BAG 5 AZR 453/15

September 19, 2017

BAG 5 AZR 453/15 Branchenzuschlag nach dem TV über Branchenzuschläge für Arbeitnehmerüberlassungen in der Metall- und Elektroindustrie

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das das Urteil des Thüringer Landesarbeitsgerichts vom 22. April 2015 – 4 Sa 87/14 – aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

BAG 5 AZR 453/15

1

Die Parteien streiten über die Zahlung eines Branchenzuschlags nach dem Tarifvertrag über Branchenzuschläge für Arbeitnehmerüberlassungen in der Metall- und Elektroindustrie vom 22. Mai 2012 (TV BZ ME).

2

Der Kläger ist Mitglied der IG Metall und seit dem 1. November 2012 bei der Beklagten, die gewerblich Arbeitnehmerüberlassung betreibt und Mitglied im Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen e. V. ist, als Gabelstaplerfahrer beschäftigt.

BAG 5 AZR 453/15

Der Kläger ist seit Beginn des Arbeitsverhältnisses als Gabelstaplerfahrer bei der B GmbH (B) eingesetzt. Die B ist ein Logistikdienstleister und betreibt in ihrem Logistikzentrum ausschließlich die Abwicklung von Ein- und Auslagerungsvorgängen im Lager, Leerguthandling und die Abwicklung der Produktionsversorgung für die A GmbH (A), die Frontscheinwerfer für PKW herstellt. Der Bruttostundenlohn des Klägers beträgt 7,64 Euro. Mit dem Kläger vergleichbare Arbeitnehmer erhalten bei der B einen Bruttostundenlohn iHv. 10,14 Euro.

4

Am 22. Mai 2012 schlossen der Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister e. V. (BAP) sowie iGZ – Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen e. V. (iGZ) einerseits und der IG Metall Vorstand andererseits einen Tarifvertrag über Branchenzuschläge für Arbeitnehmerüberlassungen in der Metall- und Elektroindustrie (TV BZ ME), der ua. bestimmt:

„§ 1

Geltungsbereich

Dieser Tarifvertrag gilt:

1.

Räumlich:

Für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland;

2.

Fachlich:

Für die tarifgebundenen Mitgliedsunternehmen des Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister e. V. (BAP) und des Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen e. V. (iGZ), die im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung Beschäftigte in einen Kundenbetrieb der Metall- und Elektroindustrie einsetzen. Als Kundenbetrieb der Metall- und Elektroindustrie gelten die Betriebe folgender Wirtschaftszweige, soweit sie nicht dem Handwerk zuzuordnen sind:

Automobilindustrie und Fahrzeugbau

sowie die zu den erwähnten Wirtschaftszweigen gehörenden Reparatur-, Zubehör-, Montage-, Dienstleistungs- und sonstigen Hilfs- und Nebenbetrieben und Zweigniederlassungen sowie die Betriebe artverwandter Industrien.

Bei Zweifelsfällen hinsichtlich der Einordnung eines Kundenbetriebs gilt als maßgebliches Entscheidungskriterium der im Kundenbetrieb angewandte Tarifvertrag. …

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3.

Persönlich:

Für alle Beschäftigten, die im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung an Kundenbetriebe überlassen werden.

§ 2

Branchenzuschlag

(1)

Arbeitnehmer erhalten bei Vorliegen der Voraussetzungen für die Dauer ihres jeweiligen Einsatzes im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung in einen Kundenbetrieb der Metall- und Elektroindustrie einen Branchenzuschlag.

(2)

Der Branchenzuschlag wird für den ununterbrochenen Einsatz im jeweiligen Kundenbetrieb gezahlt. …

(3)

Der Branchenzuschlag beträgt nach der Einsatzdauer in einem Kundenbetrieb folgende Prozentwerte:

nach der sechsten vollendeten Woche

15 %

nach dem dritten vollendeten Monat

20 %

nach dem fünften vollendeten Monat

30 %

nach dem siebten vollendeten Monat

45 %

nach dem neunten vollendeten Monat

50 %
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des Stundentabellenentgelts des Entgelttarifvertrages Zeitarbeit, abgeschlossen zwischen dem Bundesverband Zeitarbeit Personal-Dienstleistungen e.V. – BZA – und der DGB-Tarifgemeinschaft Zeitarbeit (im Folgenden ETV BZA) bzw. des Entgelttarifvertrages, abgeschlossen zwischen dem Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen e.V. – iGZ – und der DGB-Tarifgemeinschaft Zeitarbeit (im Folgenden ETV iGZ), je nach Einschlägigkeit.

