Ausschluss eines Gesellschafters wegen Nichtzahlung seiner Einlage
Oberlandesgericht Jena Beschl. v. 08.06.2007, Az.: 6 U 311/07
Dieses Dokument fasst die zentralen Aussagen einer gerichtlichen Entscheidung (Oberlandesgericht Thüringen) zusammen, die sich mit komplexen Fragen des GmbH-Rechts, insbesondere der Kaduzierung (Ausschluss eines Gesellschafters wegen Nichtzahlung seiner Einlage) und den Folgen der Insolvenz befasst.
Die Zusammenfassung richtet sich an Laien und beleuchtet die Voraussetzungen, unter denen eine GmbH die ausstehenden Pflichteinlagen eines Gesellschafters einfordern und diesen im schlimmsten Fall aus der Gesellschaft ausschließen darf.
Die Kaduzierung ist ein streng geregeltes Verfahren im GmbH-Recht, das es der Gesellschaft ermöglicht, einen Gesellschafter zwangsweise auszuschließen, wenn dieser seine vertraglich zugesagte Kapitaleinlage (Bareinlage) nicht fristgerecht leistet. Ziel ist es, das für die GmbH notwendige Stammkapital sicherzustellen. Die Gesellschaft muss dabei die gesetzlichen Schritte präzise einhalten.
Bevor ein Gesellschafter ausgeschlossen werden kann, muss seine Einlage fällig sein, d.h., die Zahlungsverpflichtung muss rechtlich entstanden sein.
Normalerweise wird die Fälligkeit der Einlage durch einen Beschluss der Gesellschafterversammlung herbeigeführt. Die Gesellschafter „fordern“ das Geld aktiv ein.
Ein wichtiger Punkt der Entscheidung betrifft den Fall, dass die GmbH selbst in die Insolvenz gerät. Hier gilt eine erhebliche Erleichterung:
Der Insolvenzverwalter der GmbH kann die ausstehenden Kapitaleinlagen der Gesellschafter sofort und ohne vorherigen Beschluss der Gesellschafterversammlung einfordern und damit fällig stellen.
Dies stellt sicher, dass die GmbH schnellstmöglich über die notwendigen Mittel verfügt, um ihre Gläubiger zu befriedigen.
Auch wenn die Einlage durch den Insolvenzverwalter schnell fällig gestellt werden kann, muss das eigentliche Ausschlussverfahren (Kaduzierung) zwingend alle Formvorschriften einhalten. Hierbei ist größte Sorgfalt geboten, da jeder Fehler die Kaduzierungserklärung unwirksam macht.
Zur Vorbereitung eines wirksamen Ausschlusses muss der säumige Gesellschafter zunächst zur Zahlung aufgefordert werden. Dabei muss der GmbH-Gesellschafter eine zwingende Frist von mindestens einem Monat (§ 21 Abs. 1 S. 3 GmbHG) erhalten, verbunden mit der Androhung des Ausschlusses (Kaduzierung), falls er nicht zahlt.
Wirksamkeit bei zu kurzer Frist: Wird dem Gesellschafter eine zu kurze Nachfrist gesetzt (z.B. nur zwei Wochen), ist die gesamte nachfolgende Kaduzierungserklärung unwirksam.
Auch bei Insolvenz des Gesellschafters: Entgegen einer möglichen Annahme ist die Setzung dieser Monatsfrist auch im Falle der Insolvenz des säumigen Gesellschafters nicht entbehrlich. Auch der Insolvenzverwalter der GmbH muss sich an diese strenge Frist halten, wenn er den Gesellschafter erfolgreich ausschließen will.
Eine weitere zentrale Frage betrifft den Fall, dass der säumige Gesellschafter selbst eine GmbH ist, die bereits aus dem Handelsregister gelöscht wurde.
Ist eine Gesellschaft gelöscht, existiert sie rechtlich nicht mehr in vollem Umfang. Um sie an einem Verfahren zu beteiligen (wie dem Einzug einer Einlage), war in der Vergangenheit oft eine sogenannte Nachtragsliquidation notwendig. Dies ist ein aufwendiges, gerichtlich angeordnetes Verfahren, das die Gesellschaft wieder „aktiviert“, um letzte Abwicklungsmaßnahmen durchzuführen. Dies ist insbesondere erforderlich, wenn noch verteilungsfähiges Vermögen vorhanden ist.
Das Gericht befürwortet in diesem spezifischen Fall (Einziehung der ausstehenden Einlage zur Sanierung der leistungsempfangenden GmbH) einen einfacheren Weg:
Wenn die gelöschte GmbH lediglich der Schuldner der Einlage ist, muss in der Regel keine Nachtragsliquidation durchgeführt werden.
Stattdessen kann die Aufforderung zur Zahlung und die Androhung der Kaduzierung direkt an den Verwahrer der Bücher und Schriften der gelöschten GmbH (§ 74 Abs. 2 S. 2 GmbHG) gerichtet werden.
Dieser pragmatische Ansatz ermöglicht es der GmbH (bzw. ihrem Insolvenzverwalter), die ausstehende Einlage einfacher und schneller einzuziehen, ohne den umständlichen und teuren Weg der Nachtragsliquidation gehen zu müssen.
Die Entscheidung unterstreicht die zwei Geschwindigkeiten im Einlageverfahren: Die Fälligkeit kann im Falle der Insolvenz beschleunigt werden (durch den Insolvenzverwalter ohne Gesellschafterbeschluss), das eigentliche Ausschlussverfahren (Kaduzierung) erfordert jedoch unverändert die strikte Einhaltung der gesetzlichen Monatsfrist. Bei Gesellschaftern, die bereits gelöschte Gesellschaften sind, erleichtert die Entscheidung die Rechtsverfolgung erheblich, indem sie die aufwendige Nachtragsliquidation für entbehrlich erklärt.
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