Beschlüsse gegen Gemeinschaftsordnung sind nichtig

April 24, 2025

Beschlüsse gegen Gemeinschaftsordnung sind nichtig

Zusammenfassung des Urteils des LG München I vom 15.01.2025 – 1 S 6774/24 WEG

RA und Notar Krau

Das Landgericht München I erklärte mit seinem Endurteil vom 15. Januar 2025 den Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) für nichtig,

mit dem der Verteilerschlüssel für die Verwaltergebühr von der Umlage nach Miteigentumsanteilen auf die Umlage nach Anzahl der Einheiten geändert werden sollte.

Das Gericht gab damit der Berufung der klagenden Wohnungseigentümerin statt und änderte das Urteil des Amtsgerichts Rosenheim ab, das die Anfechtungsklage noch abgewiesen hatte.

Die Klägerin ist Mitglied der beklagten WEG und beanstandete einen auf der Eigentümerversammlung vom 25. Oktober 2023 gefassten Beschluss.

Die Teilungserklärung der Gemeinschaft enthielt eine Ermächtigung des teilenden Eigentümers, diese und die Gemeinschaftsordnung (GO)

bis zum 31. Dezember 2025 beliebig zu ändern, insbesondere auch Kostenverteilungsschlüssel.

Ein späterer Nachtrag zur Teilungserklärung vom 22. Juli 2021 sah jedoch vor, dass die festgelegten Kostenverteilungsschlüssel

nur durch einstimmige Vereinbarung aller Wohnungs- und Teileigentümer geändert werden können, wobei § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG abbedungen wurde.

Beschlüsse gegen Gemeinschaftsordnung sind nichtig

Dieser Nachtrag wurde im Grundbuch vollzogen.

Die Gemeinschaftsordnung sah in § 3 vor, dass die einzelnen Häuser der Anlage wirtschaftlich und verwaltungstechnisch selbstständige Einheiten bilden

und als solche zu behandeln sind, soweit keine gemeinsamen Einrichtungen bestehen.

In der Teilversammlung der Untergemeinschaft wurde der angefochtene Beschluss zur Änderung des Verteilerschlüssels gefasst.

Das Landgericht stimmte zunächst dem Amtsgericht zu, dass die Untergemeinschaft grundsätzlich zur Beschlussfassung in einer Teilversammlung befugt war.

Die Teilungserklärung räume den Untergemeinschaften Beschlusskompetenzen ein.

Die Formulierung in § 3 GO, wonach jede Wirtschafts- und Verwaltungseinheit als selbstständige Eigentümergemeinschaft zu behandeln sei, deute in Verbindung mit der wirtschaftlichen Selbstständigkeit

der Häuser und der Tatsache, dass selbstständige Eigentümergemeinschaften eigene Versammlungen abhalten dürfen, auf eine entsprechende Beschlusskompetenz hin.

Die Möglichkeit zur Alleinverwaltung der Verwaltungseinheiten gemäß § 3 GO setze die Befugnis zur Abhaltung von Teilversammlungen zwingend voraus.

Die Einschränkung der Selbstständigkeit auf Bereiche ohne gemeinsame Einrichtungen wahre dabei den Kernbereich der Mitgliedschaftsrechte der übrigen Wohnungseigentümer.

Beschlüsse gegen Gemeinschaftsordnung sind nichtig

Auch § 11 GO bestätige diese Auslegung, indem er im Zusammenhang mit dem teilweisen Stimmrecht nur noch von Wirtschaftseinheiten spreche.

Entscheidend für die Aufhebung des Beschlusses war jedoch, dass mit dem Nachtrag vom 20. Juli 2021 § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG wirksam abbedungen wurde.

Die vollständige Abbedingung dieser Beschlusskompetenz durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer sei zulässig.

Solche Vereinbarungen wirkten auch gegenüber Sondernachfolgern, wenn sie im Grundbuch eingetragen seien, was hier der Fall war.

Seit der Eintragung des Nachtrags hatten zudem Veräußerungen von Wohnungseigentum stattgefunden, wodurch die Verdinglichung des Nachtrags eingetreten sei.

Der Schutz des guten Glaubens gemäß § 892 Abs. 1 Satz 1 BGB greife hier, da der Inhalt des Grundbuchs zugunsten des Erwerbers als richtig gelte.

Durch die Grundbucheintragung werde die Vereinbarung zum Inhalt des Sondereigentums und wirke gegenüber allen Eigentümern.

Die Frage, ob die teilende Eigentümerin gemäß § 25 Ziff. 1 GO zur Änderung der Teilungserklärung befugt war, erachtete das Gericht als nicht entscheidungsrelevant, da dies lediglich die mögliche Unrichtigkeit der Eintragung betreffe.

Gleichwohl wies das Gericht darauf hin, dass die Ermächtigung in der Teilungserklärung weit auszulegen sei und die Abbedingung von § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG von der umfassenden Kompetenz gedeckt sei.

Ein Vertrauensschutz der Eigentümer auf die Anwendbarkeit von § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG habe mangels Existenz dieser Regelung zum Zeitpunkt der Abfassung der GO ohnehin nicht bestehen können.

Beschlüsse gegen Gemeinschaftsordnung sind nichtig

Die Erteilung einer im Außenverhältnis unbeschränkten Vollmacht an den Bauträger sei zulässig, solange im Innenverhältnis sachgerechte Beschränkungen zum Schutz der Erwerber bestünden.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhte auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 709 Satz 2 ZPO, die Kostenentscheidung auf § 92 Abs. 1 ZPO.

Die Revision wurde nicht zugelassen, da die Sache keine grundsätzliche Bedeutung habe und keine Notwendigkeit für eine Entscheidung

des Revisionsgerichts zur Rechtsfortbildung oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung bestehe.

Es handele sich um die Anwendung anerkannter Rechtsgrundsätze auf einen Einzelfall.

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Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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