(4)

Der Branchenzuschlag ist auf die Differenz zum laufenden regelmäßig gezahlten Stundenentgelt eines vergleichbaren Arbeitnehmers des Kundenbetriebs beschränkt. Bei der Feststellung des Vergleichsentgelts im Kundenbetrieb bleibt das Äquivalent einer durchschnittlichen Leistungszulage der Branche unberücksichtigt.

(6)

Der Branchenzuschlag ist Teil des festen tariflichen Entgelts gemäß § 13.2 MTV BZA bzw. Teil der Grundvergütung gemäß § 2 Abs. 1 Entgelttarifvertrag iGZ.

§ 6

Einführung des Tarifvertrags

(1)

Mit Inkrafttreten dieses Tarifvertrages beginnen die für die Berechnung des Branchenzuschlages maßgeblichen Einsatzzeiten im jeweiligen Kundenbetrieb neu zu laufen.

§ 7

Schlussbestimmungen

(1)

Dieser Tarifvertrag tritt am 1. November 2012 in Kraft.

…“

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In den Protokollnotizen zum TV BZ ME vom 7. September 2012 heißt es:

3.

Auslegung zur Deckelungsregelung,

§ 2 Abs. 4 TV BZ ME

§ 2 Abs. 4 TV BZ ME ist eine Ausnahmeregelung, die die individuelle Ermittlung des laufenden regelmäßig gezahlten Stundenentgelts eines vergleichbaren Arbeitnehmers des Kundenbetriebs erfordert. Sie ermöglicht im Einzelfall eine Beschränkung des Branchenzuschlages, wenn der Kundenbetrieb eine entsprechende Deckelung geltend macht.“

Nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung hat der Kläger mit der am 18. Oktober 2013 eingereichten und mehrfach erweiterten Klage einen tariflichen Branchenzuschlag iHv. 2,29 Euro brutto/Stunde für Mai 2013 und iHv. 2,50 Euro brutto/Stunde für Juni bis September 2013 begehrt. Die B sei ein Kundenbetrieb der Metall- und Elektroindustrie. Hierfür genüge, dass der Entleiherbetrieb Dienstleistungen für einen Betrieb der Automobilindustrie erbringe.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.118,53 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 485,56 Euro seit dem 11. August 2013, aus 454,88 Euro seit dem 29. Oktober 2013 und aus 178,09 Euro seit dem 7. November 2013 zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Die B unterhalte einen Logistikbetrieb. Sie sei auch kein Hilfs- oder Nebenbetrieb, es fehle an der Identität mit der Inhaberin des Hauptbetriebs, der A. Das Vergleichsentgelt sei auf 90 % des Lohns eines Stammmitarbeiters beschränkt.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers gegen das die Klage abweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Unrecht zurückgewiesen. Auf Grundlage des bisher festgestellten Sachverhalts kann der Senat nicht entscheiden, in welchem Umfang die Klage begründet ist. Das führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

I. Die Klage ist zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Streitgegenständlich sind tarifliche Branchenzuschläge für insgesamt fünf Monate.

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II. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann die Berufung des Klägers nicht zurückgewiesen werden. Die Annahme, die B falle nicht in den fachlichen Geltungsbereich des § 1 Nr. 2 TV BZ ME, weil keine Identität zwischen dem Inhaber des Hauptbetriebs und dem des Hilfs- und Nebenbetriebs bestehe, ist nicht frei von Rechtsfehlern.

1. Der Kläger hat nach § 2 Abs. 1 bis Abs. 3 TV BZ ME, der aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit mit unmittelbarer und zwingender Wirkung auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung findet (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG), nach der sechsten vollendeten Woche des Einsatzes bei der B für die weitere Dauer der ununterbrochenen Überlassung an diese Anspruch auf einen Branchenzuschlag. Deren Betrieb wird vom fachlichen Geltungsbereich des TV BZ ME erfasst.

