Ausschlagen als gewillkürter Erbe bei mehreren Berufungsgründen
Sie spielen mit dem Gedanken, eine Erbschaft auszuschlagen, möchten aber Ihren gesetzlichen Erbteil behalten? Oder Sie haben bereits eine Erbschaft angenommen und fragen sich, was nun gilt? Als Notar weiß ich, Rechtsanwalt und Notar Krau, dass das Erbrecht oft kompliziert klingt. Deshalb erkläre ich Ihnen heute verständlich, wie Sie eine testamentarische Erbschaft ausschlagen und trotzdem Ihr gesetzliches Erbe sichern können.
Stellen Sie sich vor, Sie erfahren, dass Sie Erbe geworden sind. Vielleicht hat Ihnen ein lieber Mensch etwas in einem Testament oder Erbvertrag zugedacht. Gleichzeitig gibt es aber auch noch die gesetzliche Erbfolge, die regelt, wer erbt, wenn es kein Testament gibt oder das Testament unwirksam ist. Manchmal kommt es vor, dass man aus dem Testament erben würde, aber lieber seinen „normalen“ gesetzlichen Erbteil hätte. Das ist oft der Fall, wenn der gesetzliche Erbteil größer ist als das, was im Testament steht, oder wenn man einfach keine Lust hat, mit den testamentarisch Bedachten zu tun zu haben.
Um Ihren gesetzlichen Erbteil antreten zu können, müssen Sie das Erbe, das Ihnen durch ein Testament oder einen Erbvertrag zugedacht wurde, ausdrücklich ausschlagen. Das ist wichtig, denn die „normale“ Ausschlagung bezieht sich erstmal auf alles.
Sie müssen Ihren gesetzlichen Erbteil aber nicht sofort annehmen. Nachdem Sie das testamentarische Erbe ausgeschlagen haben, beginnt eine neue Frist zu laufen, in der Sie sich entscheiden können, ob Sie Ihr gesetzliches Erbe annehmen wollen oder nicht. Ihre Ausschlagung des Testaments ist also keine automatische Annahme des gesetzlichen Erbes.
Was passiert, wenn Sie wissen, dass Sie sowohl im Testament bedacht wurden als auch aufgrund der gesetzlichen Erbfolge erben würden? In diesem Fall müssen Sie bei der Ausschlagung ganz genau sein.
Sie müssen Ihre Ausschlagung ausdrücklich auf das testamentarische Erbe beschränken oder sich vorbehalten, das gesetzliche Erbe anzunehmen. Wenn Sie das nicht tun und einfach „blind“ ausschlagen, wird das im Zweifel so verstanden, dass Sie alles ausschlagen – also auch Ihr gesetzliches Erbe! Man geht nicht einfach davon aus, dass Sie nur einen Teil ausschlagen möchten.
Ein Formulierungsvorschlag für eine solche begrenzte Ausschlagung könnte lauten:
„Ich schlage die mir nach Herrn/Frau […] aufgrund letztwilliger Verfügung (Testament/Erbvertrag) zugefallene Erbschaft unter Vorbehalt einer Annahme der Erbschaft als gesetzlicher Erbe aus.“
Manchmal überlegt man es sich zu spät: Wenn Sie das Erbe aus einem Testament oder Erbvertrag bereits angenommen haben, können Sie es grundsätzlich nicht mehr ausschlagen. Die Annahme kann auch durch bloßes Verstreichenlassen der Ausschlagungsfrist erfolgen – Sie haben die Sechs-Wochen-Frist verpasst, und schon gilt die Erbschaft als angenommen.
Es gibt jedoch eine Ausnahme: Wenn Sie die Annahme der Erbschaft anfechten können (zum Beispiel, weil Sie sich geirrt haben oder getäuscht wurden), führt dies dazu, dass die testamentarische Erbschaft doch noch ausgeschlagen werden kann. Aber auch hier gilt: Sie müssen die Anfechtung darauf beschränken, sonst riskieren Sie, auch Ihr gesetzliches Erbe zu verlieren.
Die Frage, ob die ausdrückliche Annahme Ihres gesetzlichen Erbteils automatisch bedeutet, dass Sie das testamentarische Erbe ausschlagen, ist oft eine Frage der Auslegung.
Wichtig ist dabei die Form: Eine Ausschlagung muss immer formgerecht erfolgen, zum Beispiel beim Nachlassgericht oder einem Notar. Wenn Sie also zum Beispiel einen Erbschein als gesetzlicher Erbe beantragen und das in der vorgeschriebenen Form geschieht, könnte das unter Umständen als Ausschlagung des testamentarischen Erbes interpretiert werden. Aber Vorsicht: Man kann nicht pauschal sagen, dass die Annahme als gesetzlicher Erbe immer eine Ausschlagung des testamentarischen Erbes ist, nur weil Sie von einem Testament wussten. Beantragt ein im Testament bedachter Erbe einen Erbschein als gesetzlicher Erbe, ist das nicht automatisch eine Ausschlagung der Erbschaft aus dem Testament.
Für diese speziellen Regeln spielt es keine Rolle, ob Ihr testamentarischer Erbteil größer, kleiner oder genauso groß wie Ihr gesetzlicher Erbteil wäre. Auch Ihre persönlichen Motive sind unerheblich. Ob Sie aus rein praktischen Gründen, aus altruistischen Motiven oder aus einem Bauchgefühl heraus handeln, spielt für die rechtliche Bewertung keine Rolle.
Ich hoffe, dieser Einblick hat Ihnen geholfen, die komplexen Regeln rund um die Erbschaftsausschlagung besser zu verstehen. Wenn Sie unsicher sind, wie Sie in Ihrem konkreten Fall vorgehen sollen, ist es immer ratsam, professionellen Rat einzuholen. Ich stehe Ihnen als Rechtsanwalt und Notar Krau gerne zur Seite, um Sie durch den Prozess zu führen und sicherzustellen, dass Ihre Wünsche rechtlich korrekt umgesetzt werden.