Beschlussmängelverfahren: Verwalterbestellung durch den teilenden Eigentümer in der „Aufteilungsphase“

November 5, 2025

Beschlussmängelverfahren: Verwalterbestellung durch den teilenden Eigentümer in der „Aufteilungsphase“ – Heilung von Einberufungsmängeln durch „Vollversammlung“

BGH, Urt. v. 11.3.2022 – V ZR 77/21

Verwalterbestellung durch den Bauträger – Was war das Problem?

Stellen Sie sich vor, ein Bauträger (der teilende Eigentümer) errichtet eine Wohnanlage und legt die Regeln fest (in der Teilungserklärung). Hier hatte sich der Bauträger das Recht vorbehalten, einseitig einen Verwalter zu bestellen, solange die Anlage noch nicht komplett verkauft und bewohnt war (Aufteilungsphase).

In diesem Fall bestellte der Bauträger einen neuen Verwalter (Fa. L), als schon mindestens ein Käufer (die Klägerin) als Eigentümerin im Grundbuch stand. Dieser Verwalter (Fa. L) berief dann eine Eigentümerversammlung ein, in der Beschlüsse (z.B. über den Wirtschaftsplan) gefasst wurden. Die Käuferin klagte und sagte: „Die Verwalterbestellung war ungültig, also sind auch die Versammlung und die Beschlüsse ungültig!“


Beschlussmängelverfahren: Verwalterbestellung durch den teilenden Eigentümer in der „Aufteilungsphase“

3 Kernpunkte des BGH-Urteils (WEG a.F. – altes Recht bis 30.11.2020)

Der Bundesgerichtshof (BGH) musste klären, ob die Beschlüsse ungültig sind. Er kam zu folgenden zentralen (und teilweise überraschenden) Ergebnissen:

1. Die unwirksame Verwalterbestellung: Einseitiges Bestellrecht endet!

  • Der BGH sagt: Die Regelung in der Teilungserklärung, die dem Bauträger das einseitige Bestellrecht für einen Verwalter nach Entstehung der Wohnungseigentümergemeinschaft einräumt, ist unwirksam ($\S 26$ I $5$ WEG a.F., heute $\S 134$ BGB).
  • Der Witz: Sobald der erste Käufer im Grundbuch steht, ist die WEG „geboren“. Ab diesem Moment ist Schluss mit lustig und einseitiger Selbstbestimmung des Bauträgers. Dann müssen alle Eigentümer gemeinsam über den Verwalter beschließen ($\S 26$ I $1$ WEG a.F.).
  • Fazit: Die Bestellung der Fa. L durch den Bauträger war tatsächlich ungültig!

2. Vertretung der Eigentümer im Gerichtsverfahren: Manchmal muss man den „Fehler“ akzeptieren.

  • Das Problem: Wenn die Verwalterbestellung ungültig war, wer vertritt dann die anderen beklagten Eigentümer im Gerichtsverfahren gegen die klagende Eigentümerin? Der „unwirksame“ Verwalter?
  • Der BGH sagt: Ja, in einem Beschlussmängelverfahren, in dem ja gerade über die Wirksamkeit der Verwalterbestellung gestritten wird, muss der Verwalter als vertretungsberechtigt angesehen werden. Das ist wichtig für den Rechtsverkehrsschutz und die Funktionsfähigkeit des Gerichtsverfahrens.
  • Der Witz: Wir tun mal so, als ob, damit wir überhaupt feststellen können, dass es ein „als ob“ war. Sonst würde der Prozess ins Leere laufen.

3. Heilung von Einberufungsmängeln: Die „Vollversammlung“ rettet alles.

  • Das Problem: Da Fa. L nicht wirksam bestellt war, hatte sie keine Berechtigung, die Eigentümerversammlung einzuberufen. Normalerweise würde das die Beschlüsse ungültig machen.
  • Der BGH sagt: Der Mangel der Einberufung durch einen Nichtberechtigten wird geheilt, wenn sämtliche Wohnungseigentümer an der Versammlung und der Abstimmung teilnehmen („Vollversammlung“).
  • Das ist der entscheidende Punkt!
    • Kein Problem: Es spielt keine Rolle, ob die Eigentümer wussten, dass der Einberufende (Fa. L) gar nicht berechtigt war. Ihre Anwesenheit und Abstimmung heilt den Fehler.
    • Zusätzlich geheilt: Auch ein Mangel der Tagesordnung (Beschluss über Wirtschaftsplan 2019, obwohl 2020 angekündigt) ist hier nicht kausal für die Ungültigkeit, weil alle Eigentümer anwesend waren, die Unterlagen schon hatten und intensiv diskutiert wurde.
  • Fazit: Obwohl die Verwalterbestellung und die Einberufung fehlerhaft waren, wurden die gefassten Beschlüsse nicht für ungültig erklärt, weil alle Eigentümer da waren und mitgemacht haben.

Schlussfolgerung

Der BGH rettet die gefassten Beschlüsse, obwohl die Bestellung des Verwalters durch den Bauträger unwirksam war. Die Heilung durch die Anwesenheit aller Eigentümer („Vollversammlung“) ist der Schlüssel. Das ist juristische Pragmatik: Wenn alle dabei sind und mitreden, kann man sich später nicht auf einen Formfehler bei der Einladung berufen – das wäre unnötige Haarspalterei.

RA und Notar Krau

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