Beschluss BAG vom 16.01.2018 – 7 ABR 21/16 – Betriebsratswahl

November 12, 2024

Beschluss BAG vom 16.01.2018 – 7 ABR 21/16 – Betriebsratswahl

RA und Notar Krau

Kernaussage:

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschied in diesem Fall, dass ein Arbeitgeber die in seinem Betrieb durchgeführte Betriebsratswahl allein anfechten kann,

auch wenn er die Anfechtung darauf stützt, dass eigentlich ein gemeinsamer Betriebsrat für einen mit einem anderen Unternehmen geführten Gemeinschaftsbetrieb hätte gewählt werden müssen.

Die Wahl muss in diesem Fall nicht von allen beteiligten Arbeitgebern gemeinsam angefochten werden.

Sachverhalt im Detail:

Zwei Arbeitgeberinnen (beide im Rettungsdienst tätig) mit Sitz an derselben Adresse, demselben Geschäftsführer und einer gemeinsamen Personalabteilung beschäftigten jeweils ca. 200 Arbeitnehmer.

Im April/Mai 2014 fanden in beiden Unternehmen getrennt Betriebsratswahlen statt.

Beide Arbeitgeberinnen fochten die Wahlen jeweils allein an, da sie der Auffassung waren, dass ein Gemeinschaftsbetrieb vorliege und daher ein einheitlicher Betriebsrat hätte gewählt werden müssen.

Die gewählten Betriebsräte traten den Anfechtungen entgegen.

Sie argumentierten, dass die Arbeitgeberinnen die Wahlen nur gemeinsam anfechten könnten, wenn sie einen Gemeinschaftsbetrieb behaupten.

Beschluss BAG vom 16.01.2018 – 7 ABR 21/16 – Betriebsratswahl

Das Arbeitsgericht gab den Wahlanfechtungsanträgen statt.

Das Landesarbeitsgericht wies die Beschwerde eines Betriebsrats gegen die Wahlanfechtung ab, während die Beschwerde des anderen Betriebsrats als unzulässig verworfen wurde.

Gegen die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts legte eine Arbeitgeberin Rechtsbeschwerde beim BAG ein.

Entscheidung des BAG:

Das BAG gab der Rechtsbeschwerde statt und verwies die Sache an das Landesarbeitsgericht zurück.

Begründung im Detail:

  1. Anfechtungsberechtigung:
  • Nach § 19 Abs. 2 BetrVG ist “der Arbeitgeber” zur Anfechtung der Wahl berechtigt.
  • Arbeitgeber ist derjenige, dessen Belegschaft den Betriebsrat gewählt hat.
  • Er hat ein schutzwürdiges Interesse daran, eine fehlerhafte Wahl anzufechten.
  • Dies gilt auch dann, wenn der Betriebsrat unter Verkennung des Betriebsbegriffs gewählt wurde.
  • Der Arbeitgeber ist in diesem Fall nicht auf die Mitwirkung anderer Arbeitgeber angewiesen.
  1. Keine gemeinsame Anfechtung erforderlich:
  • Die Rechtsprechung des BAG, wonach die Betriebsratswahl in einem Gemeinschaftsbetrieb nur von allen beteiligten Arbeitgebern gemeinsam angefochten werden kann, bezieht sich auf Fälle, in denen das Bestehen eines Gemeinschaftsbetriebs unzweifelhaft ist.
  • Im vorliegenden Fall war das Bestehen eines Gemeinschaftsbetriebs streitig.
  • In dieser Situation ist jeder Arbeitgeber allein zur Anfechtung berechtigt.

Beschluss BAG vom 16.01.2018 – 7 ABR 21/16 – Betriebsratswahl

  1. Keine Gefahr widersprechender Entscheidungen:
  • Die Gefahr widersprechender Entscheidungen besteht auch bei gemeinsamer Anfechtung.
  • Auch im vorliegenden Fall kam es zu unterschiedlichen Entscheidungen der Gerichte.
  1. Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht:
  • Das BAG konnte nicht abschließend beurteilen, ob die materiellen Voraussetzungen für die Wahlanfechtung vorliegen.
  • Das Landesarbeitsgericht hatte keine Feststellungen zum Bestehen eines Gemeinschaftsbetriebs getroffen.
  • Diese Feststellungen muss das Landesarbeitsgericht nun nachholen.

Besondere Bedeutung des Beschlusses:

  • Klarstellung der Anfechtungsberechtigung: Der Beschluss stellt klar, dass jeder Arbeitgeber die in seinem Betrieb durchgeführte Betriebsratswahl allein anfechten kann, auch wenn er einen Gemeinschaftsbetrieb behauptet.
  • Keine gemeinsame Anfechtung bei Streit über Gemeinschaftsbetrieb: Eine gemeinsame Anfechtung ist nur erforderlich, wenn das Bestehen eines Gemeinschaftsbetriebs unstreitig ist.
  • Verfahrensrechtliche Aspekte: Der Beschluss befasst sich auch mit verfahrensrechtlichen Aspekten, wie der Beteiligung am Verfahren und der Gefahr widersprechender Entscheidungen.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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