Bestimmung Erben Verweisung letztwillige Verfügungen Dritter

Dezember 25, 2024

Bestimmung von Erben durch Verweisung auf letztwillige Verfügungen Dritter

Dies ist eine Zusammenfassung des Artikels

„Bestimmung von Erben, insbesondere Nacherben, durch Verweisung des Erblassers auf letztwillige Verfügungen Dritter“

von Prof. Dr. Bernd Wegmann, ZEV 2024, 61.

Der Artikel befasst sich mit der Frage, ob ein Erblasser in seinem Testament den Erben bestimmen kann, indem er auf die letztwillige Verfügung eines Dritten verweist.

Dies wird als „Verweisungsverfügung“ bezeichnet.

Konkret geht es um die Zulässigkeit solcher Verweisungsverfügungen im Kontext der Nacherbenbestimmung, wobei der Erblasser auf das Testament des Vorerben verweist.

I. Einleitung

Der Autor stellt zunächst fest, dass das deutsche Erbrecht den Grundsatz der materiellen Höchstpersönlichkeit kennt (§ 2065 Abs. 2 BGB).

Demnach darf die Bestimmung des Erben nicht einem Dritten überlassen werden.

Bestimmung von Erben durch Verweisung auf letztwillige Verfügungen Dritter

Dennoch gibt es in der Rechtsprechung Tendenzen, Verweisungsverfügungen im Rahmen der Nacherbenbestimmung zuzulassen, insbesondere unter Verwendung der sogenannten „Dieterle-Klausel“.

II. Generelle Zulässigkeit von Verweisungsverfügungen

Der Autor untersucht zunächst die generelle Zulässigkeit von Verweisungsverfügungen, bevor er auf den Spezialfall der Nacherbenbestimmung eingeht.

1. Methode der Untersuchung

Verweisungsverfügungen werden nicht explizit von § 2065 Abs. 2 BGB erfasst.

Sie unterscheiden sich von eindeutig unzulässigen Gestaltungen, bei denen der Erblasser einem Dritten die Entscheidung über seinen Nachlass überlässt.

Bei der Verweisungsverfügung schließt sich der Erblasser einer bereits getroffenen oder zukünftigen Entscheidung eines Dritten an.

2. Indiz gegen die allgemeine Zulässigkeit: Vergleich mit anderen Gestaltungen

Der Autor vergleicht Verweisungsverfügungen mit anderen Gestaltungen, die vom Leitbild der persönlichen Benennung des Erben abweichen,

aber dennoch von Gerichten und Literatur teilweise als zulässig angesehen werden:

Bestimmung von Erben durch Verweisung auf letztwillige Verfügungen Dritter

  • a) Bestimmung des Erben durch abstrakte Kriterien: Der Erblasser kann den Erben durch abstrakte Kriterien bestimmen, solange diese eindeutig sind und keinen Spielraum für Dritte lassen.
  • b) Einfluss Dritter auf die Erfüllung der Kriterien: Dritte können in zulässiger Weise darauf Einfluss nehmen, ob sie die Kriterien des Erblassers erfüllen, z.B. durch Geburt oder Adoption.
  • c) Steuerung des Verhaltens potenzieller Erben: Der Erblasser kann Kriterien festlegen, die ein Erbe erfüllen muss, um dessen Verhalten zu steuern, z.B. ein bestimmtes Studium.
  • d) Bedingte Nacherbfolge: Der Erblasser kann die Nacherbfolge anordnen und gleichzeitig bestimmen, dass diese entfällt, wenn der Vorerbe in einer bestimmten Weise letztwillig verfügt.
  • e) Vorgabe eines Personenkreises und sachlicher Kriterien: Der Erblasser kann einen Personenkreis vorgeben und sachliche Kriterien benennen, anhand derer ein Dritter den Erben aus diesem Kreis bestimmt.

Im Vergleich zu diesen Gestaltungen weisen Verweisungsverfügungen eine geringere Gestaltungstiefe des Erblassers und einen größeren Einfluss Dritter auf.

