Betretungsrecht des Vermieters mit Miet-Sachverständigem
BGH Hinweisbeschluss vom 28.11.2023 – VIII ZR 77/23
Das Wichtigste vorab: Ja, der Vermieter hat das Recht, die vermietete Wohnung in Begleitung eines Sachverständigen zu betreten, um die ortsübliche Vergleichsmiete für eine geplante Mieterhöhung festzustellen. Dieses Recht ergibt sich aus den Grundsätzen von Treu und Glauben im Mietvertrag, auch wenn es nicht ausdrücklich im Gesetz steht.
Ein Vermieter darf die Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete erhöhen (§ 558 BGB). Um dieses Mieterhöhungsverlangen zu begründen, hat der Vermieter verschiedene Möglichkeiten. Eine davon ist, sich auf das Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen zu stützen (§ 558a Abs. 2 Nr. 3 BGB).
Die ortsübliche Vergleichsmiete richtet sich nach den Entgelten für vergleichbaren Wohnraum in Bezug auf:
Art
Größe
Ausstattung
Lage
Beschaffenheit (dazu gehört auch der Erhaltungszustand der Wohnung)
Der Erhaltungszustand der Wohnung kann in der Regel nur durch eine Besichtigung des Innenraums festgestellt werden. Dies ist entscheidend, damit der Sachverständige die Miete realistisch und rechtssicher ermitteln kann.
Der Bundesgerichtshof (BGH) leitet das Recht des Vermieters, die Wohnung zu betreten, aus einer vertraglichen Nebenpflicht des Mieters ab. Diese Pflicht folgt aus den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) in Verbindung mit dem Mietvertrag.
Voraussetzung ist immer ein konkreter sachlicher Grund für das Betreten, der hier in der Vorbereitung eines rechtssicheren Mieterhöhungsverlangens durch ein Sachverständigengutachten liegt.
Bei der Entscheidung, ob der Vermieter die Wohnung betreten darf, müssen zwei grundrechtlich geschützte Positionen gegeneinander abgewogen werden:
Das Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 GG) und das Recht, in der Wohnung „in Ruhe gelassen“ zu werden. Auch das Recht am Besitz ist durch Art. 14 GG geschützt.
Das durch das Eigentumsrecht (Art. 14 GG) geschützte Interesse, eine am Markt orientierte Miete zu erzielen, die die Wirtschaftlichkeit der Mietsache sichert.
Das BGH-Urteil bestätigt, dass die Interessen des Vermieters an der rechtssicheren Vorbereitung der Mieterhöhung durch eine Besichtigung in Begleitung eines Sachverständigen das Interesse des Mieters an der „Ruhe“ in seiner Wohnung überwiegen. Die Beeinträchtigung des Mieters durch die Besichtigung ist in der Regel lediglich geringfügig.
Wichtige Details für das Vorgehen
Der Vermieter muss den Zutritt rechtzeitig ankündigen. Im vorliegenden Fall hatte der Vermieter eine schriftliche Vorankündigung von mindestens einer Woche gemacht, was üblich und angemessen ist.
Die Besichtigung dient dazu, die Beschaffenheit (insbesondere den Erhaltungszustand) der Mietsache festzustellen. Dies ermöglicht dem Sachverständigen, eine realitätsnahe und rechtssichere Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete vorzunehmen.
Die Gerichte haben zwar entschieden, dass ein Mieterhöhungsverlangen formell wirksam sein kann, auch wenn der Sachverständige die Wohnung nicht besichtigt hat.
Dies ändert nichts am sachlichen Grund für das Betretungsrecht. Der Vermieter hat ein berechtigtes Interesse daran, die Mieterhöhung materiell-rechtlich (inhaltlich) so sicher wie möglich zu machen, um:
Überflüssige Prozesse zu vermeiden.
Die Qualität des Gutachtens zu verbessern.
Die Bereitschaft des Mieters zu einer außergerichtlichen Einigung zu fördern.
Der Mieter muss dem Vermieter und dem von ihm beauftragten, öffentlich bestellten Sachverständigen den Zutritt zur Wohnung gewähren, wenn der Vermieter die ortsübliche Vergleichsmiete feststellen lassen will, um eine Mieterhöhung vorzubereiten. Voraussetzung ist eine rechtzeitige Vorankündigung und die Benennung eines konkreten Termins zu üblichen Zeiten. Die Verpflichtung des Mieters folgt aus seiner vertraglichen Nebenpflicht, die durch die Grundsätze von Treu und Glauben bestimmt wird.
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