Betriebsaufgabe als Nachlassverbindlichkeit

Juni 4, 2022

Betriebsaufgabe als Nachlassverbindlichkeit § 10 V Nr 1 ErbStG – Einkommensteuerschulden – FG München 4 K 2701/19 – Urteil v. 16.09.2020

RA und Notar Krau

Sachverhalt:

  • Erben erklären nach dem Tod des Erblassers die Betriebsaufgabe für dessen landwirtschaftlichen Betrieb.
  • Daraus resultiert ein Aufgabegewinn und Einkommensteuerschuld.
  • Erben wollen die Einkommensteuerschuld als Nachlassverbindlichkeit bei der Erbschaftsteuer absetzen.

Entscheidung:

  • Das Finanzgericht München weist die Klage ab.
  • Die Einkommensteuerschuld aus der Betriebsaufgabe ist nicht als Nachlassverbindlichkeit abzugsfähig.

Begründung:

  • Die Einkommensteuer entsteht erst mit Ablauf des Todesjahres.
  • Die Erben haben die Betriebsaufgabe und damit die Entstehung der Steuer erst nach dem Tod des Erblassers erklärt.
  • Es fehlt daher an der wirtschaftlichen Belastung des Erblassers im Zeitpunkt des Erbfalls.
  • Die streitgegenständlichen Steuerverbindlichkeiten „herrühren“ nicht vom Erblasser, da die Erben den Steuertatbestand durch die Betriebsaufgabeerklärung ausgelöst haben.

Betriebsaufgabe als Nachlassverbindlichkeit

Revision:

  • Die Revision wird nicht zugelassen.

Hinweis:

  • Die Entscheidung des FG München steht im Einklang mit der Rechtsprechung des BFH.
  • Es gibt keinen Verfassungsrechtssatz, der eine Abstimmung aller Steuern zur Vermeidung von Mehrfachbelastung vorschreibt.

Tenor
1. Die Klagen werden abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision zum Bundesfinanzhof wird nicht zugelassen.

 

Allgemein:

Nachlassverbindlichkeiten sind im Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) nicht explizit definiert.

§ 10 Abs. 5 ErbStG verweist jedoch auf die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zur Bestimmung des Nachlasses.

Demnach gehören zum Nachlass (§ 1922 BGB) alle Vermögenswerte, aber auch die Schulden des Erblassers.

Abzugsfähige Nachlassverbindlichkeiten mindern den steuerpflichtigen Erwerb.

Betriebsaufgabe als Nachlassverbindlichkeit

Sie werden in drei Kategorien unterteilt:

1. Erblasserschulden (§ 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG):

  • Das sind alle Schulden, die der Erblasser zu Lebzeiten verursacht hat und die nicht mit seinem Tod erlöschen.
  • Beispiele: Kredite, Hypotheken, Steuerschulden, Rechnungen.

2. Erbfallschulden (§ 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG):

  • Das sind Verbindlichkeiten, die erst durch den Erbfall entstehen.
  • Beispiele: Vermächtnisse, Auflagen, Pflichtteilsansprüche, Erbersatzansprüche.

3. Erbfallkosten (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG):

  • Das sind Kosten, die im Zusammenhang mit dem Erbfall und der Nachlassabwicklung entstehen.
  • Beispiele: Beerdigungskosten, Kosten für ein angemessenes Grabmal, Kosten für die übliche Grabpflege, Kosten für die Testamentseröffnung, Gerichtskosten, Notarkosten, Kosten für die Erstellung der Erbschaftsteuererklärung.

Nicht abzugsfähig sind u.a.:

  • Kosten der Nachlassverwaltung, die vom Erben selbst getragen werden.
  • Vom Erwerber selbst zu entrichtende Erbschaftsteuer.
  • Auflagen, die dem Beschwerten selbst zugutekommen.
  • Geldstrafen und Verbindlichkeiten aus Ordnungswidrigkeiten.

Besonderheiten:

  • Eingeschränkter Abzug: Bei bestimmten Nachlassverbindlichkeiten ist der Abzug eingeschränkt, z.B. bei Schulden, die der Erblasser innerhalb von drei Jahren vor seinem Tod gegenüber nahen Angehörigen begründet hat.
  • Pauschbetrag für Erbfallkosten: Anstelle des Einzelnachweises der Erbfallkosten kann ein Pauschbetrag von 10.300 Euro abgezogen werden.

Wichtig: Der Erbe muss die Nachlassverbindlichkeiten im Rahmen der Erbschaftsteuererklärung nachweisen.

RA und Notar Krau

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