Bestimmung des anwendbaren Rechts bei internationalen Sachverhalten

September 7, 2017

Bestimmung des anwendbaren Rechts bei internationalen Sachverhalten

OLG Düsseldorf I-25 Wx 8/11

RA und Notar Krau

Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins zu Grundbuchberichtigungszwecken

Der Fall dreht sich um die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins für einen Erblasser deutscher Staatsangehörigkeit und seine Ehefrau, die er in Kasachstan geheiratet hatte.

Hintergrund:

Der Erblasser war deutscher Staatsangehöriger und mit der Beteiligten zu 1 verheiratet. Aus seiner ersten Ehe stammte die Beteiligte zu 2.

Nach dem Tod des Erblassers beantragten die Beteiligten zu 1 und 2 die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins.

Das Amtsgericht Mettmann lehnte den Antrag ab, da es Zweifel an der Anwendbarkeit deutschen Güterrechts

hatte und somit die Erbquote der Beteiligten zu 1 nicht bestimmen konnte.

Entscheidung des Gerichts:

Das OLG Düsseldorf änderte den Beschluss des Amtsgerichts und ordnete die Erteilung des Erbscheins an.

Die Beteiligten zu 1 und 2 sind zu je ½ Anteil Erben geworden.

Bestimmung des anwendbaren Rechts bei internationalen Sachverhalten

Begründung:

  • Anwendbares Erbrecht: Da der Erblasser deutscher Staatsangehöriger war, ist deutsches Erbrecht anwendbar.
  • Erbquoten: Gemäß § 1931 BGB erbt die Ehefrau neben einem Kind zu ¼. Ihr Erbteil erhöht sich jedoch auf ½, wenn die Eheleute im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt haben (§ 1371 BGB).
  • Anwendbares Güterrecht: Das Gericht stellte fest, dass entgegen der Ansicht des Amtsgerichts deutsches Güterrecht anzuwenden ist.
    • VFGüterstandG: Zunächst prüfte das Gericht die Anwendbarkeit des Gesetzes über den ehelichen Güterstand von Vertriebenen und Flüchtlingen (VFGüterstandG). Da die Voraussetzungen hierfür jedoch nicht eindeutig geklärt werden konnten, wurde diese Prüfung nicht weiterverfolgt.
    • Internationales Privatrecht: Das Gericht wandte die allgemeinen Regeln des internationalen Privatrechts an. Gemäß Art. 15 EGBGB ist grundsätzlich das Recht des Staates anzuwenden, dem die Ehegatten im Zeitpunkt der Eheschließung angehörten. Im vorliegenden Fall war dies sowjetisches Recht.
    • Gesamtverweisung: Die Verweisung auf sowjetisches Recht ist als Gesamtverweisung zu verstehen, die auch das internationale Privatrecht der Sowjetunion umfasst.
    • Rückverweisung: Das sowjetische Recht enthielt eine Rückverweisung auf deutsches Recht, da die Ehegatten ihren letzten gemeinsamen Wohnsitz in Deutschland hatten.
    • Entwicklung des Heimatrechts: Da die Sowjetunion zerfallen war, war zu prüfen, welches Recht an ihre Stelle tritt. Sowohl das Recht der russischen Föderation als auch das Recht Kasachstans enthalten eine Rückverweisung auf deutsches Recht.
  • Zugewinngemeinschaft: Aufgrund der Rückverweisung ist deutsches Güterrecht anwendbar. Die Eheleute lebten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft, sodass sich der Erbteil der Ehefrau gemäß § 1371 BGB erhöht.

Bestimmung des anwendbaren Rechts bei internationalen Sachverhalten

Konsequenzen:

Der Erbschein ist mit den Erbquoten von je ½ für die Ehefrau und die Tochter zu erteilen.

Zusammenfassend lässt sich sagen:

Der Fall zeigt die Komplexität der Bestimmung des anwendbaren Rechts bei internationalen Sachverhalten.

Durch die Gesamtverweisung und die Rückverweisung im internationalen Privatrecht kann sich das anwendbare Recht ändern.

Im vorliegenden Fall führte dies dazu, dass deutsches Güterrecht Anwendung fand und der Erbteil der Ehefrau erhöht wurde.

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Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

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Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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