Behindertentestament nicht sittenwidrig
Landgericht Essen 2 O 321/14
Gewährung von Eingliederungshilfe
Das Landgericht Essen hat sich in einem Urteil vom 03.12.2015 mit der Frage auseinandergesetzt,
ob ein sogenanntes „Behindertentestament“ sittenwidrig ist, wenn es die Gewährung von Eingliederungshilfe für einen behinderten Menschen betrifft.
Der Fall:
Die Eltern eines geistig behinderten Sohnes (Trisomie 21) hatten ein Testament errichtet, in dem sie ihren Sohn als nicht befreiten Vorerben einsetzten.
Ziel dieser Regelung war es, zu verhindern, dass das Erbe des Sohnes auf die staatliche Eingliederungshilfe angerechnet wird.
Der Sozialhilfeträger klagte gegen die Erben und forderte Auskunft über den Nachlass, da er der Ansicht war, dass der Sohn
aufgrund des hohen Nachlasswertes eigentlich pflichtteilsberechtigt sei und das Testament sittenwidrig.
Die Entscheidung:
Das Landgericht Essen wies die Klage ab.
Es bestätigte die Zulässigkeit von Behindertentestamenten und stellte fest, dass das Testament im vorliegenden Fall nicht sittenwidrig sei.
Begründung:
Grundsätzliche Zulässigkeit von Behindertentestamenten: Das Gericht folgte der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach Behindertentestamente grundsätzlich zulässig sind. Eltern haben das Recht, durch Testamentsgestaltung dafür zu sorgen, dass das Erbe ihres behinderten Kindes nicht auf die Sozialhilfe angerechnet wird und ihm somit möglichst erhalten bleibt.
Keine Sittenwidrigkeit im konkreten Fall: Der Sozialhilfeträger argumentierte, dass im vorliegenden Fall eine Ausnahme von der grundsätzlichen Zulässigkeit vorliege, da der Nachlasswert sehr hoch sei und der Pflichtteil des Sohnes ausreichen würde, um die Kosten der Eingliederungshilfe zu decken. Das Gericht folgte dieser Argumentation nicht. Es führte aus, dass die Kriterien „beträchtliches Vermögen“ und „ausreichender Pflichtteil“ zu unbestimmt seien. Es sei nicht möglich, eine klare Grenze zu ziehen, ab wann ein Vermögen als „beträchtlich“ anzusehen ist. Zudem sei es fraglich, ob das Ausmaß der Versorgung durch den Pflichtteil überhaupt ein geeignetes Kriterium zur Beurteilung der Sittenwidrigkeit sei. Letztlich führe jede Nachlassregelung durch ein Behindertentestament zu einer Benachteiligung des Sozialhilfeträgers. Wenn diese Gestaltungsmöglichkeit aber nicht generell verboten werden soll, müsse dies auch für alle Fälle gelten, unabhängig von der Höhe des Nachlasses.
Fazit:
Das Urteil des Landgerichts Essen bestätigt die Zulässigkeit von Behindertentestamenten auch bei höheren Nachlasswerten.
Solange die gesetzlich vorgeschriebenen Formvorschriften eingehalten werden, können Eltern durch ein Behindertentestament sicherstellen,
dass das Erbe ihres behinderten Kindes nicht auf die Sozialhilfe angerechnet wird.
Wichtige Hinweise:
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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