BGH IVa ZR 128/80

März 10, 2020

BGH IVa ZR 128/80

Urteil 30.4.1981

Ausschlagung eines Vermächtnisses durch Pflichtteilsberechtigten

RA und Notar Krau

Das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 30. April 1981 behandelt die Frage, ob ein Pflichtteilsberechtigter, der als Miterbe eingesetzt wurde,

ein ihm zusätzlich zugewandtes Vermächtnis ausschlagen kann, um so von jeglichen Beschränkungen und Beschwerungen, die der Erblasser angeordnet hat, befreit zu sein.

Der BGH bestätigt, dass dies möglich ist, unabhängig davon, ob diese Beschränkungen oder Beschwerungen tatsächlich dazu führen, dass der Pflichtteilsberechtigte weniger erhält als sein Pflichtteil.

Tatbestand:

In dem Fall forderte der Kläger, dass die Beklagte, seine Tante und Pflichtteilsberechtigte, bei der Übertragung von Grundeigentum im Rahmen eines Vermächtnisses mitwirkt.

Der Erblasser, kinderlos verstorben, setzte die Beklagte als Vorerbin für die Hälfte seines Vermögens ein und bestimmte den Kläger sowie weitere Verwandte als Erben der anderen Hälfte.

BGH IVa ZR 128/80

Zudem ordnete er eine zehnjährige Auseinandersetzungssperre für den Grundbesitz an und setzte mehrere Vermächtnisse aus, darunter Grundstücke für den Kläger und ein Wohnrecht für die Beklagte.

Die Beklagte schlug das ihr zugewandte Vermächtnis aus, nahm jedoch die Erbschaft an.

Das Landgericht gab der Klage des Klägers statt, das Oberlandesgericht wies die Klage jedoch auf Berufung der Beklagten ab.

Mit seiner Revision strebte der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils an,

hilfsweise die Feststellung, dass die Beklagte nach Ablauf der zehnjährigen Sperrfrist zur Übertragung des Eigentums verpflichtet sei.

Entscheidungsgründe:

Der BGH wies die Revision zurück und stellte klar, dass die Beklagte gemäß § 2306 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht durch ein Vermächtnis

oder eine Teilungsanordnung beschränkt oder beschwert war, da ihr Erbteil nicht mehr als die Hälfte des gesetzlichen Erbteils betrug.

BGH IVa ZR 128/80

Pflichtteilsrecht und Erbschaft:

Die Beklagte war aufgrund des Fehlens naher Verwandter die alleinige gesetzliche Erbin ihres Ehemanns. Ihr Pflichtteilsrecht betrug die Hälfte des Nachlasswerts.

Obwohl ihr durch den Erbvertrag mehr als die Hälfte ihres gesetzlichen Erbteils hinterlassen wurde, war sie durch das Vermächtnis begünstigt.

Der BGH stellte klar, dass der Wert des Vermächtnisses auf den Pflichtteilsanspruch angerechnet wird, wenn es angenommen wird.

Ein Pflichtteilsberechtigter kann das Vermächtnis jedoch ausschlagen und den Pflichtteil verlangen, ohne dass der Wert des Vermächtnisses relevant ist.

Wirkung der Ausschlagung:

Nachdem die Beklagte das Vermächtnis ausgeschlagen hatte, war sie in Höhe der Hälfte ihres gesetzlichen Erbteils als Erbin eingesetzt

und von Beschränkungen und Beschwerungen durch das Vermächtnis befreit.

Der BGH stellte fest, dass dies den gesetzlichen Pflichten entspricht, da das Pflichtteilsrecht dem Berechtigten eine uneingeschränkte Beteiligung am Nachlass garantiert.

BGH IVa ZR 128/80

Hilfsweise gestelltes Feststellungsbegehren:

Der BGH wies auch das hilfsweise Begehren des Klägers zurück, da der Kläger durch die Anordnung der Testamentsvollstreckung von der Prozessführung über das betroffene Recht ausgeschlossen war.

Zusammenfassend bestätigte der BGH, dass ein Pflichtteilsberechtigter ein zusätzliches Vermächtnis ausschlagen kann,

um von allen Beschränkungen und Beschwerungen befreit zu sein, die der Erblasser angeordnet hat.

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