Ausreichende Angaben zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung
OLG Düsseldorf, 12.09.2024 - I-16 U 146/23
RA und Notar Krau
Worum ging es?
Die Kläger (Kreditnehmer) hatten 2018 bei der Beklagten (Bank) drei Immobiliendarlehen aufgenommen, um ein privat genutztes Haus zu finanzieren. Diese Kredite hatten eine feste Zinsbindung von etwa 15 Jahren.
Im Vertrag der Kläger stand, dass die Bank bei vorzeitiger Rückzahlung eine „angemessene Vorfälligkeitsentschädigung“ verlangen kann. Die Berechnung sollte nach der sogenannten „Aktiv/Passiv-Methode“ erfolgen, bei der die Bank so gestellt wird, als ob der Kredit „bis zum Ablauf der Zinsbindung planmäßig fortgeführt worden wäre“. Es wurde auch erwähnt, dass die Berechnung auf Basis von sicheren Kapitalmarkttiteln (Pfandbriefrenditen) erfolgt und zukünftige Risiko- und Verwaltungskosten abgezogen werden. Außerdem wurde darauf hingewiesen, dass die Bank Informationen zur Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung übermittelt, wenn der Darlehensnehmer die Absicht zur vorzeitigen Rückzahlung mitteilt.
Wichtig war auch eine Klausel, die es den Kreditnehmern erlaubte, das Darlehen nach zehn Jahren nach vollständigem Empfang mit einer Frist von sechs Monaten zu kündigen. Das ist ein gesetzliches Recht in Deutschland (§ 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB), auch wenn die ursprüngliche Zinsbindung länger ist.
Die Kläger verkauften später ihre Immobilie und zahlten die Darlehen vorzeitig zurück. Die Bank verlangte dafür eine Vorfälligkeitsentschädigung von rund 35.000 Euro. Die Kläger zahlten diesen Betrag, aber unter Vorbehalt, und forderten ihn später zurück.
Die Kläger waren der Meinung, dass die Klauseln zur Vorfälligkeitsentschädigung in ihren Kreditverträgen unzureichend und missverständlich waren. Ihr Hauptargument war, dass die Formulierung „als ob der Kredit bis zum Ablauf der Zinsbindung planmäßig fortgeführt worden wäre“ den Eindruck erwecke, dass die Vorfälligkeitsentschädigung für die gesamte ursprüngliche Zinsbindungsdauer (hier 15 Jahre) berechnet würde. Dies sei aber falsch, weil die Bank nur bis zu dem Zeitpunkt Zinsen als Schaden verlangen könne, bis zu dem der Kreditnehmer das Darlehen spätestens nach zehn Jahren kündigen dürfte. Die Information sei irreführend und könnte Kunden davon abhalten, ihren Kredit vorzeitig zurückzuzahlen.
Das Landgericht Wuppertal gab den Klägern Recht. Es urteilte, dass die Bank die 35.000 Euro zurückzahlen müsse. Das Gericht stimmte den Klägern zu, dass die Angaben zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung im Vertrag unzureichend seien. Die Formulierung, die Bank werde so gestellt, „als ob der Kredit bis zum Ablauf der Zinsbindung planmäßig fortgeführt worden wäre“, sei irreführend. Ein normaler Verbraucher würde annehmen, dass die volle Zinsbindungsdauer (15 Jahre) maßgeblich sei, obwohl die Bank tatsächlich nur bis zur gesetzlichen Kündigungsmöglichkeit nach zehn Jahren einen Zinsschaden geltend machen dürfe. Dies sei geeignet, den Kunden von einer vorzeitigen Rückzahlung abzuhalten.
Die Bank legte gegen das Urteil des Landgerichts Berufung ein. Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf gab der Bank Recht und hob das Urteil des Landgerichts auf. Das bedeutet, die Klage der Kreditnehmer auf Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung wurde abgewiesen. Die Kläger müssen die Gerichtskosten tragen.
Das OLG sah keinen Rechtsfehler in der Entscheidung des Landgerichts. Der Anspruch der Kläger auf Rückzahlung der 35.000 Euro bestehe nicht, weil die Bank die Vorfälligkeitsentschädigung zu Recht verlangt habe.
Das OLG befand, dass die Angaben zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung im Vertrag ausreichend waren und die Bank einen Anspruch auf die Zahlung hatte.
Das Gericht stellte klar, dass für Immobiliendarlehen nicht dieselben strengen Informationspflichten gelten wie für andere Verbraucherkredite.
Es sei ausreichend, wenn die Bank die wesentlichen Parameter für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung in groben Zügen benenne. Dazu gehören zum Beispiel das veränderte Zinsniveau, entgangene Gewinne der Bank, ersparte Risiko- und Verwaltungskosten. Eine komplizierte finanzmathematische Formel sei nicht notwendig.
Die Formulierung „als ob der Kredit bis zum Ablauf der Zinsbindung planmäßig fortgeführt worden wäre“ sei nicht irreführend. Sie müsse im Gesamtzusammenhang des Vertrages gesehen werden:
Der Vertrag sprach von einem „unmittelbar mit der vorzeitigen Rückzahlung zusammenhängenden Schaden“. Ein verständiger Kunde würde daraus schließen, dass nur tatsächliche Schäden, nicht aber Zinsausfälle über die 10-Jahres-Kündigungsfrist hinaus, gemeint sind.
Die Klausel zur Kündigungsmöglichkeit nach zehn Jahren (§ 489 BGB) stand auch im Vertrag. Dies zeige dem Kunden, dass die „Zinsbindung“ nicht zwingend die gesamte ursprüngliche Laufzeit bedeute, sondern durch eine Kündigung verkürzt werden kann.
Der Vertrag verwies auch auf die „gesetzlichen Vorgaben und die höchstrichterliche Rechtsprechung“. Diese besagt, dass die Bank nur bis zur gesetzlichen Kündigungsmöglichkeit nach zehn Jahren eine Vorfälligkeitsentschädigung verlangen kann.
Da die Hauptforderung (Rückzahlung der 35.000 Euro) nicht bestand, mussten auch keine Zinsen gezahlt werden.
Das OLG hat die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) zugelassen. Das bedeutet, die Kläger können den Fall noch einmal vom BGH überprüfen lassen. Das OLG hat die Revision zugelassen, weil es Unsicherheiten in der Rechtsprechung gibt, wie genau die Angaben zur Vorfälligkeitsentschädigung in solchen Verträgen formuliert sein müssen, insbesondere im Hinblick auf Formulierungen, die einen falschen Eindruck erwecken könnten. Es besteht also weiterhin Klärungsbedarf auf höchstrichterlicher Ebene.
Zusammenfassend hat das OLG Düsseldorf entschieden, dass die Angaben der Bank zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung in den Kreditverträgen ausreichend und nicht irreführend waren, auch wenn sie nicht explizit auf die 10-Jahres-Kündigungsmöglichkeit hinwiesen, da der Gesamtkontext des Vertrages dies für einen aufmerksamen Verbraucher ersichtlich mache.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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