Befangenheit durch vorangegangene Auseinandersetzung mit der beklagten Sparkasse
Gerne fasse ich den Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 15. April 2025 (XI ZB 13/24) zum Thema Besorgnis der Befangenheit für Sie zusammen.
In diesem Beschluss geht es um die Frage, ob eine Amtsrichterin als befangen angesehen werden muss und deshalb von einem Verfahren ausgeschlossen werden sollte, weil sie selbst früher einmal einen ähnlichen Anspruch gegen dieselbe Bank (eine Sparkasse) hatte.
Eine Klägerin forderte von der beklagten Sparkasse die Rückzahlung von Kontoführungsentgelten. Hintergrund ist ein früheres Urteil des BGH von 2021, das die in vielen AGBs (Allgemeine Geschäftsbedingungen) der Banken enthaltene Klausel zur fiktiven Zustimmung von Kunden bei Entgeltänderungen für unwirksam erklärte. Die Sparkasse wehrte sich und argumentierte, die Kundin hätte den Entgelten später auf anderem Wege zugestimmt (z.B. durch eine Online-Banking-Vereinbarung).
Die ursprünglich zuständige Amtsrichterin hat vor der Verhandlung offengelegt, dass sie selbst zusammen mit ihrer Mutter einmal Kundin der beklagten Sparkasse war. Sie hatte im Jahr 2021 Rückforderungsansprüche wegen unwirksamer Entgelte geltend gemacht:
Sie führte Schriftverkehr mit der Sparkasse.
Die Bank kündigte daraufhin das Konto.
Sie leitete ein Schlichtungsverfahren ein, das aber ergebnislos endete und im April 2022 beendet war.
Sie verfolgte den Anspruch danach nicht weiter und ist auch keine Kundin mehr der Sparkasse.
Aufgrund dieser Offenlegung lehnte die Sparkasse die Richterin wegen der Besorgnis der Befangenheit ab.
Es geht nicht um tatsächliche Voreingenommenheit: Der Richter muss nicht wirklich parteiisch sein.
Es geht um den „bösen Schein“: Aus Sicht einer vernünftigen Partei darf kein begründeter Zweifel an der Unparteilichkeit und Objektivität des Richters entstehen.
Richter sollen neutral über einen Fall entscheiden. Wenn sie selbst eine besondere Beziehung zum Streitgegenstand oder einer Partei haben, kann das Misstrauen rechtfertigen. Zum Beispiel, wenn ein Richter über denselben Sachverhalt entscheiden muss, aus dem er selbst Ansprüche gegen die Partei erhebt.
Der BGH bestätigte, dass die Ablehnung der Richterin zu Recht zurückgewiesen wurde. Die Richterin ist nicht als befangen anzusehen.
Kein laufender Konflikt mehr: Zwischen der Richterin und der Sparkasse besteht keine geschäftliche Beziehung mehr. Der eigene Anspruch wurde fast zwei Jahre vor der Verhandlung nicht mehr weiterverfolgt. Der Sachverhalt war aus Sicht der Richterin inhaltlich und emotional abgeschlossen.
Die Richterin hatte lediglich ein Schlichtungsverfahren eingeleitet, das auf eine gütliche Einigung abzielt. Dies sei nicht mit einem aktiven Gerichtsverfahren (Prozess) vergleichbar. Die Einleitung einer Schlichtung ist daher nicht geeignet, eine Befangenheit zu begründen.
Der BGH unterscheidet diesen Fall von früheren Entscheidungen (z.B. in den „Diesel-Fällen“), in denen Richter Ansprüche zur Musterfeststellungsklage angemeldet hatten:
Im Bankenfall geht es um die Auslegung von AGBs, während in den Diesel-Fällen den Beklagten ein vorsätzlich sittenwidriges Verhalten vorgeworfen wurde (ein weitaus schwerwiegenderer Vorwurf).
Die Anmeldung zu einer Musterfeststellungsklage (§ 608 ZPO a.F.) zielt auf eine verbindliche Klärung von Ansprüchen ab, was gravierender ist als ein unverbindliches Schlichtungsverfahren.
Das BGH-Urteil von 2021 (zu den unwirksamen Entgelt-Klauseln) betrifft fast jeden Bankkunden. Es ist kaum ein Richter denkbar, für den eine Rückforderung von Entgelten nicht rechtlich denkbar gewesen wäre.
Nur weil die Richterin früher einen ähnlichen Anspruch hatte, der nicht mehr aktiv verfolgt wird und nur in einem Schlichtungsverfahren anhängig war, besteht kein objektiver Grund für die Annahme einer Befangenheit. Die Rechtsbeschwerde der Sparkasse war daher erfolglos.
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