Beschluss OLG Karlsruhe 19/2/24 – 14 W 93/23 Wx – Anfechtung vorzeitige Erbausgleichsvereinbarung durch nichteheliches Kind

Juni 23, 2024

Beschluss OLG Karlsruhe 19/2/24 – 14 W 93/23 Wx – Anfechtung vorzeitige Erbausgleichsvereinbarung durch nichteheliches Kind

Zusammenfassung RA und Notar Krau

Leitsätze und Kernaussagen:

Ausschluss der Anfechtung wegen Fristablaufs:

Eine im Jahr 2023 erklärte Anfechtung einer im Jahr 1982 gerichtlich protokollierten Vereinbarung wegen arglistiger Täuschung ist nach § 124 Abs. 3 BGB ausgeschlossen.

Die Anfechtungsfrist von zehn Jahren ist abgelaufen.

Prüfung der Sittenwidrigkeit nach § 138 Abs. 1 BGB:

Bei der Beurteilung der Sittenwidrigkeit eines Vergleichs ist die gesetzliche Bemessungsgrundlage des vorzeitigen Erbausgleichsanspruchs nach § 1934d Abs. 2 Satz 1 BGB zu berücksichtigen.

Hierbei ist zu prüfen, ob der vereinbarte Betrag im Einklang mit dem gesetzlichen Dreifachen des durchschnittlichen Jahresunterhalts steht.

Rechtsmissbrauch:

Es ist grundsätzlich nicht rechtsmissbräuchlich, wenn sich die Erben gegenüber dem nichtehelichen Kind auf die Wirkungen des § 1934e BGB a.F. berufen, sofern die Vereinbarung rechtlich und materiell wirksam ist.

Beschluss OLG Karlsruhe 19/2/24 – 14 W 93/23 Wx – Anfechtung vorzeitige Erbausgleichsvereinbarung durch nichteheliches Kind

Verfahrensgang:

Die Beteiligte Ziffer 2 legte Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Bad Säckingen vom 25. Juli 2023 ein, der die Erteilung eines Erbscheins feststellte, wonach die Beteiligten Ziffer 1 und Ziffer 3 Miterben zu je 1/2 nach dem Erblasser geworden sind.

Der Erbscheinsantrag der Beteiligten Ziffer 2, wonach die Beteiligten Ziffer 1 bis Ziffer 3 Miterben zu je 1/3 sein sollten, wurde zurückgewiesen.

Sachverhalt:

Der Erblasser K verstarb am 20. November 2022.

Er hatte zwei eheliche Kinder (Beteiligte Ziffer 1 und 3) und ein nichteheliches Kind (Beteiligte Ziffer 2).


Die Beteiligte Ziffer 2 nahm den Erblasser 1981 auf vorzeitigen Erbausgleich in Anspruch, und es wurde ein Vergleich geschlossen, wonach der Erblasser 8.000 DM zahlte.


Nach dem Tod des Erblassers beantragte der Beteiligte Ziffer 3 einen Erbschein, der ihn und die Beteiligte Ziffer 1 als Miterben zu je 1/2 ausweist.

Die Beteiligte Ziffer 2 beantragte hingegen einen Erbschein, der alle drei Kinder zu je 1/3 als Miterben ausweist.


Argumente und Entscheidungen:

Anfechtung der Vereinbarung:

Die Beteiligte Ziffer 2 erklärte 2023 die Anfechtung der Vereinbarung von 1982 wegen arglistiger Täuschung.

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Das Amtsgericht wies dies zurück, da die Anfechtungsfrist von zehn Jahren abgelaufen war.

Auch das OLG Karlsruhe bestätigte dies und wies die Beschwerde der Beteiligten Ziffer 2 zurück.


Sittenwidrigkeit des Vergleichs:

Das OLG stellte fest, dass der Vergleich von 1982 weder inhaltlich noch im Gesamtcharakter sittenwidrig sei.

Der vereinbarte Betrag von 8.000 DM orientiere sich an der gesetzlichen Bemessungsgrundlage, die das Dreifache des durchschnittlichen Jahresunterhalts betrage.


Rechtsmissbrauch:

Das Berufungsgericht sah keinen Rechtsmissbrauch darin, dass sich die Beteiligten Ziffer 1 und 3 auf die Wirkungen des § 1934e BGB a.F. berufen.

Es wurde betont, dass der Vergleich rechtlich Bestand habe und die Erben darauf vertrauen durften.


Grund- und Menschenrechte:

Die Beteiligte Ziffer 2 rügte eine Verletzung ihrer Grund- und Menschenrechte.

Das Gericht sah jedoch keinen Verstoß gegen Art. 14 EMRK oder Art. 14 und Art. 6 GG.

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Es wurde argumentiert, dass die Regelungen verfassungskonform seien und die Beteiligte Ziffer 2 die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit eines vorzeitigen Erbausgleichs genutzt habe.


Kostenentscheidung:

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beteiligte Ziffer 2.


Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wurde auf 261.000 € festgesetzt.


Die Zulassung der Rechtsbeschwerde wurde nicht gewährt, da keine Gründe dafür vorliegen.


Schlussfolgerung:

Der Beschluss des OLG Karlsruhe verdeutlicht die rechtlichen Rahmenbedingungen und die strikten Fristen, die bei der Anfechtung von Erbausgleichsvereinbarungen gelten.

Es wird klargestellt, dass eine nach Jahrzehnten erklärte Anfechtung wegen arglistiger Täuschung keinen Erfolg hat, wenn die gesetzliche Anfechtungsfrist abgelaufen ist.

Der Beschluss stellt zudem klar, dass der vereinbarte Ausgleichsbetrag von 8.000 DM weder sittenwidrig noch unangemessen war, da er sich im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben bewegte.

Das Vertrauen der Erben in die Rechtsgültigkeit der Vereinbarung wird als schützenswert anerkannt.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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