Ausschlagen des Erbes zugunsten von Miterben
Naht der Verlust eines geliebten Menschen, treten oft Fragen rund um das Erbe in den Vordergrund. Wer erbt was? Und welche Möglichkeiten gibt es, wenn man das Erbe nicht wie vorgesehen annehmen möchte? Gerade die Erbschaft ausschlagen ist ein Thema, das viele Unsicherheiten birgt. Als Rechtsanwalt und Notar Krau möchte ich Ihnen heute einen verständlichen Überblick darüber geben, wann und warum eine Erbausschlagung sinnvoll sein kann – und worauf Sie dabei achten sollten.
Wenn jemand stirbt, geht sein Vermögen – aber auch seine Schulden – automatisch auf die Erben über. Man spricht hier vom Erbschaftsanfall. Das deutsche Erbrecht sieht zwei Hauptwege vor, wie jemand Erbe wird: Entweder durch ein Testament (oder einen Erbvertrag), wo der Verstorbene seine Wünsche festhält, oder durch die gesetzliche Erbfolge, wenn kein Testament existiert.
Manchmal passt das Erbe jedoch nicht zu den eigenen Vorstellungen oder der Lebenssituation. Vielleicht ist die Erbschaft überschuldet, oder man möchte, dass andere Personen zum Zuge kommen. In solchen Fällen haben Sie die Möglichkeit, das Erbe offiziell abzulehnen, also auszuschlagen. Das ist ein wichtiger Schritt, der gut überlegt sein sollte.
Stellen Sie sich vor, der Verstorbene hat Sie in seinem Testament als Erben eingesetzt. Doch Sie wissen, dass dadurch andere Familienmitglieder, die laut Gesetz eigentlich erben würden, leer ausgehen. Oder vielleicht haben Sie selbst schon genug und möchten, dass Ihr gesetzlicher Erbteil lieber Ihren Kindern zugutekommt.
Hier kann die Ausschlagung ein geschickter Weg sein. Wenn Sie auf Ihr Erbe verzichten, rutschen in der Regel die nächsten Personen in der gesetzlichen Erbfolge nach. Das kann zum Beispiel dazu führen, dass Ihre Kinder das Erbe erhalten. Die Motive hierfür können vielfältig sein: Manchmal steckt einfach der Wunsch dahinter, anderen zu helfen, manchmal sind es aber auch steuerliche Gründe, um beispielsweise Freibeträge besser auszunutzen.
Viele Ehepaare setzen sich in einem gemeinsamen Testament gegenseitig als Alleinerben ein und bestimmen ihre Kinder erst als Erben des zuletzt Versterbenden – bekannt als das „Berliner Testament“. Das ist eine sehr häufig gewählte Regelung, um den überlebenden Partner finanziell abzusichern.
Was aber, wenn der überlebende Partner das Erbe des zuerst Verstorbenen ausschlagen möchte? Dies könnte zum Beispiel sinnvoll sein, um die Erbschaftsteuer-Freibeträge der Kinder gleich beim ersten Todesfall zu nutzen.
Grundsätzlich gilt: Wenn der überlebende Ehepartner ausschlägt, rücken die Kinder als gesetzliche Erben sofort nach. Dies geschieht aber nur, wenn das Testament keine andere klare Regelung vorsieht, etwa dass die Kinder als „Ersatzerben“ benannt sind. Damit hier keine Missverständnisse oder ungewollte Folgen entstehen, ist es ratsam, solche Situationen im Testament klar zu formulieren. Gerne berate ich Sie hierzu, denn eine genaue Formulierung kann spätere Schwierigkeiten verhindern.
Das klingt paradox, kommt aber vor: Jemand schlägt ein Erbe aus, weil er denkt, er sei nur durch ein Testament eingesetzt worden. Später stellt sich heraus, dass er auch gesetzlicher Erbe gewesen wäre, beispielsweise als Verwandter oder Ehepartner, und zwar unabhängig vom Testament.
In solchen Fällen ist es möglich, die Erbschaft als gesetzlicher Erbe nachträglich doch noch anzunehmen. Das Gesetz berücksichtigt hier, dass man zum Zeitpunkt der Ausschlagung nicht alle Informationen hatte.
Manchmal wird ein gesetzlicher Erbe im Testament enterbt oder bekommt weniger, als ihm nach Gesetz zusteht. In solchen Fällen gibt es den Pflichtteilsanspruch. Der Pflichtteil ist ein Mindestanteil am Erbe, der auch enterbten nächsten Angehörigen zusteht.
Es kursiert die Ansicht, dass man das Erbe nur ausschlagen dürfe, um den Pflichtteil zu bekommen, wenn man durch das Testament benachteiligt wird, aber nicht, wenn man auch gesetzlicher Erbe wäre. Diese Meinung ist jedoch falsch und wird von Gerichten und in der juristischen Literatur nicht geteilt.
Sie haben das Recht, das Erbe auszuschlagen, um Ihren Pflichtteil geltend zu machen, egal ob Sie testamentarisch oder gesetzlich berufen wären. Wichtig ist hier der Einzelfall: Manchmal wäre es unklug, als gesetzlicher Erbe auszuschlagen, wenn man dadurch Nachteile erleiden würde. Im Zweifel ist es aber fast immer ratsam, die Erbschaft umfassend aus allen möglichen Gründen auszuschlagen, wenn man den Pflichtteil anstrebt.
Diese Frage lässt sich kurz und klar beantworten: Nein. Wenn Sie sowohl testamentarisch als auch gesetzlich als Erbe berufen sind, können Sie die Erbschaft nicht nur als gesetzlicher Erbe ausschlagen und gleichzeitig als testamentarischer Erbe annehmen. Das liegt daran, dass ein Testament die gesetzliche Erbfolge ohnehin außer Kraft setzt.
Sollten Sie jedoch unsicher sein, ob überhaupt ein wirksames Testament existiert und Sie das Erbe als gesetzlicher Erbe auf keinen Fall annehmen möchten, können Sie die Ausschlagung mit einem Vorbehalt versehen. Das ist eine knifflige Situation, die ich Ihnen gerne persönlich erläutere, um Fehler zu vermeiden.
Das Ausschlagen einer Erbschaft ist eine weitreichende Entscheidung mit vielen Fallstricken. Ob aus familiären, steuerlichen oder anderen Gründen – eine fundierte rechtliche Beratung ist unerlässlich. Als Ihr Ansprechpartner stehe ich Ihnen hier bei Krau Rechtsanwälte und Notar jederzeit zur Verfügung, um Ihre individuelle Situation zu beleuchten und Ihnen zu helfen, die richtige Entscheidung zu treffen.
Haben Sie Fragen zur Erbausschlagung oder anderen erbrechtlichen Themen? Zögern Sie nicht, mich zu kontaktieren.