Berechnung Pflichtteilsanspruch
OLG Koblenz 10 U 105/02
Sachverhalt:
Der Kläger macht gegen die Beklagte seinen Pflichtteilsanspruch nach seiner verstorbenen Mutter geltend.
Die Mutter hatte die Beklagte und deren Schwester als Alleinerbinnen eingesetzt.
Der Kläger wurde enterbt.
Prozessverlauf:
Entscheidung des OLG Koblenz:
Das OLG Koblenz hob das Urteil des Landgerichts teilweise auf und verwies die Sache zurück.
Begründung:
Pflichtteilsanspruch: Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Pflichtteilsanspruch zu. Da er enterbt wurde, kann er die Hälfte des Wertes seines gesetzlichen Erbteils verlangen.
Berechnung des Nachlasswertes: Bei der Berechnung des Nachlasswertes sind neben den Erblasserschulden auch die Kosten für die Wertermittlung eines Nachlassgrundstücks und die Kosten für die Auskunftserteilung an den Pflichtteilsberechtigten abzuziehen.
Kein Aufwendungsersatzanspruch der Beklagten: Die Beklagte hatte einen Aufwendungsersatzanspruch wegen eines von ihrer Schwester an dem Haus der Erblasserin vorgenommenen Anbaus geltend gemacht. Das OLG wies diesen Anspruch zurück. Die Schwester hatte zwar in der Erwartung künftigen Eigentumserwerbs den Anbau vorgenommen, nach dem Tod der Erblasserin aber die Erbschaft ausgeschlagen. Ein Bereicherungsanspruch wegen Zweckverfehlung scheidet aus, da der Schwester aufgrund eines Vorausvermächtnisses ein Anspruch auf die Hälfte des Hauses zusteht.
Anrechnung von Zuwendungen: Zuwendungen des Erblassers werden nur dann auf den Pflichtteil angerechnet, wenn der Erblasser dies ausdrücklich bestimmt hat. Eine nachträgliche Anrechnungsbestimmung in einem Testament ist nur wirksam, wenn sich der Erblasser dies vorbehalten hat oder sie an die Stelle einer berechtigten Pflichtteilsentziehung tritt. Dies war vorliegend nicht der Fall.
Verfahrensfehler des Landgerichts: Das Landgericht hatte die Behauptung der Beklagten, der Kläger habe zu Lebzeiten Zuwendungen von der Erblasserin erhalten, als nicht hinreichend substantiiert zurückgewiesen. Das OLG sah hierin einen Verfahrensfehler. Die Sache wurde daher an das Landgericht zurückverwiesen, um die Behauptung der Beklagten zu prüfen.
Ausführliche Darstellung der Begründung:
Das OLG Koblenz hat die Grundsätze zur Berechnung des Pflichtteilsanspruchs dargelegt.
Es hat klargestellt, welche Positionen bei der Ermittlung des Nachlasswertes zu berücksichtigen sind und unter welchen Voraussetzungen
Zuwendungen des Erblassers auf den Pflichtteil angerechnet werden.
Das Gericht hat sich mit der Frage auseinandergesetzt, wann ein Anspruch auf Aufwendungsersatz wegen eines Grundstücksanbaus besteht,
der in der Erwartung künftigen Eigentumserwerbs vorgenommen wurde.
Es hat klargestellt, dass ein solcher Anspruch ausscheidet, wenn dem Leistenden aufgrund eines Vorausvermächtnisses ein Anspruch auf das Grundstück zusteht.
Die Entscheidung des OLG Koblenz ist für die Praxis relevant, da sie die Grundsätze zur Berechnung des Pflichtteilsanspruchs verdeutlicht
und die Anforderungen an die Geltendmachung von Aufwendungsersatzansprüchen klarlegt.
Fazit:
Das OLG Koblenz hat in seiner Entscheidung die Rechte des Klägers als Pflichtteilsberechtigten gestärkt und die Grundsätze zur Berechnung des Pflichtteilsanspruchs klargestellt.
Die Entscheidung ist für die Praxis relevant, da sie die Anforderungen an die Geltendmachung von Aufwendungsersatzansprüchen
und die Anrechnung von Zuwendungen auf den Pflichtteil klarlegt.
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