Befristung im Vorgriff auf schriftlichen Arbeitsvertrag 

September 19, 2017

Befristung im Vorgriff auf schriftlichen Arbeitsvertrag

BAG 7 AZR 223/15

RA und Notar Krau

Kernaussage:

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in diesem Fall entschieden, dass eine Befristungsabrede, die „im Vorgriff“

auf einen schriftlich abzuschließenden Arbeitsvertrag getroffen wird, keine wirksame Befristung darstellt.

Wird die Arbeit dennoch aufgenommen, entsteht zunächst ein unbefristetes Arbeitsverhältnis.

Dieses kann jedoch durch eine nachträgliche, schriftlich fixierte Befristungsabrede wirksam befristet werden.

Befristung im Vorgriff auf schriftlichen Arbeitsvertrag

Sachverhalt:

Die Klägerin war als Lehrkraft bei dem beklagten Land beschäftigt.

Nach dem Ende eines befristeten Arbeitsvertrags schlossen die Parteien eine „Gesonderte Vereinbarung“, in der sie „im Vorgriff“ auf einen schriftlichen Arbeitsvertrag eine Befristung vereinbarten.

Die Klägerin nahm ihre Tätigkeit fort, bevor der schriftliche Arbeitsvertrag geschlossen wurde.

In diesem Vertrag wurde die Befristung erneut, aber mit abweichendem Enddatum, vereinbart.

Problematik:

  • Wirksamkeit der Befristung: War die Befristung des Arbeitsverhältnisses wirksam?
  • Schriftform: Entsprach die Befristung dem Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG?
  • Befristungsabrede „im Vorgriff“: Stellte die „Gesonderte Vereinbarung“ eine wirksame Befristungsabrede dar?
  • Heilung des Formmangels: Konnte der Formmangel durch den späteren schriftlichen Arbeitsvertrag geheilt werden?

Entscheidung des BAG:

Das BAG gab der Revision der Klägerin teilweise statt.

Das Arbeitsverhältnis war wirksam befristet.

Begründung:

  • Unzulässigkeit der Berufung: Die Berufung des Beklagten war teilweise unzulässig, da sie sich nicht mit der Entscheidung des Arbeitsgerichts auseinandersetzte.
  • Wirksamkeit der Befristung: Die Befristung im schriftlichen Arbeitsvertrag war wirksam.
  • Gerechtfertigter Sachgrund: Die Befristung war durch den Sachgrund der Vertretung gerechtfertigt.
  • Einhaltung der Schriftform: Die Befristung entsprach dem Schriftformerfordernis, da sie im schriftlichen Arbeitsvertrag enthalten war.
  • Keine wirksame Befristung „im Vorgriff“: Die „Gesonderte Vereinbarung“ stellte keine wirksame Befristungsabrede dar, da der Beklagte den Abschluss des Arbeitsvertrags von der Schriftform abhängig gemacht hatte.
  • Entstehung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses: Durch die Aufnahme der Tätigkeit vor Abschluss des schriftlichen Arbeitsvertrags entstand zunächst ein unbefristetes Arbeitsverhältnis.
  • Nachträgliche Befristung: Das unbefristete Arbeitsverhältnis wurde durch den schriftlichen Arbeitsvertrag nachträglich wirksam befristet.
  • Abweichende Befristung: Da die Befristung im schriftlichen Arbeitsvertrag inhaltlich von der „Gesonderten Vereinbarung“ abwich, handelte es sich um eine eigenständige Befristungsabrede.

Folgen für die Praxis:

  • Schriftform bei Befristungen: Befristungen von Arbeitsverträgen bedürfen der Schriftform.
  • Keine Befristung „im Vorgriff“: Eine Befristungsabrede, die „im Vorgriff“ auf einen schriftlichen Arbeitsvertrag getroffen wird, ist unwirksam.
  • Nachträgliche Befristung möglich: Ein zunächst unbefristet entstandenes Arbeitsverhältnis kann durch eine nachträgliche Befristungsabrede wirksam befristet werden.
  • Klare Formulierungen: Arbeitgeber sollten bei der Formulierung von Befristungsabreden klare und eindeutige Formulierungen verwenden.

Zusätzliche Anmerkungen:

  • Das Urteil verdeutlicht die Bedeutung der Schriftform im Befristungsrecht.
  • Es zeigt, dass die Gerichte die Einhaltung des Schriftformerfordernisses streng kontrollieren.
  • Die Entscheidung des BAG ist in der Literatur überwiegend positiv aufgenommen worden.
RA und Notar Krau

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