BAG 4 AZR 443/17 Anwendbarkeit Tarifverträge nach Betriebsübergang

November 12, 2024

BAG 4 AZR 443/17 Anwendbarkeit von Tarifverträgen nach einem Betriebsübergang

RA und Notar Krau

Kernaussage:

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte in diesem Fall über die Anwendbarkeit von Tarifverträgen nach einem Betriebsübergang zu entscheiden.

Konkret ging es um die Frage, ob die Tarifverträge des alten Arbeitgebers (Sana-Konzern) oder die des neuen Arbeitgebers (AMEOS-HTV) gelten.

Das BAG entschied, dass die Tarifverträge des Sana-Konzerns keine Anwendung finden, weder aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme noch aufgrund betrieblicher Übung.

Sachverhalt im Detail:

Die Klägerin war seit 1994 im Klinikum in H beschäftigt.

Ihr Arbeitsvertrag enthielt eine dynamische Bezugnahmeklausel auf den BAT/VKA.

Im Jahr 2005 wurde ihr Arbeitsverhältnis in den TVöD übergeleitet.

Im Jahr 2007 ging das Klinikum im Wege eines Betriebsübergangs auf die S-Klinikum GmbH über.

Diese wandte zunächst den TVöD an, führte aber 2010 die Tarifverträge des Sana-Konzerns ein.

BAG 4 AZR 443/17 Anwendbarkeit Tarifverträge nach Betriebsübergang

Im Jahr 2013 erfolgte ein weiterer Betriebsübergang auf die Beklagte (AMEOS).

Diese wandte ihren eigenen Haustarifvertrag (AMEOS-HTV) an.

Die Klägerin verlangte jedoch die Weitergeltung der Sana-Tarifverträge.

Entscheidung des BAG:

Das BAG gab der Revision der Beklagten statt und wies die Klage ab.

Die Sana-Tarifverträge finden keine Anwendung.

Begründung im Detail:

  1. Keine Anwendbarkeit aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme:
  • Die Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag der Klägerin bezog sich auf den BAT/VKA und sonstige einschlägige Tarifverträge.
  • Der AMEOS-HTV ist kein solcher einschlägiger Tarifvertrag. Er ist kein Verbandstarifvertrag, sondern ein Haustarifvertrag.
  • Die Bezugnahmeklausel kann auch nicht als Tarifwechselklausel ausgelegt werden.

BAG 4 AZR 443/17 Anwendbarkeit Tarifverträge nach Betriebsübergang

  1. Keine Anwendbarkeit aufgrund betrieblicher Übung:
  • Eine betriebliche Übung liegt vor, wenn der Arbeitgeber bestimmte Verhaltensweisen regelmäßig wiederholt, sodass die Arbeitnehmer auf eine dauerhafte Leistung schließen können.
  • Im vorliegenden Fall fehlte es an einem entsprechenden Verpflichtungswillen der Rechtsvorgängerin der Beklagten.
  • Die Rechtsvorgängerin ging davon aus, zur Anwendung der Sana-Tarifverträge verpflichtet zu sein.
  • Es gab keine Anhaltspunkte dafür, dass sie diese ohne Rechtspflicht anwenden wollte.
  1. Keine konkludente Vertragsänderung:
  • Auch eine konkludente Vertragsänderung lag nicht vor.
  • Das Verhalten der Rechtsvorgängerin konnte nicht als Angebot auf Änderung der Bezugnahmeklausel verstanden werden.

Besondere Bedeutung des Urteils:

  • Auslegung dynamischer Bezugnahmeklauseln: Das Urteil verdeutlicht die Grundsätze der Auslegung dynamischer Bezugnahmeklauseln in Arbeitsverträgen.
  • Keine betriebliche Übung bei vermeintlicher Rechtspflicht: Eine betriebliche Übung kann nicht entstehen, wenn der Arbeitgeber Leistungen aufgrund einer vermeintlichen Rechtspflicht erbringt.
  • Tarifwechselklauseln: Das Urteil zeigt die Voraussetzungen für die Annahme einer Tarifwechselklausel auf.

Schlagworte

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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