Beeinträchtigende Schenkung durch Nießbrauchsbestellung – OLG Karlsruhe Urteil vom 18. März 1999 – 17 U 19/97

Juni 8, 2020

Beeinträchtigende Schenkung durch Nießbrauchsbestellung – OLG Karlsruhe Urteil vom 18. März 1999 – 17 U 19/97

Zusammenfassung RA und Notar Krau

Das Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe vom 18. März 1999 (Az. 17 U 19/97) befasst sich mit einem erbrechtlichen Streit zwischen der Klägerin, der dritten Ehefrau des Erblassers, und der Beklagten, der Tochter des Erblassers aus erster Ehe.

Der Fall dreht sich um die Frage, ob die Klägerin Anspruch auf einen hinterlegten Kaufpreis von DM 150.000 hat, der durch den Verzicht auf ein Nießbrauchsrecht entstanden ist, oder ob dieser Betrag der Beklagten zusteht.

Tenor des Urteils:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 11. Dezember 1996 wird zurückgewiesen.


Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.


Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden.


Die Beschwer der Klägerin beträgt DM 161.795,72.


Sachverhalt:


Die Parteien streiten um den Verkaufserlös eines Grundstücks, der auf einem Anderkonto hinterlegt ist.

Beeinträchtigende Schenkung durch Nießbrauchsbestellung – OLG Karlsruhe Urteil vom 18. März 1999 – 17 U 19/97

Die Beklagte ist die Tochter des Erblassers, der am 14. Mai 1995 verstorben ist.

Die Klägerin war die dritte Ehefrau des Erblassers.

Die Beklagte wurde im Berliner Testament ihrer Eltern zur Alleinerbin bestimmt.

Das Vermögen der Eltern umfasste mehrere Grundstücke, darunter das Anwesen, auf dem sowohl die Beklagte mit ihrer Familie als auch der Erblasser lebten.

Der Erblasser und die Beklagte schlossen 1993 einen Erbvertrag, der kurz darauf wieder aufgehoben wurde.

In einem neuen Vertrag vom 24. September 1993 verzichtete die Beklagte auf Zuwendungen und stimmte den Vermächtnissen des Erblassers an die Klägerin zu.

Die Klägerin erhielt ein lebenslanges Wohnrecht und diverse Haushaltsgegenstände.

Vorgeschichte und Streit:


Im März 1994 bestellte der Erblasser zugunsten der Klägerin ein Nießbrauchsrecht an seinen Grundstücken.

Später verkaufte er eines der Grundstücke und ein Teil des Kaufpreises (DM 150.000) wurde der Klägerin als Ausgleich für den Verzicht auf das Nießbrauchsrecht zugesprochen.

Beeinträchtigende Schenkung durch Nießbrauchsbestellung – OLG Karlsruhe Urteil vom 18. März 1999 – 17 U 19/97

Nach dem Tod des Erblassers beanspruchte die Klägerin den hinterlegten Betrag für sich, da sie diesen als Gegenleistung für den Verzicht auf das Nießbrauchsrecht erhielt.

Die Beklagte hingegen sah dies als beeinträchtigende Schenkung an und forderte den Betrag zurück, gestützt auf § 2287 BGB (Beeinträchtigende Schenkung).

Entscheidung des Landgerichts:


Das Landgericht gab der Beklagten Recht und urteilte, dass die Bestellung des Nießbrauchsrechts zugunsten der Klägerin eine Schenkung darstellt, die die Beklagte als Erbin beeinträchtigt.

Daher müsse die Klägerin den Betrag an die Beklagte herausgeben.

Die Klägerin legte Berufung gegen dieses Urteil ein.

Entscheidung des Oberlandesgerichts:


Das OLG Karlsruhe bestätigte die Entscheidung des Landgerichts.

Es stellte fest, dass der Erblasser das Nießbrauchsrecht mit der Absicht bestellte, die Beklagte zu benachteiligen.

Es läge kein ausreichendes lebzeitiges Eigeninteresse des Erblassers vor, welches die Schenkung rechtfertigen würde.

Beeinträchtigende Schenkung durch Nießbrauchsbestellung – OLG Karlsruhe Urteil vom 18. März 1999 – 17 U 19/97

Die Nießbrauchsbestellung diente nicht der Absicherung der Klägerin, da diese bereits durch andere Regelungen (Wohnrecht, Haushaltsgegenstände) abgesichert war.

Rechtliche Erwägungen:


Das Gericht sah die Voraussetzungen des § 2287 BGB als erfüllt an.

Eine lebzeitige Schenkung, die den Vertragserben beeinträchtigt, ist nach dieser Vorschrift herauszugeben.

Die Klägerin konnte nicht nachweisen, dass sie besondere Opfer für den Erblasser erbracht oder erhebliche Eigenmittel in die Ehe eingebracht hatte.

Auch die nachträgliche Bestellung des Nießbrauchsrechts nach dem Abschluss des umfassenden Vertrags vom 24. September 1993 sei nicht durch neue Umstände gerechtfertigt.

Die Berufung der Klägerin wurde somit als unbegründet zurückgewiesen und sie muss den hinterlegten Betrag an die Beklagte herausgeben.

Kosten:


Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, wobei die Klägerin die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden kann.

Schlussfolgerung:


Das OLG Karlsruhe urteilte zugunsten der Beklagten und stellte klar, dass der Erblasser mit der Bestellung des Nießbrauchsrechts zugunsten der Klägerin eine Schenkung vornahm, die die Beklagte als Erbin unrechtmäßig benachteiligte.

Die Klägerin muss daher den hinterlegten Kaufpreis an die Beklagte herausgeben.

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

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Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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