Beteiligung Minderjährige KG GbR Genehmigung

Januar 1, 2025

Beteiligung Minderjährige KG GbR Genehmigung

OLG Karlsruhe 5 WF 77/22

Beschluss vom 9.11.2022

Familiengerichtliche Genehmigung einer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung von Minderjährigen

RA und Notar Krau

Sachverhalt:

Eine Großtante beabsichtigte, ihren vier minderjährigen Nichten und Neffen Anteile an zwei Kommanditgesellschaften (KG) und einer GbR zu schenken.

Um die Schenkungsteuer zu minimieren, sollte der Eintritt in die Gesellschaften zum 31.3.2022 erfolgen, die Eintragung ins Handelsregister jedoch erst später.

Für die zwischenzeitliche Haftung der Minderjährigen als Kommanditisten gegenüber Gesellschaftsgläubigern wollte die Großtante im Innenverhältnis einstehen.

Das Familiengericht verweigerte die Genehmigung der Schenkungsverträge, da nicht die haftungsrechtlich günstigste Variante gewählt worden sei.

Beteiligung Minderjährige KG GbR Genehmigung

Die Minderjährigen legten Beschwerde ein.

Entscheidung des OLG Karlsruhe:

Das OLG Karlsruhe gab der Beschwerde statt und genehmigte die Schenkungsverträge.

Begründung:

  • Genehmigungsbedürftigkeit und -fähigkeit:
    • Die Übertragung von Gesellschaftsanteilen an Minderjährige bedarf der familiengerichtlichen Genehmigung gemäß §§ 1643, 1822 Abs. 1 Nr. 3 BGB, da die Minderjährigen Gesellschaftsverträge zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts eingehen.
    • Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn das Rechtsgeschäft dem Wohl des Kindes dient. Dies ist nicht nur anhand rein finanzieller Interessen, sondern unter Berücksichtigung aller Vor- und Nachteile, einschließlich ideeller und familiärer Belange, zu beurteilen.
    • Bei der Eingehung eines Gesellschaftsvertrags sind unternehmerische und wirtschaftliche Risiken unter Einbeziehung von Zweckmäßigkeitserwägungen zu bewerten. Nicht jedes Risiko muss vom Minderjährigen ferngehalten werden. Es genügt, wenn das Rechtsgeschäft im Ganzen für den Minderjährigen vorteilhaft ist.
  • Abwägung der Risiken und Vorteile im konkreten Fall:
    • Das OLG Karlsruhe erkannte die Risiken der vorliegenden Vertragsgestaltung an. Die Minderjährigen haften im Zeitraum zwischen Eintritt und Eintragung als Kommanditisten wie persönlich haftende Gesellschafter. Ein theoretisches Risiko eines wirtschaftlichen Zusammenbruchs der Gesellschaften bestehe, sei aber extrem unwahrscheinlich.
    • Es gebe keinen Grundsatz, dass stets die risikoärmste Variante gewählt werden müsse. Die Minderjährigen haben überzeugend dargelegt, dass die risikoärmere Variante (aufschiebend bedingte Anteilsübertragung) mit erheblichen Nachteilen, insbesondere einer höheren Steuerbelastung, verbunden sei.
    • Zudem können die Minderjährigen gemäß § 1629a Abs. 1 BGB ihre Haftung auf das im Zeitpunkt der Volljährigkeit vorhandene Vermögen beschränken.

Beteiligung Minderjährige KG GbR Genehmigung

  • Gesamtschau:
    • Unter Abwägung der relativ überschaubaren Risiken und der erheblichen Vorteile (insbesondere der Steuerersparnis) sei die Entscheidung der Eltern für den Abschluss der Verträge nicht als dem Kindeswohl widersprechend anzusehen.

Fazit:

Das OLG Karlsruhe stellt klar, dass bei der familiengerichtlichen Genehmigung einer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung

von Minderjährigen nicht in jedem Fall die risikoärmste Vertragsgestaltung gewählt werden muss.

Vielmehr ist eine Abwägung der Risiken und Vorteile vorzunehmen.

Im vorliegenden Fall überwogen die Vorteile der gewählten Gestaltung (niedrige Steuerbelastung) die damit verbundenen Risiken (kurzzeitige persönliche Haftung).

Beteiligung Minderjährige KG GbR Genehmigung

Zusätzliche Anmerkungen:

  • Der Beschluss des OLG Karlsruhe zeigt die Bedeutung einer sorgfältigen Abwägung aller relevanten Faktoren bei der Beteiligung von Minderjährigen an Gesellschaften.
  • Die Entscheidung stärkt die elterliche Autonomie bei der Vermögensverwaltung für ihre Kinder.
  • Der Beschluss hat Auswirkungen auf die Praxis der Gestaltung von Schenkungsverträgen zugunsten Minderjähriger.
RA und Notar Krau

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