Außerordentliche Kündigung Vorstandsmitglied AG

Dezember 26, 2024

Außerordentliche Kündigung Vorstandsmitglied AG

OLG München 7 U 351/23e

Urteil vom 31.7.2024: Außerordentliche Kündigung eines Vorstandsmitglieds wegen Weiterleitung sensibler Daten an privaten E-Mail-Account

Zusammenfassung RA und Notar Krau

Sachverhalt:

Der Kläger war Vorstand einer Aktiengesellschaft (AG) und leitete über einen längeren Zeitraum betriebsinterne und teils vertrauliche E-Mails an seinen privaten E-Mail-Account weiter.

Die E-Mails enthielten sensible Daten wie Gehälter, Provisionsabrechnungen und Informationen über Unternehmensvorgänge.

Der Aufsichtsrat der AG kündigte daraufhin den Vorstandsdienstvertrag des Klägers außerordentlich und fristlos.

Rechtliche Würdigung des OLG München:

Das OLG München bestätigte die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung.

Außerordentliche Kündigung Vorstandsmitglied AG

Die Weiterleitung der E-Mails stellte einen Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO) dar und begründete damit einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 I BGB.

Zentrale Punkte des Urteils:

  1. Verletzung der Sorgfaltspflicht: Obwohl der Kläger nicht gegen die aktienrechtliche Verschwiegenheitsverpflichtung aus § 93 I 3 AktG verstieß, verletzte er durch die Weiterleitung der E-Mails seine Sorgfaltspflicht gemäß § 91 I 1 AktG. Die Weiterleitung und Speicherung der E-Mails auf seinem privaten Account stellte eine Verarbeitung personenbezogener Daten im Sinne von Art. 4 Nr. 2 DS-GVO dar, die nicht durch eine Einwilligung der betroffenen Personen gedeckt war.
  2. Kein Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht: Das Gericht stellte fest, dass der Kläger durch die Weiterleitung der E-Mails an seinen privaten Account nicht gegen die aktienrechtliche Verschwiegenheitspflicht verstieß, da er die Informationen keinem Dritten zugänglich machte.
  3. Wissenszurechnung beim Aufsichtsrat: Für den Fristbeginn der Kündigungserklärungsfrist gemäß § 626 II BGB ist entscheidend, wann der Aufsichtsrat als kündigungsberechtigtes Organ von den Kündigungsgründen Kenntnis erlangte. Das OLG München entschied, dass die Kenntnis einzelner Aufsichtsratsmitglieder nicht ausreicht, sondern die Kenntnis des Gremiums in einer Sitzung erforderlich ist.
  4. Interessenabwägung: Das Gericht führte eine umfassende Interessenabwägung durch und berücksichtigte dabei unter anderem die lange und beanstandungsfreie Tätigkeit des Klägers, das Fehlen einer Sanktionierung durch die Datenschutzbehörde und die Tatsache, dass die Daten nicht an Dritte gelangten. Zu Lasten des Klägers wertete das Gericht die Sensibilität der weitergeleiteten Daten, das systematische Vorgehen des Klägers und die Tatsache, dass er die Daten für einen möglichen Rechtsstreit gegen die Gesellschaft sammelte.

Außerordentliche Kündigung Vorstandsmitglied AG

Fazit:

Das Urteil des OLG München verdeutlicht, dass die Weiterleitung von dienstlichen E-Mails an private E-Mail-Accounts

einen schwerwiegenden Verstoß gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen darstellen kann, der eine außerordentliche Kündigung rechtfertigt.

Die Entscheidung hat weitreichende Bedeutung für die Praxis, da sie die Anforderungen an den Umgang mit sensiblen Daten im Unternehmenskontext präzisiert.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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