Beginn Festsetzungsfrist bei Anzeige von Schenkung

August 4, 2017
Beginn Festsetzungsfrist bei Anzeige von Schenkung
FG Hessen 1 K 3097/02
Gerichtsbescheid. v. 17.03.2006,

RA und Notar Krau

Sachverhalt:

Der Kläger erhielt von seinem Onkel mehrere Schenkungen, die dem Finanzamt 1995 angezeigt wurden.

Das Finanzamt forderte daraufhin eine Schenkungsteuererklärung an, die erst 1996 eingereicht wurde. Im Jahr 2000 setzte das Finanzamt Schenkungsteuer fest.

Der Kläger berief sich auf Festsetzungsverjährung, da die Frist seiner Ansicht nach bereits 1995 mit der Anzeige zu laufen begonnen hatte.

Rechtsfrage:

Beginn Festsetzungsfrist bei Anzeige von Schenkung

Beginnt die Festsetzungsfrist für die Schenkungsteuer mit der Anzeige des Schenkungsvorgangs oder erst mit Abgabe der Steuererklärung, wenn das Finanzamt diese anfordert?

Entscheidung des FG Hessen:

Die Klage war begründet.

Die Festsetzungsfrist begann mit der Anzeige im Jahr 1995 und war daher im Zeitpunkt der Steuerfestsetzung im Jahr 2000 bereits abgelaufen.

Begründung:

  • Gesetzliche Grundlagen:

    • Die Festsetzungsfrist für die Schenkungsteuer beträgt vier Jahre (§ 169 Abs. 2 Nr. 2 AO).
    • Sie beginnt grundsätzlich mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist (§ 170 Abs. 1 Alt. 1 AO).
    • Abweichend davon beginnt die Frist, wenn eine Steuererklärung oder Anzeige einzureichen ist, mit Ablauf des Kalenderjahres der Einreichung (§ 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO).
    • Bei Schenkungen unter Lebenden sind sowohl der Erwerber als auch der Schenker zur Anzeige verpflichtet (§ 30 Abs. 1 und 2 ErbStG).
    • Das Finanzamt kann eine Steuererklärung anfordern (§ 31 Abs. 1 ErbStG).

Beginn Festsetzungsfrist bei Anzeige von Schenkung

  • Auslegung des § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO:

    • Der Wortlaut („Steuererklärung oder Anzeige“) spricht dafür, dass die Erfüllung einer der beiden Pflichten zum Anlauf der Festsetzungsfrist führt.
    • Der Sicherungszweck der Vorschrift, die Bearbeitungszeit der Finanzbehörde zu gewährleisten, wird nicht beeinträchtigt, da der Steuerpflichtige keinen Einfluss auf die Anforderung der Steuererklärung hat.
    • Die gegenteilige Auslegung birgt die Gefahr, dass die Finanzbehörde den Fristablauf durch späte Anforderung der Steuererklärung hinauszögert.
    • § 170 Abs. 5 Nr. 2 AO (Kenntniserlangung der Finanzbehörde) unterstützt die Auffassung, dass die Anzeige den Fristbeginn auslöst.
  • Rechtsprechung des BFH:

    • Der BFH hat entschieden, dass die Anforderung der Steuererklärung den Fristbeginn auslöst, wenn keine Anzeigepflicht besteht.
    • Im Streitfall bestand jedoch eine Anzeigepflicht, sodass diese Rechtsprechung nicht anwendbar ist.
  • Ergebnis:

    • Der Kläger hatte seine Anzeigepflicht 1995 erfüllt.
    • Die Festsetzungsfrist begann daher mit Ablauf des Jahres 1995.
    • Im Zeitpunkt der Steuerfestsetzung im Jahr 2000 war die Frist abgelaufen.

Fazit:

Das FG Hessen stellte klar, dass die Anzeige eines Schenkungsvorgangs den Beginn der Festsetzungsfrist auslöst,

auch wenn das Finanzamt anschließend eine Steuererklärung anfordert.

Dies dient der Rechtssicherheit für den Steuerpflichtigen und verhindert eine übermäßige Verlängerung der Festsetzungsfrist durch die Finanzbehörde.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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