Betriebsvereinbarung Bonus – unterjähriges Ausscheiden – Stichtagsregelung – Berechnung anteiliger Anspruch
Das Urteil des 10. Senats des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 15. November 2023 – 10 AZR 288/22 befasst sich mit dem Anspruch eines Arbeitnehmers
auf einen Bonus für das Fiskaljahr 2019/2020 nach seinem unterjährigen Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis.
Im Kern geht es um die Wirksamkeit einer Betriebsvereinbarung (BV PSP), die eine Stichtagsregelung für den Bonusanspruch bei Eigenkündigung vorsieht
und die Berechnungsgrundlagen für den anteiligen Anspruch regelt.
Der Kläger war vom 1. Oktober 2010 bis zum 30. April 2020 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten beschäftigt.
Sein Arbeitsvertrag sah ein jährliches Grundgehalt sowie eine variable Vergütung (PSP-Bonus) in Höhe von 15 % des Brutto-Basisjahresgehalts vor,
deren genaue Bestimmungen in einer Betriebsvereinbarung geregelt sein sollten.
Der Arbeitsvertrag enthielt zudem einen Freiwilligkeitsvorbehalt bezüglich Sonderzahlungen.
Die Betriebsparteien schlossen am 29. Mai 2019 die BV PSP ab, die ein freiwilliges, variables Entlohnungsschema darstellt, basierend auf dem globalen finanziellen Erfolg der N, Inc.
Die BV PSP enthielt Regelungen zum Geltungsbereich, zur Bonusberechnung und zur Fälligkeit des Bonus (August für das abgelaufene Fiskaljahr vom 1. Juni bis 31. Mai).
Für Mitarbeiter, die während des Fiskaljahres ausscheiden, enthielt die BV PSP differenzierte Regelungen:
Bei Ausscheiden aufgrund betriebsbedingter oder personenbedingter Kündigung durch den Arbeitgeber erfolgt eine anteilige Bonusberechnung
mit unterstellter 100%iger Zielerreichung (1/12 pro vollendetem Kalendermonat).
Bei Ausscheiden aufgrund verhaltensbedingter oder fristloser Kündigung durch den Arbeitgeber besteht kein Bonusanspruch.
Bei Ausscheiden aufgrund Eigenkündigung besteht ebenfalls kein – auch kein zeitanteiliger – Bonusanspruch.
Der Kläger kündigte sein Arbeitsverhältnis zum 30. April 2020.
Für das Fiskaljahr 2019/2020 erhielt er keinen Bonus.
Er klagte auf Zahlung eines Bonus in Höhe von 15 % seines letzten Jahresbruttogehalts, unter Berücksichtigung weiterer Leistungen wie des 13. Gehalts,
vermögenswirksamer Leistungen, des geldwerten Vorteils für die PKW-Nutzung und eines Milestone-Bonus.
Er argumentierte, die BV PSP sei unwirksam und hilfsweise, die Stichtagsregelung bei Eigenkündigung sei unzulässig.
Das Landesarbeitsgericht gab der Klage teilweise statt und verurteilte die Beklagte zur Zahlung eines anteiligen Bonus.
Es ging davon aus, dass der Anspruch auf der BV PSP beruhe, die die vorherige Betriebsvereinbarung wirksam abgelöst habe.
Die Stichtagsregelung für Eigenkündigungen erachtete das LAG jedoch für unwirksam.
Bei der Berechnung des anteiligen Bonus berücksichtigte es das Bruttogrundgehalt des Klägers im relevanten Zeitraum, nicht aber die weiteren von ihm geltend gemachten Positionen.
Das BAG wies die Revisionen beider Parteien zurück und bestätigte im Ergebnis das Urteil des Landesarbeitsgerichts.
Das BAG stellte fest, dass der Anspruch des Klägers auf eine variable Vergütung im Arbeitsvertrag begründet ist.
Der dort enthaltene Freiwilligkeitsvorbehalt sei unwirksam.
Die BV PSP habe die zuvor geltende Betriebsvereinbarung wirksam abgelöst.
Die BV PSP sei nicht insgesamt unwirksam, insbesondere liege keine unzulässige Einwirkung auf einen Besitzstand vor.
Das BAG bestätigte die Auffassung des LAG, dass die Stichtagsregelung in der BV PSP, die bei Eigenkündigung vor Ende des Fiskaljahres jeglichen Bonusanspruch ausschließt, unwirksam ist.
Eine solche Regelung greife in den Anspruch auf bereits verdientes Arbeitsentgelt ein und erschwere das Kündigungsrecht des Arbeitnehmers unangemessen.
Der Bonus sei zumindest auch als Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung im Bezugszeitraum anzusehen.
Die Betriebstreue allein rechtfertige einen vollständigen Ausschluss des Anspruchs bei unterjähriger Eigenkündigung nicht.
Das BAG stimmte dem LAG hinsichtlich der Berechnungsgrundlage zu.
Maßgeblich sei das Bruttogrundgehalt des Klägers im Fiskaljahr (1. Juni 2019 bis 30. April 2020).
Das 13. Gehalt sei als Bestandteil des jährlichen Grundgehalts zu berücksichtigen.
Die weiteren vom Kläger geltend gemachten Positionen (vermögenswirksame Leistungen, geldwerter Vorteil PKW, Kilometerpauschale, Milestone-Bonus)
seien nicht Teil des „Brutto-Basisjahresgehalts“ im Sinne der BV PSP und daher bei der Bonusberechnung nicht zu berücksichtigen.
Berücksichtigung von Elternzeit: Das BAG bestätigte, dass Zeiten der Elternzeit gemäß der BV PSP bei der Berechnung des Basiseinkommens für das Geschäftsjahr entsprechend zu reduzieren sind.
Dies sei mit höherrangigem Recht vereinbar, da während der Elternzeit das Arbeitsverhältnis ruhe und der Arbeitgeber nicht zur Entgeltzahlung verpflichtet sei.
Das Urteil des BAG bestätigt, dass Stichtagsregelungen in Betriebsvereinbarungen, die bei Eigenkündigung vor dem Ende des Bezugszeitraums den Anspruch auf einen Bonus vollständig
ausschließen, in der Regel unwirksam sind, da sie in den Anspruch auf bereits verdientes Arbeitsentgelt eingreifen.
Der Bonus ist zumindest auch als Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung anzusehen.
Bei der Berechnung eines anteiligen Bonus sind die Regelungen der Betriebsvereinbarung maßgeblich, wobei in der Regel das Bruttogrundgehalt im relevanten Zeitraum die Berechnungsgrundlage bildet
und Zeiten ohne Entgeltanspruch (wie Elternzeit) entsprechend zu berücksichtigen sind.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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