Betriebsübergang – Widerspruch – tarifliches Rückkehrrecht – BAG 2 AZR 591/20

September 16, 2021

Betriebsübergang – Widerspruch – tarifliches Rückkehrrecht – BAG 2 AZR 591/20

RA und Notar Krau

Kernthema:

Das Urteil befasst sich mit der Frage, ob ein Arbeitnehmer, der gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses im Rahmen eines Betriebsübergangs widersprochen hat,

dieses Widerspruchsrecht verwirkt hat, wenn er erst nach mehreren Jahren Widerspruch einlegt.

Hintergrund:

  • Der beklagte Verband übertrug 2011 sein Apothekenabrechnungszentrum auf die P GmbH & Co. KG.
  • Die betroffenen Arbeitnehmer wurden über den Betriebsübergang und ihr Widerspruchsrecht informiert.
  • Ein Überleitungstarifvertrag gewährte den Arbeitnehmern ein Rückkehrrecht zum Verband, falls es bei der P GmbH & Co. KG zu betriebsbedingten Kündigungen käme.
  • 2019 stellte die P GmbH & Co. KG Insolvenzantrag, woraufhin die Klägerin und andere Arbeitnehmer Widerspruch gegen den Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse einlegten.
  • Die Klägerin klagte auf Feststellung des Fortbestandes ihres Arbeitsverhältnisses mit dem Verband.

Tenor:

  • Die Revision der Klägerin wurde zurückgewiesen.
  • Das Arbeitsverhältnis der Klägerin besteht nicht mehr mit dem Verband, da ihr Widerspruchsrecht verwirkt ist.

Betriebsübergang – Widerspruch – tarifliches Rückkehrrecht – BAG 2 AZR 591/20

Entscheidungsgründe:

  • Betriebsübergang: Das Gericht bestätigte, dass ein Betriebsübergang stattgefunden hat und das Arbeitsverhältnis der Klägerin auf die P GmbH & Co. KG übergegangen ist.
  • Widerspruchsrecht: Die Klägerin hatte zwar ein Widerspruchsrecht gegen den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses, dieses war jedoch verwirkt.
  • Verwirkung: Das Gericht stellte fest, dass sowohl das Zeitmoment (acht Jahre) als auch das Umstandsmoment (widerspruchslose Weiterarbeit bei der P GmbH & Co. KG) für eine Verwirkung des Widerspruchsrechts sprachen.
  • Tarifliches Rückkehrrecht: Das tarifliche Rückkehrrecht beeinflusst nicht die Bewertung des Zeit- und Umstandsmoments bei der Verwirkungsprüfung.
  • Treuwidrigkeit: Der Einwand der Klägerin, der Beklagte habe die Insolvenz der P GmbH & Co. KG geplant, um sich teurer Arbeitnehmer zu entledigen, wurde als unbegründet zurückgewiesen.
  • Berichtigung des Berufungsurteils: Das Berufungsurteil wurde insoweit berichtigt, als es über den Antrag der Klägerin auf Weiterbeschäftigung entschieden hatte, obwohl dieser nicht zur Entscheidung angefallen war.

Rechtliche Würdigung:

  • Verwirkung von Rechten: Die Verwirkung setzt ein Zusammenspiel von Zeit- und Umstandsmoment voraus. Je länger ein Recht nicht ausgeübt wird, desto geringer sind die Anforderungen an das Umstandsmoment.
  • Verhältnis von Rückkehrrecht und Widerspruchsrecht: Das tarifliche Rückkehrrecht und das gesetzliche Widerspruchsrecht sind voneinander unabhängig und haben unterschiedliche Voraussetzungen und Rechtsfolgen.
  • Treuwidrigkeit: Der Einwand der Treuwidrigkeit erfordert besondere Umstände, die eine Rechtsausübung als unzulässig erscheinen lassen. Im vorliegenden Fall lagen keine Anhaltspunkte für eine treuwidrige Absicht des Beklagten vor.

Betriebsübergang – Widerspruch – tarifliches Rückkehrrecht – BAG 2 AZR 591/20

Schlussfolgerungen:

  • Arbeitnehmer müssen ihr Widerspruchsrecht gegen einen Betriebsübergang rechtzeitig ausüben, da es sonst verwirkt werden kann.
  • Ein tarifliches Rückkehrrecht beeinflusst nicht die Verwirkung des Widerspruchsrechts.
  • Der Einwand der Treuwidrigkeit erfordert konkrete Anhaltspunkte für eine unzulässige Rechtsausübung.

Bedeutung für die Praxis:

Das Urteil verdeutlicht die Bedeutung einer rechtzeitigen Ausübung des Widerspruchsrechts bei einem Betriebsübergang.

Arbeitnehmer sollten sich frühzeitig über ihre Rechte informieren und diese aktiv wahrnehmen, um Nachteile zu vermeiden.

Arbeitgeber sollten ihrerseits sicherstellen, dass die Arbeitnehmer ordnungsgemäß über den Betriebsübergang und ihre Rechte informiert werden.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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