Bayerisches Oberstes Landesgericht Beschluss 16.5.1988 – BReg 1 Z 47/87 – Ergänzende Testamentsauslegung

Februar 17, 2020

Bayerisches Oberstes Landesgericht Beschluss 16.5.1988 – BReg 1 Z 47/87 – Ergänzende Testamentsauslegung

RA und Notar Krau

Die Ermittlung des hypothetischen Erblasserwillens im Weg ergänzender Testamentsauslegung setzt voraus, daß dieser Wille in der Testamentsurkunde wenigstens andeutungsweise zum Ausdruck gekommen ist.

Setzt der Erblasser seinen Ehegatten als Erben ein und erlebt dieser den Erbfall nicht, so kann schon in dieser Erbeinsetzung ein Anhaltspunkt dafür liegen,

daß der Erblasser einen nahen Verwandten des Ehegatten als Ersatzerben eingesetzt hätte, wenn er mit dem Vorversterben des eingesetzten Erben gerechnet haben würde

(Fortführung BayObLG München, 1982-​02-​23,BReg 1 Z 143/81, BayObLGZ 1982, 159).

Exkurs

Die Andeutungstheorie des BGH bei der Testamentsauslegung

Die Andeutungstheorie ist eine juristische Auslegungsmethode, die insbesondere vom Bundesgerichtshof (BGH) bei der Interpretation von Testamenten angewendet wird.

Bayerisches Oberstes Landesgericht Beschluss 16.5.1988 – BReg 1 Z 47/87 – Ergänzende Testamentsauslegung

Diese Theorie spielt eine zentrale Rolle, wenn es darum geht, den wahren Willen des Erblassers zu ermitteln, insbesondere wenn der Wille des Erblassers nicht ausdrücklich oder eindeutig im Testament formuliert ist.

Grundlagen der Andeutungstheorie:

  1. Ermittlung des Erblasserwillens: Der Grundgedanke der Andeutungstheorie besteht darin, dass bei der Auslegung eines Testaments nicht nur der wörtliche Inhalt des Testaments herangezogen wird, sondern auch der mutmaßliche Wille des Erblassers, der sich aus den gesamten Umständen ergibt.
  2. Dieser Wille muss sich jedoch zumindest ansatzweise im Testament wiederfinden.
  3. Indizien und äußere Umstände: Der BGH berücksichtigt bei der Anwendung der Andeutungstheorie auch äußere Umstände und Indizien, die auf den Willen des Erblassers hinweisen.
  4. Diese Umstände können aus dem Verhalten des Erblassers, seinen Beziehungen zu den Bedachten oder anderen relevanten Fakten bestehen.
  5. Eindeutige Andeutung erforderlich: Die Andeutungstheorie verlangt, dass der mutmaßliche Wille des Erblassers im Testament zumindest angedeutet wird.
  6. Das bedeutet, dass das Testament in seinem Wortlaut Hinweise auf den eigentlichen Willen des Erblassers enthalten muss, auch wenn dieser nicht explizit formuliert ist.
  7. Eine reine Vermutung oder bloße Mutmaßung reicht nicht aus.
  8. Keine freie Willensbildung des Gerichts:
  9. Das Gericht darf nicht einfach den Willen des Erblassers nach eigenem Ermessen interpretieren.
  10. Die Auslegung muss sich am Testament orientieren und eine Grundlage im Wortlaut oder in der Struktur des Dokuments finden.

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Beispiel:

Angenommen, ein Testament enthält eine Formulierung, die auf den ersten Blick unklar ist, wer der Erbe sein soll. Wenn jedoch aus den gesamten Umständen, beispielsweise aus früheren Äußerungen des Erblassers oder seiner persönlichen Beziehungen,

hervorgeht, dass der Erblasser wahrscheinlich eine bestimmte Person begünstigen wollte, und diese Annahme im Testament zumindest angedeutet wird, kann die Andeutungstheorie angewendet werden, um den wahren Willen des Erblassers zu ermitteln.

Fazit:

Die Andeutungstheorie des BGH stellt sicher, dass der wahre Wille des Erblassers auch dann berücksichtigt wird, wenn er nicht ausdrücklich im Testament niedergelegt wurde, solange dieser Wille im Testament zumindest angedeutet ist.

Sie dient somit der Wahrung des Erblasserwillens und der Vermeidung von Fehlinterpretationen, die sich nur an einem möglicherweise unklaren Wortlaut orientieren würden

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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