a) Nach § 1 Nr. 2 Satz 1 TV BZ ME gilt dieser fachlich ua. für Mitgliedsunternehmen des iGZ, die im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung Beschäftigte in einen Kundenbetrieb der Metall- und Elektroindustrie einsetzen, wobei nach § 1 Nr. 2 Satz 2 TV BZ ME die dort genannten Betriebe als Kundenbetriebe der Metall- und Elektroindustrie gelten. Die Beklagte ist Mitglied des iGZ und beschäftigt den Kläger im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung. Das ist zwischen den Parteien unstreitig.

b) Der Kläger war im Streitzeitraum einem gemäß § 1 Nr. 2 Satz 2 TV BZ ME als Kundenbetrieb der Metall- und Elektroindustrie geltenden Betrieb zur Arbeitsleistung überlassen.

aa) Nach dem Katalog des § 1 Nr. 2 Satz 2 Halbs. 1 TV BZ ME gelten als Kundenbetriebe der Metall- und Elektroindustrie ua. Betriebe des Wirtschaftszweigs Automobilindustrie und Fahrzeugbau, soweit sie nicht dem Handwerk zuzuordnen sind.

(1) Dass der Einsatzbetrieb des Klägers dem Handwerk zuzuordnen wäre, hat die Beklagte bereits nicht geltend gemacht (zur Abgrenzung Handwerk – Industriebetrieb vgl. BAG 21. Januar 2015 – 10 AZR 55/14 – Rn. 35 f. mwN).

(2) Betriebe des Wirtschaftszweigs Automobilindustrie und Fahrzeugbau sind neben denjenigen der Automobil- und Fahrzeughersteller im engeren Sinne alle Betriebe, deren überwiegende Tätigkeit als Glied einer Fertigungskette unmittelbar auf die Fertigung eines Automobils oder eines sonstigen Fahrzeugs sowie seiner Bestandteile gerichtet ist. Dies hat der Senat in seinem am heutigen Tag ergangenen Urteil in einem Parallelverfahren (- 5 AZR 552/14 – Rn. 21 ff.), auf dessen Begründung zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, entschieden.

(3) Ein solcher Betrieb ist derjenige der B nicht. Seine ausschließlichen Tätigkeiten sind nach den mit der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts solche aus dem Bereich Logistik. Diese unterstützen zwar die Produktion von Automobilen, sind aber nicht unmittelbar in die Fertigungskette des Automobilzulieferers A eingebunden.

bb) Doch ist der fachliche Geltungsbereich bei Unterstützungsbetrieben wie demjenigen der B nach § 1 Nr. 2 Satz 2 Halbs. 2 TV BZ ME eröffnet.

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(1) Diese Bestimmung erweitert durch die Formulierung „sowie“ den fachlichen Geltungsbereich des Tarifvertrags auf Reparatur-, Zubehör-, Montage-, Dienstleistungs- und sonstige Hilfs- und Nebenbetriebe. Gemeint sind damit Betriebe, die nicht originär einem der in § 1 Nr. 2 Satz 2 Halbs. 1 TV BZ ME genannten Wirtschaftszweige unterfallen, die aber nach ihren ausschließlichen oder überwiegenden betrieblichen Tätigkeiten den Fertigungsprozess eines Katalogbetriebs unterstützen und deshalb zum entsprechenden Wirtschaftszweig in dem Sinne „gehören“, dass sie ihm zuzuordnen sind. Das folgt aus dem Oberbegriff „Hilfs- und Nebenbetrieb“ (zur Identität der Begriffe sh. BAG 1. April 1987 – 4 AZR 77/86 – BAGE 55, 154), für den die ausdrücklich genannten Reparatur-, Zubehör-, Montage- und Dienstleistungsbetriebe – klargestellt durch die Verknüpfung „und sonstigen“ – Regelbeispiele sind. Kennzeichnend für den Hilfs- oder Nebenbetrieb ist, dass der betreffende Betrieb ein selbständiger Betrieb ist, der für einen anderen Betrieb – den Hauptbetrieb – eine Hilfsfunktion ausübt und den dort verfolgten Betriebszweck unterstützt (vgl. BAG 29. Januar 1992 – 7 ABR 27/91 – zu IV 2 der Gründe mwN, BAGE 69, 286; 17. Januar 2007 – 7 ABR 63/05 – Rn. 23 mwN, BAGE 121, 7).

(2) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist es nicht erforderlich, dass Katalogbetrieb und Unterstützungsbetrieb iSd. § 1 Nr. 2 Satz 2 Halbs. 2 TV BZ ME denselben Inhaber haben. Für eine solche – ungeschriebene – Voraussetzung bietet die Tarifnorm keinen Anhaltspunkt.