3. Indiz gegen die allgemeine Zulässigkeit: Vergleich mit §§ 2151, 2153, 2154 BGB

Auch die §§ 2151 ff. BGB, die die Bestimmung des Vermächtnisnehmers durch Dritte regeln, sprechen gegen die Zulässigkeit von Verweisungsverfügungen.

Diese Vorschriften sehen ein genau geregeltes Verfahren vor, das bei Verweisungsverfügungen nicht eingehalten wird.

Bestimmung von Erben durch Verweisung auf letztwillige Verfügungen Dritter

4. Indiz gegen die allgemeine Zulässigkeit: Verfahrensrecht des FamFG

Das Verfahrensrecht des FamFG bietet kein Instrumentarium zur Umsetzung von Verweisungsverfügungen.

Dies deutet darauf hin, dass das materielle Recht solche Verfügungen nicht zulässt.

5. Entscheidendes Argument gegen die allgemeine Zulässigkeit: Verfassungsrechtlich geschützte Privatsphäre u.a. des Errichters der Verweisungsverfügung

Ein entscheidendes Argument gegen die Zulässigkeit von Verweisungsverfügungen ist der Schutz der Privatsphäre desjenigen, auf dessen Verfügung verwiesen wird.

Dessen letztwillige Verfügungen dürfen nicht vor seinem Tod im Nachlassverfahren eines anderen offengelegt werden.

Dies würde sein informationelles Selbstbestimmungsrecht verletzen.

6. Zwischenergebnis: Keine allgemeine Zulässigkeit von Verweisungsverfügungen

Zusammenfassend stellt der Autor fest, dass Verweisungsverfügungen generell nicht mit dem Grundsatz der materiellen Höchstpersönlichkeit vereinbar sind.

Bestimmung von Erben durch Verweisung auf letztwillige Verfügungen Dritter

III. Ausnahmsweise Zulässigkeit von Verweisungsverfügungen zur Nacherbenbestimmung?

Der Autor untersucht, ob Verweisungsverfügungen im Spezialfall der Nacherbenbestimmung ausnahmsweise zulässig sein könnten.

1. Fortbestehende Zulässigkeitsbedenken

Die unter II. genannten Bedenken bestehen auch im Fall der Nacherbenbestimmung fort. Insbesondere der Schutz der Privatsphäre des Vorerben spricht gegen die Zulässigkeit.

2. Fehlende Argumente für eine Zulässigkeit von Verweisungsverfügungen in Ausnahmefällen

Der Autor widerlegt Argumente, die für die Zulässigkeit von Verweisungsverfügungen in Ausnahmefällen sprechen:

  • a) Möglichkeit der Vollerbeneinsetzung: Der Erblasser könnte den Vorerben auch direkt zum Vollerben einsetzen.
  • b) Gleichlauf der Nachlässe: Der Gleichlauf der Nachlässe kann auch durch andere Gestaltungen erreicht werden, z.B. durch eine erbvertragliche Regelung.
  • c) Praktisches Bedürfnis: Ein praktisches Bedürfnis rechtfertigt nicht die Umgehung gesetzlicher Grenzen.
  • d) Rechtssicherheit: Die Rechtsprechung zu Verweisungsverfügungen ist nicht gefestigt.
  • e) Reduzierte Anforderungen bei der Bestimmung der „übernächsten Generation“: Das Gesetz differenziert nicht zwischen der Bestimmung der nächsten und der übernächsten Generation.

Bestimmung von Erben durch Verweisung auf letztwillige Verfügungen Dritter

IV. Zusammenfassung und Ausblick

Verweisungsverfügungen sind weder generell noch im Spezialfall der Nacherbenbestimmung zulässig.

Der Autor plädiert dafür, unzulässige Verweisungsverfügungen in zulässige Gestaltungen umzudeuten, z.B. in eine Vollerbeneinsetzung.

Abschließend betont der Autor die Bedeutung des informationellen Selbstbestimmungsrechts im Erbrecht und regt weitere Untersuchungen zu Gestaltungen an, die dieses Recht berühren.

Zusammenfassung von RA und Notar Krau

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