Befugnis Prozessführung Kommanditist für Sozialforderungen KG

Januar 8, 2025

Befugnis Prozessführung Kommanditist für Sozialforderungen KG

OLG Frankfurt 15 U 133/22

Urteil vom 19.10.2023

RA und Notar Krau

Das Oberlandesgericht Frankfurt a. M. hat entschieden, dass ein Kommanditist einer Kommanditgesellschaft (KG) grundsätzlich

nicht befugt ist, im eigenen Namen Sozialforderungen der KG gegen einen Mitgesellschafter geltend zu machen.

Dies ist den geschäftsführungs- und vertretungsberechtigten Gesellschaftern vorbehalten.

Nur in Ausnahmefällen, wenn diese die Forderungen nicht geltend machen können oder wollen, kann der Kommanditist im Wege der sogenannten „actio pro socio“ klagen.

Der Fall:

Der Kläger war Kommanditist der X KG und verklagte den Beklagten zu 1 als Mitgesellschafter und den Beklagten zu 2 als Komplementär auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz.

Der Beklagte zu 1 war zugleich alleiniger Kommanditist und Geschäftsführer der Y KG, die mit der X KG in geschäftlicher Verbindung stand.

Befugnis Prozessführung Kommanditist für Sozialforderungen KG

Der Kläger sah darin einen Interessenkonflikt und forderte den Beklagten zu 2 als Geschäftsführer der X KG auf, gegen den Beklagten zu 1 vorzugehen.

Da dies nicht geschah, erhob der Kläger selbst Klage.

Die Entscheidung:

Das OLG Frankfurt bestätigte die Entscheidung des Landgerichts Marburg, die Klage als unzulässig abzuweisen.

Der Kläger sei als Kommanditist nicht prozessführungsbefugt.

Die Voraussetzungen der actio pro socio lägen nicht vor, da der Kläger nicht ausreichend dargelegt habe, dass die Organe der X KG

die streitgegenständlichen Ansprüche nicht geltend machen können oder wollen.

Begründung:

Befugnis Prozessführung Kommanditist für Sozialforderungen KG

  • Grundsatz: Für die Geltendmachung von Sozialforderungen einer KG sind grundsätzlich deren Organe zuständig. Die actio pro socio ist ein Ausnahmefall und nur zulässig, wenn die Gesellschaftsorgane die Forderungen nicht geltend machen können oder wollen.
  • Voraussetzungen der actio pro socio: Der Kommanditist muss ein berechtigtes Interesse an der Geltendmachung der Forderung haben, die anderen Gesellschafter müssen die Einziehung aus gesellschaftswidrigen Gründen verweigern und der verklagte Gesellschaftsschuldner muss an dem gesellschaftswidrigen Verhalten beteiligt sein.
  • Keine ausreichende Darlegung: Der Kläger hat nicht ausreichend dargelegt, dass die Organe der X KG die Ansprüche nicht geltend machen können oder wollen. Er hat insbesondere nicht dargelegt, dass er die Gesellschafter oder den Geschäftsführer aufgefordert hat, die Ansprüche geltend zu machen.
  • Keine gesellschaftswidrige Verweigerung: Es ist nicht ersichtlich, dass die Mehrheit der Gesellschafter der X KG die Verfolgung der Ansprüche aus gesellschaftswidrigen Gründen verweigert hat.
  • Kein Verzicht auf interne Kompetenzordnung: Der Kläger hat gegen die Treuepflicht verstoßen, indem er die interne Kompetenzordnung der KG nicht eingehalten hat. Er hätte zunächst die Gesellschafter oder den Geschäftsführer auffordern müssen, die Ansprüche geltend zu machen.
  • Subsidiarität der Gesellschafterklage: Die Gesellschafterklage ist subsidiär. Der Kläger hätte zunächst die Gesellschafter oder den Geschäftsführer auffordern müssen, die Ansprüche geltend zu machen.
  • Ausschluss des Insichprozesses: Der Beklagte zu 2 war als Komplementär der X KG wegen des Verbots des Insichprozesses von der Prozessvertretung gegen sich selbst ausgeschlossen. Die Gesellschafter hätten jedoch einen besonderen Vertreter bestellen können. Auch dies hat der Kläger nicht verlangt.
  • Unterlassung von Geschäftsführungsmaßnahmen: Ansprüche auf Unterlassung von Geschäftsführungsmaßnahmen sind vom Anwendungsbereich der Gesellschafterklage ausgenommen.

Befugnis Prozessführung Kommanditist für Sozialforderungen KG

Fazit:

Das OLG Frankfurt hat die Klage des Kommanditisten als unzulässig abgewiesen, da er nicht prozessführungsbefugt war.

Die Entscheidung verdeutlicht die Subsidiarität der actio pro socio und die Bedeutung der internen Kompetenzordnung in einer KG.

Der Kommanditist muss zunächst die Gesellschaftsorgane auffordern, die Ansprüche geltend zu machen, bevor er selbst klagen kann.

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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