteiligten vom 22.11.1968
    • Nachtrag vom 5.12.2000 mit Einsetzung der sechs Kinder als Schlusserben
    • Einseitige Abänderungsbefugnis des überlebenden Ehepartners
    • Tod der Mutter des Beteiligten am 1.10.2002
    • Nachtrag vom 17.8.2006 mit Anordnung der Testamentsvollstreckung durch den überlebenden Vater
  6. Grundbuchberichtigungsantrag und Vorlage des Testamentsvollstreckerzeugnisses
    • Zwischenverfügung des Grundbuchamts vom 10.10.2007
    • Erinnerung und Beschwerde des Beteiligten
  7. Rechtsmittelverfahren
    • Zulässigkeit und Begründetheit der weiteren Beschwerde
    • Auslegung und Prüfung der Erbfolge durch das Grundbuchamt
    • Erforderlichkeit des Testamentsvollstreckerzeugnisses
  8. Rechtliche Würdigung
    • Zweifel an der Wirksamkeit des testamentarischen Nachtrags vom 17.8.2006
    • Aufgaben und Beschränkungen des Grundbuchamts
    • Prüfung durch das Nachlassgericht und mögliche Aufklärungsmaßnahmen
  9. Schlussfolgerungen und Hinweise
    • Keine Berichtigung des Grundbuchs ohne Eintragung des Testamentsvollstreckervermerks
    • Bedeutung des Einverständnisses der Erben für die grundbuchamtliche Behandlung

Auslegungsbefugnis Grundbuchamt – Pflicht zur Vorlage Testamentsvollstreckerzeugnisses

Dieser Beschluss des Oberlandesgerichts (OLG) München vom 16. April 2008 behandelt die Auslegungsbefugnis des Grundbuchamts

im Zusammenhang mit der Eintragung eines Testamentsvollstreckers im Grundbuch.

Im Mittelpunkt steht die Frage, ob das Grundbuchamt die Wirksamkeit einer testamentarischen Anordnung der Testamentsvollstreckung prüfen darf

und unter welchen Voraussetzungen die Vorlage eines Testamentsvollstreckerzeugnisses erforderlich ist.

Sachverhalt

Die Eltern des Beteiligten hatten einen Erbvertrag geschlossen, in dem sie ihre sechs Kinder als Schlusserben einsetzten.

Der überlebende Ehegatte hatte das Recht, die Schlusserbeinsetzung zu ändern.

Nach dem Tod der Mutter ordnete der Vater Testamentsvollstreckung an und bestimmte den Beteiligten zum Testamentsvollstrecker.

Der Beteiligte beantragte die Eintragung der Erbfolge im Grundbuch.

Auslegungsbefugnis des Grundbuchamts – Pflicht zur Vorlage eines Testamentsvollstreckerzeugnisses 

Das Grundbuchamt verlangte die Vorlage eines Testamentsvollstreckerzeugnisses, da Zweifel an der Wirksamkeit der Testamentsvollstreckung bestanden.

Kernaussagen des Beschlusses

Das OLG München wies die weitere Beschwerde des Beteiligten zurück und bestätigte die Entscheidung des Landgerichts, die Vorlage eines Testamentsvollstreckerzeugnisses zu verlangen.

Zentrale Punkte des Beschlusses:

  • Auslegungsbefugnis: Das Grundbuchamt hat die Befugnis, notarielle Urkunden auszulegen, auch wenn rechtlich schwierige Fragen zu beurteilen sind.
  • Grenzen der Auslegung: Das Grundbuchamt darf keine eigenen Ermittlungen anstellen und muss die Erbfolge durch die vorgelegten Urkunden für nachgewiesen erachten.
  • Testamentsvollstreckung: Die einseitige Anordnung der Testamentsvollstreckung durch den überlebenden Ehegatten kann eine unzulässige Beeinträchtigung der Schlusserben darstellen.
  • Zweifel an der Wirksamkeit: Bestehen Zweifel an der Wirksamkeit der Testamentsvollstreckung, darf das Grundbuchamt die Vorlage eines Testamentsvollstreckerzeugnisses verlangen.
  • Aufklärungspflicht des Nachlassgerichts: Die Prüfung der Wirksamkeit der Testamentsvollstreckung ist Aufgabe des Nachlassgerichts.