(a) Unabhängig davon, dass bei Vorliegen eines Regelbeispiels der jeweilige unbestimmte Oberbegriff erfüllt ist (dazu etwa BAG 24. August 2016 – 4 AZR 251/15 – Rn. 19 mwN), ist es nicht zwingend, dass Hilfs- oder Nebenbetriebe stets denselben Inhaber haben müssen wie der Hauptbetrieb.

(aa) Der Begriff des Nebenbetriebs stammt aus dem Betriebsverfassungsrecht (vgl. zur Begriffsgeschichte Richardi BetrVG 15. Aufl. § 4 Rn. 4). In der bis zum 27. Juli 2001 geltenden Fassung bestimmte § 4 Satz 2 BetrVG, dass Nebenbetriebe, die die Voraussetzungen des § 1 BetrVG aF nicht erfüllten, dem Hauptbetrieb zuzuordnen waren. In diesem Kontext ist es selbstverständlich, dass betriebsverfassungsrechtlich Haupt- und Nebenbetrieb denselben Rechtsträger haben mussten.

(bb) Dieses Verständnis ist indes für die Verwendung des Begriffs in Tarifverträgen nicht zwingend. Vielmehr können Tarifvertragsparteien autonom festlegen, ob sie in ihren Regelungen dem Merkmal „Nebenbetrieb“ das gleiche Verständnis wie im Betriebsverfassungsrecht oder einen hiervon abweichenden Inhalt beimessen wollen. So hat etwa das Bundesarbeitsgericht zu einem Tarifvertrag, der nach seinem fachlichen Anwendungsbereich „für alle Unternehmen des Einzelhandels in Nordrhein-Westfalen einschließlich ihrer Hilfs- und Nebenbetriebe“ gelten sollte, erkannt, eine solche Formulierung biete keinen Anhaltspunkt für die Erfassung auch branchenfremder Unternehmen (BAG 1. April 1987 – 4 AZR 77/86 – BAGE 55, 154). Ebenso ist es von einer Inhaberidentität ausgegangen bei einem Tarifvertrag, der gelten sollte für „alle Betriebe der Land- und Forstwirtschaft (…), deren Nebenbetriebe“ (BAG 25. April 1995 – 3 AZR 528/94 – BAGE 80, 14).

(b) An einer solchen sprachlichen Verknüpfung von Haupt- und Nebenbetrieb fehlt es indes in § 1 Nr. 2 Satz 2 Halbs. 2 TV BZ ME. Hätten die Tarifvertragsparteien eine Inhaberidentität der dort genannten Hilfs- und Nebenbetriebe zu den im vorangehenden Halbs. 1 angeführten Betrieben festlegen wollen, hätten sie dies durch eine entsprechende Formulierung oder Einschränkung unschwer klarstellen können. Stattdessen haben sie als Anknüpfungsmerkmal auf die betriebliche Tätigkeit abgestellt und die bloße Unterstützungsfunktion für einen der Katalogbetriebe des § 1 Nr. 2 Satz 2 Halbs. 1 TV BZ ME ausreichen lassen.

BAG 5 AZR 453/15

c) Danach ist der Einsatzbetrieb des Klägers ein zum Wirtschaftszweig der Automobilindustrie und Fahrzeugbau gehörender Dienstleistungsbetrieb. Der Betrieb der B unterstützt mit seinen ausschließlichen Tätigkeiten der Logistik die Produktion des Automobilzulieferers A.

2. Zum Umfang der Begründetheit der Klage fehlt es an Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zum einschlägigen tariflichen Stundentabellenentgelt des ETV iGZ. Das führt zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung. Dabei wird es Folgendes zu beachten haben:

a) Die Anspruchsvoraussetzungen für die Zahlung eines Branchenzuschlags sind grundsätzlich erfüllt, § 2 Abs. 1, § 2 Abs. 2 Satz 1, § 6 Abs. 1 TV BZ ME.

aa) Nach § 2 Abs. 1 TV BZ ME erhalten Arbeitnehmer für die Dauer ihres jeweiligen ununterbrochenen Einsatzes (§ 2 Abs. 2 Satz 1 TV BZ ME) im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung in einen Kundenbetrieb einen Branchenzuschlag, dessen Höhe sich in Abhängigkeit von der Einsatzdauer bestimmt (§ 2 Abs. 3 TV BZ ME).

