Beschlusskompetenz WEG für die Änderung des Verteilungsschlüssels für die Rücklagenbildung

Juni 24, 2025

Beschlusskompetenz WEG für die Änderung des Verteilungsschlüssels für die Rücklagenbildung

RA und Notar Krau

Am 14. Februar 2025 hat der Bundesgerichtshof (BGH), genauer gesagt der 5. Zivilsenat, ein wichtiges Urteil zum Wohnungseigentumsgesetz (WEG) gefällt.

Das Aktenzeichen ist V ZR 128/23. Dieses Urteil klärt einige Fragen zur Verteilung von Kosten und zur Bildung von Rücklagen in Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG).

Worum ging es in dem Fall?

In diesem speziellen Fall ging es um eine Wohnungseigentümergemeinschaft, die sowohl Wohn- als auch Gewerbeeinheiten umfasste.

Die Teilungserklärung aus dem Jahr 1984 legte fest, dass bestimmte Kosten (wie öffentliche Abgaben, Betriebskosten, Instandsetzungskosten) nach Miteigentumsanteilen (MEA) verteilt werden sollten. Allerdings war der Miteigentumsanteil für Gewerbeeinheiten im Verhältnis zur Fläche deutlich geringer als für Wohneinheiten.

Das bedeutete, dass die Gewerbeeinheiten anteilig weniger Kosten trugen, obwohl sie flächenmäßig größer waren.

Im September 2021 beschloss die Eigentümerversammlung, diesen Verteilungsschlüssel zu ändern. Ab dem 1. Januar 2022 sollten alle Kosten, die bisher nach Miteigentumsanteilen verteilt wurden, nun nach der beheizbaren Wohnfläche umgelegt werden. Diese Änderung sollte auch die Zuführung zur Erhaltungsrücklage betreffen.

Die Eigentümerinnen der Gewerbeeinheiten klagten gegen diesen Beschluss, da sie sich benachteiligt fühlten. Sie argumentierten, dass der Beschluss zu unbestimmt sei und dass die Eigentümergemeinschaft gar nicht befugt sei, den Verteilungsschlüssel für die Rücklagen zu ändern.

Außerdem sahen sie keine sachliche Rechtfertigung für die Änderung, da ihre Einheiten bestimmte Gemeinschaftsbereiche (wie den Haupteingang der Wohnungen, Treppenhaus, Aufzug) nicht oder kaum nutzten und eine höhere Abnutzung in ihren eigenen Gewerbeflächen hätten.

Was hat der BGH entschieden?

Der BGH bestätigte die Entscheidungen der Vorinstanzen (Landgericht Düsseldorf), die die Klage der Gewerbeeinheiten abgewiesen hatten. Der BGH hat im Wesentlichen drei Kernpunkte klargestellt:

Kompetenz zur Änderung des Verteilungsschlüssels für Rücklagen:

Der BGH hat entschieden, dass die Wohnungseigentümer nach § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG sehr wohl die Befugnis haben, den Verteilungsschlüssel für die Zuführung zu den Rücklagen zu ändern.

Es gab hierzu unterschiedliche Meinungen in der Rechtswelt, aber der BGH hat klargestellt, dass der Begriff „Kosten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer“ in diesem Paragraphen weit genug gefasst ist, um auch die Zahlungen in die Rücklagen einzuschließen.

Der frühere § 16 Abs. 4 WEG a.F., der eine solche Änderung für Rücklagen nicht zuließ, ist nicht mehr anwendbar, da die jetzige Regelung nicht mehr auf „Einzelfälle“ beschränkt ist.

Beschlusskompetenz WEG für die Änderung des Verteilungsschlüssels für die Rücklagenbildung

Bestimmtheit der „Kostenarten“:

Die Klägerinnen hatten bemängelt, dass der Beschluss nicht ausreichend bestimmt sei, weil er sich auf „alle Kosten für die Häuser“ beziehe, die nach MEA verteilt würden. Der BGH stellte klar, dass die Formulierung „bestimmte Arten von Kosten“ in § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG lediglich das allgemeine Bestimmtheitserfordernis für Beschlüsse hervorhebt.

Das bedeutet, ein Beschluss muss klar und eindeutig sein, aber es ist nicht erforderlich, jede einzelne Kostenart bis ins Detail zu benennen. Es reicht aus, wenn die betroffenen Kosten aus anderen, für jedermann erkennbaren Unterlagen (hier: die Jahresabrechnungen von 2020) ersichtlich sind.

Eine „generelle“ Änderung des Verteilungsschlüssels ist demnach zulässig, solange sie klar nachvollziehbar ist und nicht unbestimmt bleibt.

Angemessenheit der Änderung (keine ungerechtfertigte Benachteiligung):

Der BGH hat bestätigt, dass die Änderung des Verteilungsschlüssels auf die beheizbare Wohnfläche die Klägerinnen nicht ungerechtfertigt benachteiligt. Grundsätzlich haben Wohnungseigentümer einen weiten Spielraum bei der Festlegung von Verteilungsschlüsseln. Ein Beschluss muss lediglich einer ordnungsgemäßen Verwaltung entsprechen.

Der Senat führte aus, dass eine Änderung eines vereinbarten Verteilungsmaßstabs, der bestimmte Wohnungseigentümer privilegiert, als ordnungsgemäß gilt, wenn es für die ursprüngliche Privilegierung keinen sachlichen Grund gab.

Im vorliegenden Fall war es so, dass die Gewerbeeinheiten aufgrund ihrer unterdimensionierten Miteigentumsanteile ungerechtfertigt privilegiert waren.

Die Argumente der Klägerinnen, wie die Nichtnutzung bestimmter Gemeinschaftsbereiche (Aufzug, Treppenhaus) oder eine höhere Abnutzung in ihren eigenen Sondereigentumsbereichen, wurden vom BGH nicht als stichhaltige Gründe für die Beibehaltung der alten Privilegierung anerkannt.

Die Kosten für den Aufzug waren ohnehin nicht vom geänderten Schlüssel betroffen, und eine höhere Abnutzung im Sondereigentum ist für die Verteilung von Kosten des Gemeinschaftseigentums irrelevant.

Was bedeutet das Urteil für Wohnungseigentümergemeinschaften?

Dieses Urteil ist wichtig, weil es die Möglichkeiten von Wohnungseigentümergemeinschaften stärkt, ihre Kostenverteilung flexibel anzupassen, insbesondere wenn alte Regelungen in der Teilungserklärung zu einer ungerechtfertigten Kostenverteilung geführt haben.

Es stellt klar, dass auch der Verteilungsschlüssel für die Erhaltungsrücklage von der Gemeinschaft geändert werden kann und dass der Begriff „bestimmte Arten von Kosten“ nicht übermäßig eng auszulegen ist.

Wenn keine sachlichen Gründe für eine Privilegierung einzelner Einheiten bestehen, kann der Verteilungsschlüssel geändert werden, auch wenn die alte Regelung lange Zeit praktiziert wurde.

Kurz gesagt: WEG-Gemeinschaften haben nun mehr Spielraum, die Kosten fairer aufzuteilen, wenn die ursprüngliche Regelung nicht mehr zeitgemäß oder ungerecht ist.

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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