Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters gemäß § 712 a BGB neue Fassung
Aufsatz von Rechtsanwalt Dr. Andreas Menkel, NZG 2023, 683 ff
Der Aufsatz von Rechtsanwalt Dr. Andreas Menkel behandelt die neue Regelung des § 712a BGB n.F. im Hinblick auf das Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters
einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) und die damit verbundenen Herausforderungen für den verbleibenden Gesellschafter.
Das Gesetz, eingeführt durch das Personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetz (MoPeG), sieht vor, dass die GbR ohne Liquidation erlischt, sobald nur noch ein Gesellschafter verbleibt.
Das Gesellschaftsvermögen geht im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den verbleibenden Gesellschafter über.
Dies stellt eine bewusste Abkehr von der ursprünglich vorgesehenen „Übernahmelösung“ dar, bei der der verbleibende Gesellschafter eine Übernahmeerklärung hätte abgeben müssen.
Die §§ 723 ff. BGB n.F. regeln die Auflösung der Gesellschaft bei Ausscheiden eines Gesellschafters durch Kündigung, Tod oder Insolvenz.
§ 712a BGB n.F. schafft nun eine spezielle Regelung für den Fall, dass nur noch ein Gesellschafter übrig bleibt.
Sowohl der Referentenentwurf als auch der Regierungsentwurf sahen vor, dass der verbleibende Gesellschafter eine Übernahmeerklärung abgeben muss.
Dies sollte den verbleibenden Gesellschafter vor einer ungewollten Übernahme und insbesondere vor finanziellen Belastungen schützen.
Der Gesetzgeber hat diese Übernahmeerklärung gestrichen, um Rechtsunsicherheiten zu vermeiden.
Die aktuelle Fassung des § 712a BGB n.F. sieht die automatische Gesamtrechtsnachfolge des Gesellschaftsvermögens auf den verbleibenden Gesellschafter vor.
Fristgebundenes Ausscheiden tritt insbesondere bei ordentlicher Kündigung durch den Gesellschafter oder einen Pfändungspfandgläubiger ein.
Auch bei einer Ausschließung kann ein zukünftiger Zeitpunkt für das Ausscheiden bestimmt werden.
Der verbleibende Gesellschafter kann, sofern fristgerecht möglich, ebenfalls kündigen.
Dies führt zur Auflösung der Gesellschaft.
Eine fristlose Kündigung durch den verbleibenden Gesellschafter ist nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes möglich, wobei die Hürden hierfür hoch sind.
Die Gesellschaft kann gem. § 729 II BGB n.F. aufgelöst werden, wenn der Gesellschaftszweck unerreichbar geworden ist.
Eine Kündigung der Gesellschaft gem. §§ 729 I Nr. 3, 731 I BGB n.F. ist unter strengeren Voraussetzungen ebenfalls möglich.
Fristloses Ausscheiden tritt insbesondere bei Tod, fristloser Kündigung oder Insolvenz des vorletzten Gesellschafters ein.
Der verbleibende Gesellschafter übernimmt automatisch das Gesellschaftsvermögen, was zu finanziellen und praktischen Problemen führen kann.
Unter Umständen kann eine Auslegung des Gesellschaftsvertrages zu einer Auflösung führen, oder in Extremfällen die Anwendung von § 730 BGB n.F. reduziert werden.
Auch hier erfolgt die automatische Vermögensübernahme.
Eine treuwidrige Kündigung kann jedoch unwirksam sein oder in eine Kündigung der Gesellschaft umgedeutet werden.
Für die fristlose Kündigung eines volljährig gewordenen Gesellschafters gelten Sonderregelungen.
Die Insolvenz des vorletzten Gesellschafters führt ebenfalls zur automatischen Vermögensübernahme, was problematisch sein kann, wenn der insolvente Gesellschafter essenziell für die Gesellschaft war.
Unter Umständen kann, auch ohne Regelung im Gesellschaftsvertrag, die Insolvenz zur Liquidation der Gesellschaft führen.
Die neue Regelung des § 712a BGB n.F. schafft klare Verhältnisse, birgt aber auch Risiken für den verbleibenden Gesellschafter.
Der Beitrag zeigt die verschiedenen Reaktionsmöglichkeiten des verbleibenden Gesellschafters auf und diskutiert, in welchen Fällen eine Abweichung von der gesetzlichen Regelung sachgerecht sein könnte.