Beginn der Erbschaftsausschlagungsfrist des pflichtteilsberechtigten Erben

März 31, 2019

Beginn der Erbschaftsausschlagungsfrist des pflichtteilsberechtigten Erben

BGH IV ZR 131/89

RA und Notar Krau

Der vorliegende Fall behandelt eine erbrechtliche Streitigkeit, in der es um die Ausschlagung einer Erbschaft

durch einen pflichtteilsberechtigten Erben und die damit verbundene Anfechtung von Testamenten geht.

Im Zentrum steht die Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen zur Ausschlagungsfrist und zur Verkündung von Verfügungen von Todes wegen.

Sachverhalt

Der Kläger und seine verstorbene Ehefrau hatten mehrere Testamente verfasst, die unterschiedliche Regelungen zur Erbfolge enthielten,

insbesondere hinsichtlich eines Kommanditanteils der Erblasserin.

Nach dem Tod der Ehefrau kam es zwischen dem Kläger und den Beklagten, die in den späteren Testamenten als Nacherben eingesetzt waren,

zu Streitigkeiten über die Auslegung der Testamente.

Der Kläger schlug daraufhin die Erbschaft aus und focht später die Testamente an.

Beginn der Erbschaftsausschlagungsfrist des pflichtteilsberechtigten Erben

Rechtslage und Entscheidungsgründe des BGH

Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte sich mit folgenden zentralen Fragen auseinanderzusetzen:

Beginn der Ausschlagungsfrist (§ 2306 Abs. 1 S. 2 BGB):

Der BGH stellte klar, dass die Ausschlagungsfrist nur dann hinausgeschoben wird, wenn der Erbe tatsächlich Beschwerungen oder Beschränkungen der Erbschaft ausgesetzt ist.

Eine bloße irrige Annahme solcher Belastungen reicht nicht aus.

Im konkreten Fall war daher die Frage, ob die Erbschaft tatsächlich mit einem Vermächtnis zugunsten des Beklagten zu 1) belastet war,

entscheidend für den Beginn der Ausschlagungsfrist.

Verkündung einer Verfügung von Todes wegen (§ 1944 Abs. 2 S. 2 BGB):

Der BGH entschied, dass die bloße Eröffnung eines Testaments gemäß § 2260 Abs. 2 BGB nicht ausreicht,

um die Ausschlagungsfrist in Gang zu setzen, wenn der Erbe nicht zum Eröffnungstermin geladen war.

Vielmehr beginnt die Frist erst, wenn der Erbe von der Eröffnung Kenntnis erlangt.

Der BGH stellt hierbei auf die Kenntnis des Erben von der Eröffnung des Testaments ab.

Anfechtung der Ausschlagung (§ 2308 Abs. 1 BGB):

Der BGH bestätigte, dass die Ausschlagung eines Pflichtteilsberechtigten auch dann anfechtbar ist, wenn er nach der Ausschlagung

eine ihn belastende Beschränkung oder Beschwerung durch Testamentsanfechtung mit Rückwirkung selbst beseitigt hat.

Beginn der Erbschaftsausschlagungsfrist des pflichtteilsberechtigten Erben

Als eigener, unmittelbarer rechtlicher Vorteil im Sinne von § 2080 BGB ist nicht nur die Erlangung eines Erbrechts

oder eines Anspruchs oder der Wegfall einer Beschwerung oder Beschränkung, sondern auch ein Gestaltungsrecht anzusehen.

Anfechtungsrecht:

Der BGH stellte dar, dass ein etwaiges Recht des Klägers in Betracht kommt, die von Ihm abgegebene Ausschlagungserklärung anzufechten.

Das Gericht legte dar, dass die Frist zur Anfechtung der Ausschlagung bereits abgelaufen ist.
Würdigung und rechtliche Implikationen

Die Entscheidung des BGH verdeutlicht die Bedeutung einer genauen Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen zur Ausschlagungsfrist und zur Verkündung von Testamenten.

Sie stellt sicher, dass Erben nicht durch formale Akte benachteiligt werden und ihre Rechte angemessen wahrnehmen können.

Die Entscheidung hat Auswirkungen auf die Erbschaftspraxis, da sie die Anforderungen an die Verkündung von Testamenten und die Anfechtung von Ausschlagungen präzisiert.

Zusammenfassung

Der BGH hat entschieden, dass die Ausschlagungsfrist erst mit der Kenntnis des Erben von der Testamentseröffnung beginnt und

dass eine Ausschlagung auch dann anfechtbar ist, wenn der Erbe nachträglich Beschränkungen durch Testamentsanfechtung beseitigt.

Die Entscheidung stellt sicher, dass die Rechte pflichtteilsberechtigter Erben gewahrt bleiben und die Erbschaftspraxis rechtssicher gestaltet wird.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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