bb) Ausgehend vom Inkrafttreten des Tarifvertrags am 1. November 2012 (§ 7 Abs. 1 TV BZ ME), das mit dem Beginn des Arbeitsverhältnisses des Klägers zusammenfällt, und der gemäß § 6 Abs. 1 TV BZ ME mit diesem Datum beginnenden Berechnung der Einsatzzeiten liegt ein ununterbrochener Einsatz des Kläger bei der B vor. Dies ist zwischen den Parteien unstreitig.

b) Zur Bestimmung der Höhe des Branchenzuschlags bedarf es weiterer Feststellungen des Landesarbeitsgerichts.

aa) Nach § 2 Abs. 3 TV BZ ME beträgt der Branchenzuschlag für Mai 2013, dh. nach dem fünften vollendeten Monat, 30 % und von Juni bis Juli 2013, dh. nach dem siebten vollendeten Monat, 45 % sowie von August bis September 2013, dh. nach dem neunten vollendeten Monat, 50 % des Stundentabellenentgelts des ETV iGZ.

bb) Das Landesarbeitsgericht wird auf der Grundlage des vom Kläger geltend gemachten Anspruchs (§ 308 Abs. 1 ZPO) die notwendigen Feststellungen zum tariflichen Stundentabellenentgelt der einschlägigen Entgeltgruppe zu treffen haben.

BAG 5 AZR 453/15

c) Auf eine Deckelung des Anspruchs nach § 2 Abs. 4 TV BZ ME kann sich die Beklagte nicht berufen. Der Branchenzuschlag ist nicht auf die Differenz zum laufenden regelmäßig gezahlten Stundenentgelt eines vergleichbaren Arbeitnehmers des Kundenbetriebs beschränkt.

aa) Nach der Protokollnotiz vom 7. September 2012 ist § 2 Abs. 4 TV BZ ME als Ausnahmeregelung auszulegen. Die Anwendung setzt die Geltendmachung der Deckelung durch den Kundenbetrieb voraus. Damit kann im Kundenbetrieb eine höhere Entlohnung der Leitarbeitnehmer im Vergleich zur Stammbelegschaft vermieden werden.

bb) Die Protokollnotiz ist materieller Bestandteil des Tarifvertrags. Ob Protokollerklärungen oder -notizen in Tarifverträgen Regelungscharakter haben, hängt neben der Wahrung der gebotenen Form (§ 1 Abs. 2 TVG) davon ab, ob darin der Wille der Tarifvertragsparteien zur Normensetzung hinreichend zum Ausdruck kommt (vgl. BAG 13. Mai 2015 – 4 AZR 355/13 – Rn. 33 mwN). Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Protokollnotiz ist von den Tarifvertragsparteien schriftlich vereinbart worden. Sie gestaltet die Modalitäten des Branchenzuschlags durch Geltendmachung einer Deckelung eigenständig aus und knüpft – im Vergleich zur Regelung des § 2 Abs. 4 TV BZ ME – eigenständige Anforderungen an deren Anwendung.

cc) Im Streitfall scheidet eine Anwendung von § 2 Abs. 4 TV BZ ME aus. Die Beklagte wäre nur zu einer Deckelung berechtigt, wenn die B („der Kundenbetrieb“) eine solche gefordert hätte. Dies hat die Beklagte aber selbst nicht behauptet.

d) Der Anspruch auf Verzugszinsen für die geltend gemachten Zuschläge für Mai und Juni 2013 folgt aus § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Der Branchenzuschlag ist Teil des Arbeitsentgelts (§ 2 Abs. 6 TV BZ ME) und damit mit dem für das Arbeitsentgelt bestimmten Zeitpunkt fällig. Das ist nach § 1 Arbeitsvertrag iVm. § 13.1 Manteltarifvertrag Zeitarbeit (BZA/DGB-Tarifgemeinschaft) vom 22. Juli 2003 idF vom 9. März 2010 der 15. Banktag des Folgemonats. Verzugszinsen für Mai und Juni 2013 sind damit jedenfalls ab 11. August 2013 geschuldet. Prozesszinsen für den Branchenzuschlag für Juli bis September 2013 stehen dem Kläger nach § 291 BGB zu.

Koch

Biebl

Volk

Mattausch

Ilgenfritz-Donnè

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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