BAG 9 AZR 525/15

Oktober 3, 2017

BAG 9 AZR 525/15 Urteil vom 20.9.2016, Beendigung eines arbeitnehmerähnlichen Rechtsverhältnisses einer redaktionellen Mitarbeiterin/Programmplanerin

RA und Notar Krau

Sachverhalt:

Die Klägerin, eine freie Mitarbeiterin beim Bayerischen Rundfunk (BR), war seit 1989 in verschiedenen Funktionen tätig, u.a. als Moderatorin und Programmplanerin.

Spätestens seit 1994 erfüllte sie die Voraussetzungen der Arbeitnehmerähnlichkeit gemäß dem Tarifvertrag für arbeitnehmerähnliche Personen (TV aäP).

Der BR kündigte das arbeitnehmerähnliche Rechtsverhältnis mit der Klägerin im Jahr 2013.

Die Klägerin klagte gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und berief sich auf den besonderen Kündigungsschutz nach Tz. 4.2.1 Satz 3 TV aäP,

der eine Kündigung nach 20 Jahren regelmäßiger Tätigkeit nur aus wichtigem Grund zulässt.

Streitpunkte:

  • Erfüllte die Klägerin die Voraussetzungen des besonderen Kündigungsschutzes nach Tz. 4.2.1 Satz 3 TV aäP?
  • Was bedeutet „regelmäßige Tätigkeit“ im Sinne des Tarifvertrags?
  • Ist für den besonderen Kündigungsschutz eine 20-jährige Tätigkeit als arbeitnehmerähnliche Person erforderlich?

BAG 9 AZR 525/15

Entscheidung des BAG:

Das BAG hob das Urteil des Landesarbeitsgerichts auf und verwies die Sache zurück.

Das Landesarbeitsgericht hatte nicht ausreichend geprüft, ob die Klägerin die Voraussetzungen für den besonderen Kündigungsschutz erfüllte.

Wesentliche Aussagen des BAG:

  • Regelmäßige Tätigkeit: Eine regelmäßige Tätigkeit im Sinne des TV aäP liegt vor, wenn die Beschäftigung auf ständige Wiederholung gerichtet ist und über mehrere Jahre hinweg ausgeübt werden soll. Die bloße Anzahl der Arbeitstage ist nicht entscheidend.
  • Arbeitnehmerähnlichkeit: Für die Erlangung des besonderen Kündigungsschutzes ist eine 20-jährige regelmäßige Tätigkeit in wirtschaftlicher Abhängigkeit vom BR erforderlich. Die Geltendmachung von tariflichen Ansprüchen ist dafür nicht notwendig.
  • Darlegungslast: Die Klägerin muss darlegen und beweisen, dass sie die Voraussetzungen für den besonderen Kündigungsschutz erfüllt.

BAG 9 AZR 525/15

Auslegung des Tarifvertrags:

Das BAG legte den TV aäP aus und kam zu folgenden Ergebnissen:

  • Tz. 4.2.1 Satz 3 TV aäP: Der besondere Kündigungsschutz nach dieser Regelung setzt eine 20-jährige regelmäßige Tätigkeit in wirtschaftlicher Abhängigkeit vom BR voraus.
  • „Regelmäßige Tätigkeit“: Eine regelmäßige Tätigkeit liegt vor, wenn sie auf ständige Wiederholung gerichtet ist und über mehrere Jahre hinweg ausgeübt werden soll.
  • Arbeitnehmerähnlichkeit: Die Arbeitnehmerähnlichkeit wird durch die wirtschaftliche Abhängigkeit vom BR bestimmt. Die Geltendmachung von tariflichen Ansprüchen ist dafür nicht erforderlich.

Hinweise für das weitere Verfahren:

Das BAG gab dem Landesarbeitsgericht folgende Hinweise für das weitere Verfahren:

  • Prüfung der Voraussetzungen: Das Landesarbeitsgericht muss prüfen, ob die Klägerin die Voraussetzungen für den besonderen Kündigungsschutz erfüllt, d.h. ob sie mindestens 20 Jahre regelmäßig für den BR tätig war und während dieser Zeit wirtschaftlich von ihm abhängig war.
  • Regelmäßige Tätigkeit: Bei der Prüfung der regelmäßigen Tätigkeit muss das Landesarbeitsgericht berücksichtigen, ob die Beschäftigung auf ständige Wiederholung gerichtet war und über mehrere Jahre hinweg ausgeübt werden sollte.
  • Kostenentscheidung: Das Landesarbeitsgericht muss auch über die Kosten der Revision entscheiden.

BAG 9 AZR 525/15

Fazit:

Das Urteil des BAG verdeutlicht die Voraussetzungen für den besonderen Kündigungsschutz nach dem TV aäP.

Für die Anwendbarkeit des besonderen Kündigungsschutzes ist eine 20-jährige regelmäßige Tätigkeit in wirtschaftlicher Abhängigkeit vom BR erforderlich.

Die Geltendmachung von tariflichen Ansprüchen ist dafür nicht notwendig.

Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen des besonderen Kündigungsschutzes liegt beim Arbeitnehmer.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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