Auslegungsbefugnis Grundbuchamt – Pflicht zur Vorlage Testamentsvollstreckerzeugnisses

Wesentliche Argumente des Gerichts:

  • Gesetzliche Grundlage: § 35 Abs. 2 GBO erlaubt dem Grundbuchamt, die Vorlage eines Testamentsvollstreckerzeugnisses zu verlangen, wenn es die Befugnis des Testamentsvollstreckers nicht für nachgewiesen hält.
  • Auslegungsbefugnis: Das Grundbuchamt hat die Befugnis, die vorgelegten Urkunden auszulegen, um die Erbfolge zu prüfen.
  • Grenzen der Auslegung: Das Grundbuchamt darf keine eigenen Ermittlungen anstellen, die über die Auslegung der Urkunden hinausgehen.
  • Zweifel an der Wirksamkeit: Im vorliegenden Fall bestanden Zweifel an der Wirksamkeit der Testamentsvollstreckung, da die einseitige Anordnung durch den Vater die Schlusserben beeinträchtigen könnte.
  • Zuständigkeit des Nachlassgerichts: Die Klärung der Zweifel und die Prüfung der Wirksamkeit der Testamentsvollstreckung sind Aufgabe des Nachlassgerichts.

Bedeutung des Beschlusses

Dieser Beschluss verdeutlicht die Grenzen der Auslegungsbefugnis des Grundbuchamts.

Es darf zwar die vorgelegten Urkunden auslegen, aber keine eigenen Ermittlungen anstellen.

Bestehen Zweifel an der Wirksamkeit der Testamentsvollstreckung, ist die Vorlage eines Testamentsvollstreckerzeugnisses erforderlich.

Auslegungsbefugnis Grundbuchamt – Pflicht zur Vorlage Testamentsvollstreckerzeugnisses

Praktische Auswirkungen

Der Beschluss hat praktische Auswirkungen für die Eintragung von Testamentsvollstreckern im Grundbuch.

Es ist wichtig, dass die Wirksamkeit der Testamentsvollstreckung eindeutig aus den vorgelegten Urkunden hervorgeht. Im Zweifelsfall sollte ein Testamentsvollstreckerzeugnis beantragt werden.

Zusätzliche Hinweise:

  • Der Beschluss befasst sich auch mit der Frage, ob die Zustimmung der Erben zur Testamentsvollstreckung für die Eintragung im Grundbuch relevant ist. Das OLG verneint dies.
  • Der Beschluss stellt klar, dass das Grundbuchamt die Erbfolge und die Befugnis des Testamentsvollstreckers in der Form des § 35 GBO prüfen muss.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Letzte Beiträge

OLG Frankfurt: Eintragung eines Amtswiderspruchs nach Ablauf der Jahresfrist gemäß § 7 Abs. 3 GrdstVG

OLG Frankfurt: Eintragung eines Amtswiderspruchs nach Ablauf der Jahresfrist gemäß § 7 III GrdstVG

Mai 19, 2025
OLG Frankfurt: Eintragung eines Amtswiderspruchs nach Ablauf der Jahresfrist gemäß § 7 III GrdstVGOLG Frankfurt 01.07.2024, 20 W 91/24RA und…
Bewertung beschränkte persönliche Dienstbarkeit als Recht auf unbeschränkte Dauer

Bewertung beschränkte persönliche Dienstbarkeit als Recht auf unbeschränkte Dauer

Mai 8, 2025
Bewertung beschränkte persönliche Dienstbarkeit als Recht auf unbeschränkte DauerRA und Notar KrauDas Oberlandesgericht des Landes Sachsen-A…
Adoption - Wann besteht eine Eltern-Kind-Beziehung

Adoption – Wann besteht eine Eltern-Kind-Beziehung

Mai 8, 2025
Adoption – Wann besteht eine Eltern-Kind-BeziehungOLG Köln, Beschluss vom 30.01.2025 – 14 UF 6/25RA und Notar KrauDas Oberlandesgericht…