Bauträgervertrag – Unwesentliche Protokoll-Mängel vorhanden: Fertigstellungsrate wird nicht fällig!
In einem Fall vor dem Landgericht München II (Urteil vom 20.04.2023 – 3 O 5314/19 Bau) ging es um die Restzahlung aus einem Bauträgervertrag. Die Klägerin, eine Bauträgerin, verlangte vom Beklagten die letzte Rate für eine Eigentumswohnung mit Tiefgaragenstellplatz. Der Gesamtpreis betrug 344.800 €. Die letzte Rate in Höhe von 11.546,50 € (plus Grundsteueranteil) sollte fällig werden, sobald das Objekt vollständig fertiggestellt ist.
Die Parteien schlossen im Oktober 2016 einen Bauträgervertrag. Darin war geregelt, dass der Kaufpreis in Raten je nach Baufortschritt zu zahlen ist. Die letzte Rate (3,5% der Gesamtsumme) sollte nach „vollständiger Fertigstellung“ fällig werden. Im Vertrag war auch die Abnahme geregelt, also die offizielle Übergabe und Bestätigung, dass die Bauarbeiten abgeschlossen sind. Dabei sollten alle Mängel in einem Protokoll festgehalten werden.
Im Mai und November 2016 gab es Begehungen des Objekts durch Sachverständige, die Mängel am Gemeinschaftseigentum feststellten. Zunächst wurden Mängel im Wert von etwa 405.000 € geschätzt, später waren es noch rund 200.000 €.
Im November 2016 nahm der Beklagte sein Sondereigentum (die Wohnung) unter Vorbehalt von Mängeln ab. Im Abnahmeprotokoll wurden verschiedene Mängel an der Wohnung festgehalten, darunter Probleme mit der Balkonentwässerung, Wasserspuren an der Fassade, Risse und Kratzer an Fenstern und Glasscheiben sowie Schönheitsfehler in Bad und Flur. Einige Mängel wurden als „strittig“ bezeichnet, andere nicht.
Im Dezember 2016 forderte die Klägerin den Beklagten zur Zahlung der Schlussrechnung und zur Abnahme des Gemeinschaftseigentums auf. Der Beklagte erklärte daraufhin im Januar 2017 die Abnahme des Gemeinschaftseigentums unter Vorbehalt der Mängelbeseitigung. Er wies darauf hin, dass ihm die vollständigen Unterlagen (insbesondere ein Gutachten über den Zustand des Gemeinschaftseigentums) nicht vorlagen und er deshalb die Abnahme erst jetzt vornehmen konnte.
Der Beklagte zahlte nur die Hälfte der letzten Rate (5.774,01 €) und berief sich auf die noch bestehenden Mängel. Die Klägerin klagte daraufhin auf Zahlung des Restbetrags.
Die Klägerin behauptete, das Objekt sei abnahmefähig gewesen und alle gerügten Mängel seien entweder nie vorhanden gewesen oder bereits behoben worden. Sie meinte auch, dass ein Anspruch auf Herausgabe von Unterlagen höchstens an die Hausverwaltung bestehe und der Beklagte kein Recht habe, die Zahlung wegen Mängeln am Gemeinschaftseigentum zurückzuhalten, da die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) die Mängelrechte an sich gezogen habe.
Der Beklagte argumentierte, die Forderung sei nicht fällig, weil noch wesentliche Mängel am Sonder- und Gemeinschaftseigentum bestünden. Er berief sich auf ein sogenanntes Leistungsverweigerungsrecht. Er listete eine Reihe von Mängeln detailliert auf, die er im Bereich seiner Wohnung und an den Gemeinschaftsflächen (z.B. Kellerfußboden, Tiefgaragenrampe, Fahrradabstellraum) festgestellt hatte. Er forderte auch fehlende Abnahmebescheinigungen für technische Anlagen.
Das Gericht wies die Klage der Bauträgerin als derzeit unbegründet ab. Das bedeutet, dass die Klägerin zum jetzigen Zeitpunkt keinen Anspruch auf die Restzahlung hat, weil die vereinbarten Bedingungen für die Fälligkeit noch nicht erfüllt sind.
Das Gericht stützte sich auf die Ergebnisse eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens. Dieses Gutachten bestätigte, dass sowohl an der Wohnung des Beklagten als auch an den Gemeinschaftsflächen noch Mängel vorhanden sind. Der Sachverständige schätzte die Kosten für die Beseitigung dieser Mängel auf 5.540,64 € für die Wohnung und 19.777,80 € für die Gemeinschaftsflächen.
Der entscheidende Punkt war die vertragliche Vereinbarung, dass die letzte Rate erst nach „vollständiger Fertigstellung“ fällig wird. Das Gericht erklärte, dass diese „vollständige Fertigstellung“ nicht gegeben ist, solange noch sogenannte Protokollmängel bestehen. Protokollmängel sind Mängel, die bei der Abnahme festgestellt und im Abnahmeprotokoll vermerkt wurden, oder solche, deren Beseitigung vereinbart wurde.
Dabei ist es unerheblich, ob die Mängel als „wesentlich“ oder „unwesentlich“ einzustufen sind. Wichtig ist, dass sie im Protokoll festgehalten wurden und ihre Beseitigung vereinbart war. Das Gericht stellte fest, dass einige der vom Sachverständigen bestätigten Mängel nicht als „strittig“ im Abnahmeprotokoll der Wohnung gekennzeichnet waren, was bedeutet, dass sich die Parteien über deren Bestehen einig waren. Auch die Mängel am Gemeinschaftseigentum galten als Protokollmängel, da die Bauträgerin selbst ein Gutachten zur Abnahmereife des Gemeinschaftseigentums in Auftrag gegeben hatte, in dem diese Mängel aufgeführt waren, und der Beklagte die Abnahme des Gemeinschaftseigentums unter Vorbehalt dieser Mängel erklärt hatte.
Das Gericht betonte, dass der Beklagte als Erwerber noch einen Erfüllungsanspruch auf Mängelbeseitigung hat und die Bauträgerin in dieser Phase noch vorleistungspflichtig ist. Die festgestellten Mängel sind auch nicht so geringfügig, dass der Beklagte sich nach Treu und Glauben nicht auf die fehlende Fälligkeit berufen könnte.
Da die Forderung bereits wegen der fehlenden Fälligkeit abgewiesen wurde, musste das Gericht nicht mehr entscheiden, ob dem Beklagten ein Leistungsverweigerungsrecht in voller Höhe oder nur anteilig zusteht oder ob die geforderten Unterlagen herausgegeben werden müssen.
Das Urteil zeigt, dass Bauträger die letzte Rate nur dann fordern können, wenn das Bauvorhaben tatsächlich vollständig fertiggestellt und frei von Protokollmängeln ist. Auch wenn Mängel als „unwesentlich“ gelten, können sie die Fälligkeit der letzten Rate verhindern, wenn sie bei der Abnahme protokolliert oder vorbehalten wurden. Solange der Bauträger seine Leistung nicht mangelfrei erbracht hat, ist er vorleistungspflichtig und der Käufer kann die Zahlung der letzten Rate verweigern.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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