Befristeter Arbeitsvertrag und Betriebsrat

Juni 22, 2025

Befristeter Arbeitsvertrag und Betriebsrat: Was passiert, wenn man nicht verlängert wird?

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18. Juni 2025 – 7 AZR 50/24 –
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 9. Januar 2024 – 11 Sa 476/23

RA und Notar Krau

Stell dir vor, du hast einen befristeten Job, also einen Arbeitsvertrag, der nach einer bestimmten Zeit automatisch endet. Nun wirst du aber während dieser Zeit in den Betriebsrat gewählt. Der Betriebsrat ist eine Gruppe von Mitarbeitern, die die Interessen der gesamten Belegschaft gegenüber dem Arbeitgeber vertritt. Man könnte sagen, sie sind die Stimme der Angestellten im Unternehmen.

Die große Frage ist: Endet dein befristeter Vertrag trotzdem, auch wenn du jetzt im Betriebsrat bist? Und was ist, wenn der Arbeitgeber dir keinen neuen, unbefristeten Vertrag anbietet, obwohl er das bei anderen Kollegen tut? Könnte das daran liegen, dass du im Betriebsrat bist?

Genau darum ging es in einem aktuellen Gerichtsfall.

Der Fall im Detail

Ein Mann hatte einen befristeten Arbeitsvertrag bei einem Logistikunternehmen, der am 14. Februar 2023 enden sollte. Im Sommer 2022 wurde er in den Betriebsrat gewählt. Von 19 Kollegen, deren Verträge ebenfalls an diesem Datum ausliefen, bekamen 16 einen unbefristeten Vertrag angeboten – aber er nicht.

Der Mann war der Meinung, dass er keinen unbefristeten Vertrag bekam, weil er im Betriebsrat war und sich dort engagiert hatte, insbesondere weil er auf einer Gewerkschaftsliste kandidiert hatte. Das Unternehmen sagte aber, es sei einfach nicht zufrieden mit seiner Leistung und seinem Verhalten gewesen, und seine Betriebsratstätigkeit habe keine Rolle gespielt.

Befristeter Arbeitsvertrag und Betriebsrat

Was das Gericht entschieden hat

Das Bundesarbeitsgericht, das höchste Gericht für Arbeitsrecht in Deutschland, hat sich diesen Fall angesehen. Es hat entschieden:

  1. Ein befristeter Vertrag endet, auch wenn man im Betriebsrat ist. Die Wahl in den Betriebsrat macht einen befristeten Arbeitsvertrag nicht automatisch zu einem unbefristeten. Das Gesetz schützt Betriebsratsmitglieder davor, in ihrer Arbeit behindert zu werden, aber es bedeutet nicht, dass ihr befristeter Vertrag automatisch verlängert werden muss.
  2. Aber: Benachteiligung ist verboten! Wenn der Arbeitgeber einem befristet angestellten Betriebsratsmitglied keinen Folgevertrag anbietet, weil es im Betriebsrat ist, dann ist das eine Benachteiligung. Und das ist verboten. In diesem Fall hätte das Betriebsratsmitglied dann einen Anspruch darauf, dass ihm der verweigerte Vertrag doch angeboten wird, als eine Art Schadensersatz.

Im vorliegenden Fall konnten die Gerichte aber nicht beweisen, dass die Betriebsratstätigkeit des Klägers der Grund für die Nichtverlängerung war. Das Gericht hat die Aussagen beider Seiten genau geprüft und kam zu dem Schluss, dass der Arbeitgeber den Vertrag nicht wegen der Betriebsratstätigkeit nicht verlängert hat.

Was bedeutet das für dich?

Kurz gesagt:

  • Wenn du einen befristeten Arbeitsvertrag hast und in den Betriebsrat gewählt wirst, endet dein Vertrag trotzdem zum vereinbarten Zeitpunkt.
  • Dein Arbeitgeber darf dich aber nicht schlechter behandeln oder dir keinen neuen Vertrag anbieten, nur weil du im Betriebsrat bist. Das wäre eine verbotene Benachteiligung.
  • Es muss aber bewiesen werden, dass die Betriebsratstätigkeit der wahre Grund für die Nichtverlängerung war. Wenn der Arbeitgeber andere Gründe hat (z.B. mangelnde Leistung), und diese Gründe überzeugend sind, dann kann der Vertrag trotzdem enden.

Dieses Urteil bestätigt also, dass Betriebsratsmitglieder zwar geschützt sind, aber kein „Freifahrtschein“ für die automatische Verlängerung befristeter Verträge haben. Es kommt immer darauf an, ob eine Benachteiligung wegen der Betriebsratstätigkeit vorliegt oder nicht.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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