Berichtigung Grundbuch nach Erbfall Erbschein erforderlich

Juli 18, 2017

Berichtigung Grundbuch nach Erbfall Erbschein erforderlich

OLG München 34 Wx 331/16

Beschluss v. 21.10.2016

Zur Notwendigkeit der Vorlage eines Erbscheins,

RA und Notar Krau

Der Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 21.10.2016 befasst sich mit der Frage, ob zur Berichtigung des Grundbuchs nach einem Erbfall stets ein Erbschein erforderlich ist,

insbesondere wenn neben einem gemeinschaftlichen öffentlichen Testament eine spätere eigenhändige Verfügung von Todes wegen existiert.

Sachverhalt:

Im vorliegenden Fall verstarb Frau Dr. M. H. am 16.01.2015.

Ihr Ehemann beantragte am 13.07.2015 die Umschreibung des Eigentums an einer Wohnung im Grundbuch auf seinen Namen.

Berichtigung Grundbuch nach Erbfall Erbschein erforderlich

Zum Nachweis der Erbfolge legte er die Eröffnungsniederschrift des Nachlassgerichts sowie folgende Testamente vor:

  • Ein gemeinschaftliches notarielles Testament vom 23.11.1973, in dem sich die Eheleute gegenseitig zu Alleinerben einsetzten.
  • Ein eigenhändiges Testament der Erblasserin vom 13.03.2001, in dem sie ihre beiden Kinder zu Erben ihres „Privatvermögens“ einsetzte.

Das Grundbuchamt verweigerte die Umschreibung mit der Begründung, dass die spätere eigenhändige Verfügung die Erbfolge möglicherweise ändern könnte

und daher ein Erbschein erforderlich sei.

Gegen diese Entscheidung legte der Ehemann Beschwerde ein.

Entscheidung des Oberlandesgerichts:

Berichtigung Grundbuch nach Erbfall Erbschein erforderlich

Das Oberlandesgericht gab der Beschwerde statt und hob die Zwischenverfügung des Grundbuchamts auf.

Grundsätzlich genügt eine öffentliche Urkunde:

Zunächst stellte das Gericht klar, dass zum Nachweis der Erbfolge im Grundbuchverfahren grundsätzlich die Vorlage einer öffentlichen Urkunde ausreicht (§ 35 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 GBO).

Dies gilt auch dann, wenn die Rechtslage schwierig ist.

Das Grundbuchamt ist in diesen Fällen verpflichtet, die vorgelegten Urkunden selbstständig zu prüfen und auszulegen.

Ausnahme: Zweifel an der Erbfolge:

Ein Erbschein kann jedoch verlangt werden, wenn Zweifel an der Erbfolge bestehen, die durch die öffentliche Urkunde nicht ausgeräumt werden können.

Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn neben einem öffentlichen Testament eine spätere eigenhändige Verfügung von Todes wegen existiert, die die Erbfolge beeinflussen könnte.

Prüfungspflicht des Grundbuchamts:

Berichtigung Grundbuch nach Erbfall Erbschein erforderlich

Im vorliegenden Fall hatte das Grundbuchamt die Zweifel an der Erbfolge damit begründet, dass die spätere eigenhändige Verfügung die Erbfolge möglicherweise ändern könnte.

Das Oberlandesgericht stellte jedoch fest, dass das Grundbuchamt verpflichtet ist, die Wirksamkeit der eigenhändigen Verfügung zu prüfen und ihren Inhalt zu würdigen.

Unwirksamkeit des eigenhändigen Testaments:

Bei der Prüfung der eigenhändigen Verfügung kam das Oberlandesgericht zu dem Ergebnis, dass diese unwirksam ist.

Die Verfügung verstieß gegen die Bindungswirkung des gemeinschaftlichen Testaments, in dem sich die Eheleute gegenseitig zu Erben eingesetzt hatten.

Diese wechselbezügliche Verfügung konnte die Erblasserin nicht durch ein späteres eigenhändiges Testament widerrufen.

Keine weiteren Ermittlungen erforderlich:

Das Oberlandesgericht stellte außerdem fest, dass keine weiteren Ermittlungen erforderlich sind, um die Erbfolge zu klären.

Insbesondere sah das Gericht keine Anhaltspunkte dafür, dass die Wechselbezüglichkeit der Verfügungen im gemeinschaftlichen Testament entfallen sein könnte.

Ergebnis:

Da die eigenhändige Verfügung unwirksam war und keine weiteren Zweifel an der Erbfolge bestanden, war die Vorlage eines Erbscheins nicht erforderlich.

Das Grundbuchamt musste die Umschreibung des Eigentums auf den Ehemann vornehmen.

Zusammenfassung der wichtigsten Punkte:

  • Zum Nachweis der Erbfolge im Grundbuchverfahren genügt grundsätzlich die Vorlage einer öffentlichen Urkunde.
  • Ein Erbschein kann verlangt werden, wenn Zweifel an der Erbfolge bestehen, die durch die öffentliche Urkunde nicht ausgeräumt werden können.
  • Das Grundbuchamt ist verpflichtet, die Wirksamkeit von eigenhändigen Verfügungen von Todes wegen zu prüfen und ihren Inhalt zu würdigen.
  • Im vorliegenden Fall war die eigenhändige Verfügung unwirksam, da sie gegen die Bindungswirkung des gemeinschaftlichen Testaments verstieß.
  • Da keine weiteren Zweifel an der Erbfolge bestanden, war die Vorlage eines Erbscheins nicht erforderlich.

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Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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