Belastungsvollmacht in Grundstückskaufvertrag: Wirksamkeit der Erteilung an die „jeweilige Notarangestellte“

November 2, 2025

Belastungsvollmacht in Grundstückskaufvertrag: Wirksamkeit der Erteilung an die „jeweilige Notarangestellte“

OLG Frankfurt (11.10.2007, Az.: 20 W 150/07): Belastungsvollmacht für Notariatsangestellte

Worum ging es?

Dieser Gerichtsentscheid klärt eine wichtige Frage im Zusammenhang mit Grundstückskaufverträgen und der Eintragung von Grundschulden (Kreditsicherheiten) im Grundbuch.

Oftmals enthalten Kaufverträge eine sogenannte Belastungsvollmacht (auch bekannt als Angestelltenvollmacht). Diese erlaubt es einer bestimmten Person – meist einer Notariatsangestellten – noch vor der eigentlichen Eigentumsumschreibung im Namen des Käufers (und des Verkäufers) schnell eine Grundschuld eintragen zu lassen. Dies ist wichtig, damit der Käufer seinen Kredit bei der Bank für den Kauf abrufen kann, um den Kaufpreis zu bezahlen.

Im vorliegenden Fall wurde diese Vollmacht nicht einer namentlich genannten Person erteilt, sondern der „jeweiligen Notarangestellten“ des Notars, der den Kaufvertrag beurkundet hatte.

Der Sachverhalt

  1. Kaufvertrag und Vollmacht: Käufer und Verkäufer schlossen einen Grundstückskaufvertrag ab. Sie erteilten darin eine Vollmacht, die es „den jeweiligen Angestellten des Notars“ gestattete, Grundschulden im Grundbuch eintragen zu lassen.
  2. Grundschuldbestellung: Später handelte eine namentlich nicht genannte Notariatsangestellte namens „A“ aufgrund dieser Vollmacht und beurkundete eine Grundschuldbestellung.
  3. Grundbuchamt verweigert Eintragung: Das Grundbuchamt (die Behörde, die für die Eintragung im Grundbuch zuständig ist) lehnte die Eintragung der Grundschuld ab. Der Grund: Die Bevollmächtigung sei unwirksam, da die Angestellte nicht namentlich in der Vollmacht genannt oder anderweitig eindeutig bestimmt war. Die Formulierung „die jeweilige Notarangestellte“ beziehe sich auf einen unbestimmten Personenkreis.
  4. Notar versucht Klarstellung: Der Notar legte eine separate Erklärung (sog. Eigenurkunde) vor, in der er bestätigte, dass Frau A am fraglichen Tag seine Angestellte war. Dies half jedoch nicht.
  5. Instanzenweg: Die Beteiligten (Käufer und Verkäufer) legten Beschwerde ein, die sowohl das Landgericht als auch in weiterer Instanz das OLG Frankfurt zurückwiesen.

Belastungsvollmacht in Grundstückskaufvertrag: Wirksamkeit der Erteilung an die „jeweilige Notarangestellte“

Die Entscheidung des OLG Frankfurt

Das OLG Frankfurt gab dem Grundbuchamt Recht und wies die Beschwerde endgültig zurück:

1. Notwendigkeit der eindeutigen Identifizierung

  • Das Gericht stellte klar, dass das Grundbuchamt die Wirksamkeit jeder Vollmacht eigenständig prüfen muss.
  • Eine Vollmacht, die gegenüber Dritten (wie dem Grundbuchamt) benutzt werden soll ($\S 171$ BGB), muss den Vertreter (die bevollmächtigte Person) und den Umfang seiner Befugnis eindeutig aus sich selbst heraus erkennen lassen.
  • Die genaue Bezeichnung des Bevollmächtigten, in der Regel mit Name und Wohnort, ist dafür unerlässlich.

2. Unbestimmter Personenkreis

  • Die Formulierung „die jeweiligen Angestellten des Notars“ erfüllt diese Anforderung nicht. Sie bezieht sich auf einen unzureichend bestimmten Personenkreis – theoretisch jede Person, die irgendwann einmal dort angestellt ist.
  • Für das Grundbuchamt muss die Vertretungsbefugnis ohne Hinzutreten sonstiger Umstände (wie einer späteren Erklärung des Notars) feststellbar sein.

3. Notar-Erklärung ist unwirksam

  • Der Versuch des Notars, die Bevollmächtigte nachträglich durch eine separate notarielle Eigenurkunde namentlich zu benennen, war erfolglos. Die Identität der bevollmächtigten Person muss bereits aus der ursprünglichen Vollmachtsurkunde (dem Kaufvertrag) selbst hervorgehen.

Die praktische Konsequenz (Der Leitsatz)

Die Entscheidung besagt:

Wenn in einem Grundstückskaufvertrag die Belastungsvollmacht lediglich an die „jeweilige Notarangestellte“ erteilt wird, reicht das für das Grundbuchamt nicht als Nachweis der Vertretungsbefugnis aus, um eine Grundschuld einzutragen.

Wichtiger Hinweis: Für eine wirksame Notariatsangestellten-Vollmacht muss die Person, die im Grundbuch handeln soll, namentlich in der Urkunde benannt werden oder die Vollmacht muss so formuliert sein, dass sie nur eine bestimmte, leicht identifizierbare Personengruppe umfasst.


Was bedeutet das für Laien?

Wenn Sie ein Grundstück kaufen und Ihr Notar eine „Belastungsvollmacht“ in den Vertrag einfügt:

  • Achten Sie darauf, dass die bevollmächtigte Notariatsangestellte namentlich genannt wird (z. B. „Frau Sabine Mustermann, Angestellte des Notars“).
  • Geschieht dies nicht, kann das Grundbuchamt die Eintragung der Grundschuld ablehnen. Das kann zu Verzögerungen bei der Auszahlung Ihres Kredits und damit der gesamten Kaufabwicklung führen.
RA und Notar Krau

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