Beschäftigungszeit nach Tarifvertrag

August 15, 2017

Beschäftigungszeit nach Tarifvertrag

BAG 6 AZR 364/16

Urteil vom 29.6.2017,

Beschäftigungszeit iSv. § 34 Abs. 3 TV-L,

Einbeziehung Beamtenverhältnisse

RA und Notar Krau

Die Klägerin, eine Lehrerin, war im Laufe ihrer Karriere sowohl im Beamtenverhältnis als auch in Arbeitsverhältnissen bei verschiedenen Bundesländern beschäftigt.

Sie verlangte die Anrechnung ihrer vorherigen Beschäftigungszeiten, einschließlich der Beamtenverhältnisse,

auf die Beschäftigungszeit nach § 34 Abs. 3 TV-L, da diese sich auf verschiedene tarifliche Ansprüche auswirkt (z.B. Krankengeldzuschuss, Jubiläumsgeld).

Das beklagte Land lehnte die Anrechnung der Beamtenverhältnisse ab.

Beschäftigungszeit nach Tarifvertrag

Entscheidung des BAG:

Das BAG wies die Revision der Klägerin zurück und bestätigte die Entscheidungen der Vorinstanzen, die die Klage abgewiesen hatten.

Begründung:

  1. Zulässigkeit der Klage:

Die Klage war zulässig, da die Beschäftigungszeit Auswirkungen auf tarifliche Ansprüche hat und somit ein Feststellungsinteresse besteht.

  1. Keine Anrechnung von Beamtenverhältnissen:
  • Beamtenverhältnisse fallen nicht unter den Begriff der Beschäftigungszeit i.S.v. § 34 Abs. 3 TV-L.
  • § 34 Abs. 3 TV-L bezieht sich ausschließlich auf Arbeitsverhältnisse bei öffentlich-rechtlichen Arbeitgebern.
  • Der Wortlaut des § 34 Abs. 3 Satz 1 TV-L definiert Beschäftigungszeit als „im Arbeitsverhältnis zurückgelegte Zeit“.
  • Die Tarifvertragsparteien haben Beamte bewusst von der Regelung ausgenommen, da sie sonst eine entsprechende Regelung wie in § 19 Abs. 3 BAT/BAT-O getroffen hätten.

Beschäftigungszeit nach Tarifvertrag

  1. Kein Verstoß gegen höherrangiges Recht:
  • Der Ausschluss von Beamten von der Anrechnung der Beschäftigungszeit verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.
    • Die Tarifvertragsparteien haben einen weiten Gestaltungsspielraum.
    • Tätigkeiten in Beamtenverhältnissen sind nicht mit Beschäftigungen in Arbeitsverhältnissen vergleichbar.
    • Es bestehen deutliche Unterschiede zwischen Beamten- und Arbeitsverhältnissen (Alimentation, Treue- und Fürsorgepflichten).
  • Der Ausschluss verstößt auch nicht gegen die Arbeitnehmerfreizügigkeit nach Art. 45 Abs. 2 AEUV.
    • Die Arbeitnehmerfreizügigkeit gilt nicht für rein interne Sachverhalte.
    • Die Klägerin hatte keinen Bezug zu einem anderen Mitgliedstaat.
  • Es liegt auch kein Verstoß gegen das Richtlinienrecht vor, da es für den Sachverhalt keine Richtlinienvorgaben gibt.
  1. Kein zeitlicher Zusammenhang der Arbeitsverhältnisse:
  • Die Arbeitsverhältnisse, die die Klägerin vor dem Beamtenverhältnis innehatte, erfüllen die Voraussetzungen des § 34 Abs. 3 Satz 3 TV-L nicht.
  • Der Begriff „wechseln“ in § 34 Abs. 3 Satz 3 TV-L erfordert einen zeitlichen Zusammenhang zwischen den Arbeitsverhältnissen.
  • Das über elfjährige Beamtenverhältnis schließt eine Anrechnung der vorherigen Arbeitsverhältnisse aus.
  1. Keine Bindung an fehlerhafte Festsetzung:
  • Das beklagte Land durfte die fehlerhafte Berechnung der Beschäftigungszeit berichtigen.
  • Die Klägerin durfte nicht auf die fehlerhafte Festsetzung vertrauen.

Fazit:

Das BAG entschied, dass Beamtenverhältnisse nicht auf die Beschäftigungszeit nach § 34 Abs. 3 TV-L angerechnet werden.

Die Entscheidung verdeutlicht die Unterschiede zwischen Beamten- und Arbeitsverhältnissen und die Grenzen der Tarifautonomie.

Zusätzliche Hinweise:

  • Die Entscheidung des BAG bestätigt die bisherige Rechtsprechung zur Anrechnung von Beschäftigungszeiten.
  • Die Entscheidung stellt klar, dass die Tarifvertragsparteien bei der Regelung der Beschäftigungszeit nicht an die Arbeitnehmerfreizügigkeit gebunden sind.
  • Die Entscheidung betont die Bedeutung des zeitlichen Zusammenhangs bei der Anrechnung von Beschäftigungszeiten nach § 34 Abs. 3 Satz 3 TV-L.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Letzte Beiträge

Schadensersatzanspruch eines Arbeitnehmers wegen Übermittlung seiner personenbezogenen Daten zur Testung der "Workday"-Software

Schadensersatzanspruch eines Arbeitnehmers wegen Übermittlung seiner personenbezogenen Daten zur Testung der „Workday“-Software

Mai 12, 2025
Schadensersatzanspruch eines Arbeitnehmers wegen Übermittlung seiner personenbezogenen Daten zur Testung der „Workday“-SoftwareBundesarbeitsgeri…
Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall – Ausschlussfrist bei Mindestlohn

Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall – Ausschlussfrist bei Mindestlohn

Mai 4, 2025
Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall – Ausschlussfrist bei MindestlohnRA und Notar KrauIm Kern des Urteils des Bundesarbeitsgerichts (BAG) v…
Tarifvertragsparteien und Gleichbehandlung – Nachtarbeitszuschläge

Tarifvertragsparteien und Gleichbehandlung – Nachtarbeitszuschläge

Mai 4, 2025
Tarifvertragsparteien und Gleichbehandlung – NachtarbeitszuschlägeRA und Notar KrauDas Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 11…