Beerdigungskosten keine zwangsläufigen außergewöhnlichen Belastungen
Die nachfolgende Zusammenfassung erklärt das Urteil des Finanzgerichts (FG) Münster vom 01.07.2013 (Az. 2 K 1062/12 E)
Sind Beerdigungskosten immer eine „außergewöhnliche Belastung“?
Im deutschen Einkommensteuerrecht können außergewöhnliche Belastungen (§ 33 EStG) unter bestimmten Voraussetzungen steuermindernd geltend gemacht werden. Hierzu zählen Aufwendungen, die einem Steuerpflichtigen zwangsläufig und in einer größeren Höhe als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Verhältnisse entstehen. Der über einer zumutbaren Eigenbelastung liegende Teil dieser Kosten mindert das zu versteuernde Einkommen.
Das Urteil des FG Münster befasst sich mit der Frage, ob Beerdigungskosten als zwangsläufige außergewöhnliche Belastung anerkannt werden können, insbesondere wenn der Erbe die Kosten aufgrund einer vorherigen vertraglichen Verpflichtung übernommen hat und zugleich Vermögen aus der vorweggenommenen Erbfolge erhalten hat.
Ein Kläger (zusammenveranlagter Ehepartner) machte 5.180 EUR Beerdigungskosten für seine verstorbene Mutter als außergewöhnliche Belastung geltend.
Bereits 1991 hatten die Eltern dem Kläger im Wege der vorweggenommenen Erbfolge ein Zweifamilienhaus übertragen.
Als Gegenleistung verpflichtete sich der Kläger im Übergabevertrag unter anderem:
Den Eltern ein Wohnrecht einzuräumen.
Die Beerdigungskosten und Grabpflege zu übernehmen.
Seinen Geschwistern nach dem Tod des länger lebenden Elternteils Abfindungen zu zahlen.
Die Eltern schlossen zudem einen Erbvertrag, in dem der Kläger als Alleinerbe des zuletzt Versterbenden eingesetzt wurde, während die Geschwister Vermächtnisse (gesamtes Bar- und bewegliches Vermögen) erhielten.
Nach dem Tod der zuletzt verstorbenen Mutter im Jahr 2010 bezahlte der Kläger die Beerdigungskosten gemäß seiner vertraglichen Pflicht.
Der Kläger argumentierte, die Beerdigungskosten nicht aus dem reinen Nachlass (Barvermögen und bewegliches Vermögen) bestreiten zu können, da dieses Vermögen seinen Geschwistern als Vermächtnis zustand. Er meinte, der Wert des vorab übertragenen Grundstücks habe seine Verpflichtungen nicht überstiegen, weshalb die Beerdigungskosten für ihn eine echte, zwangsläufige Belastung darstellten, auch aus sittlichen Gründen.
Das Finanzgericht Münster wies die Klage ab. Die Beerdigungskosten konnten nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden, da sie nicht zwangsläufig im Sinne von § 33 EStG waren.
Grundsätzlich trägt der Erbe die Beerdigungskosten (§ 1968 BGB). Das Gericht bestätigte die ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH): Die Verpflichtung des Erben ist eine Nachlassverbindlichkeit (Schuld des Nachlasses), nicht eine persönliche des Erben. Ist der Nachlass überschuldet, kann der Erbe die Erbschaft ausschlagen und sich so der Pflicht entziehen. Durch die Annahme der Erbschaft setzt der Erbe den Rechtsgrund für die Schuld selbst; die Kosten sind daher nicht zwangsläufig.
Eine Verpflichtung aus einem rechtsgeschäftlichen Vertrag (hier der Übergabevertrag von 1991) begründet für sich allein keine Zwangsläufigkeit im Sinne des Steuerrechts.
Eine Zwangsläufigkeit setzt eine rechtliche, tatsächliche oder sittliche Verpflichtung voraus, der man sich nicht entziehen kann und die man nicht selbst gesetzt hat.
Da der Kläger sich freiwillig und im Gegenzug für die Übertragung des Grundstücks zur Übernahme der Kosten bereit erklärt hatte, war die Verpflichtung selbst geschaffen.
Sittliche Gründe zur Übernahme von Beerdigungskosten können grundsätzlich bei nahen Angehörigen bestehen. Sie greifen jedoch im vorliegenden Fall nicht, da der Kläger:
Vertraglich zur Übernahme der Kosten verpflichtet war und
Im Gegenzug erhebliche Vermögenswerte (das Grundstück) erhalten hat.
Das Gericht argumentiert, dass eine sittliche Verpflichtung nur insoweit besteht, wie die Kosten nicht durch den Wert des übergebenen Vermögens gedeckt werden. Das Gericht war davon überzeugt, dass der Kläger mit dem übertragenen Grundstück einen Gegenwert erhalten hatte, der seine gesamten vertraglichen Verpflichtungen (inkl. der Beerdigungskosten und Zahlungen an die Geschwister) überstieg.
Beerdigungskosten sind nur dann eine steuerlich absetzbare außergewöhnliche Belastung, wenn sie zwangsläufig sind.
Wenn man die Erbschaft annimmt, sind die Beerdigungskosten in der Regel nicht zwangsläufig, da man sich durch Ausschlagung hätte entziehen können.
Wer sich im Gegenzug für die Übertragung von Vermögen (z.B. ein Haus) vertraglich verpflichtet, die Beerdigungskosten zu tragen, kann diese Kosten in der Regel nicht als außergewöhnliche Belastung absetzen. Das Gericht geht davon aus, dass der Vermögensvorteil (Grundstück) die Belastung (Kosten) abdeckt und die Verpflichtung freiwillig eingegangen wurde. Die Kosten gelten als durch den Vermögenswert gedeckt und sind somit keine steuerlich relevante Belastung.
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