Beweismittelverfahren neben Pflichtteilsstufenklage  

August 20, 2024

Beweismittelverfahren neben Pflichtteilsstufenklage

OLG Düsseldorf Beschluss 8.4.2024 – I-7 W 20/24 

RA und Notar Krau

In einem Beschluss des OLG Düsseldorf vom 8. April 2024 wurde entschieden, dass ein Pflichtteilsberechtigter

auch während einer anhängigen Pflichtteilsstufenklage ein selbstständiges Beweisverfahren zur Feststellung des Zustands und Werts eines bebauten Grundstücks einleiten kann.

Diese Entscheidung ist relevant, da bei langwierigen Verfahren die Gefahr besteht, dass Beweismittel an Beweiskraft verlieren, insbesondere wenn bauliche Veränderungen zu erwarten sind.

Im konkreten Fall beantragte die Antragstellerin eine Begutachtung zweier Grundstücke, die Teil des Nachlasses ihrer Mutter sind.

Das Landgericht Düsseldorf hatte diesen Antrag zunächst abgelehnt, da es kein Beweissicherungsbedürfnis sah.

Die Antragstellerin argumentierte jedoch, dass aufgrund der langen Verfahrensdauer Veränderungen an den Immobilien eintreten könnten, was die Beweiserhebung erschweren würde.

Beweismittelverfahren neben Pflichtteilsstufenklage

Sie zweifelte zudem die Qualifikation des vom Antragsgegner beauftragten Gutachters an und bestritt die vorliegenden Gutachten.

Das OLG Düsseldorf entschied, dass die Ablehnung des selbstständigen Beweisverfahrens bezüglich des bebauten Grundstücks nicht gerechtfertigt sei, da eine Besorgnis der Beweiserschwernis bestehe.

Insbesondere bei einer Immobilie könne es durch Renovierungen oder andere Veränderungen zu einer Beeinträchtigung der Beweisführung kommen.

Daher sei die Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens in diesem Fall gerechtfertigt, auch um den Wert des Grundstücks zum Todeszeitpunkt der Erblasserin festzustellen.

Für das unbebaute Grundstück hingegen wurde keine Beweiserschwernis gesehen, da dessen Zustand sich nicht wesentlich ändern werde

und die benötigten Daten auch zu einem späteren Zeitpunkt ermittelbar seien.

Die Entscheidung unterstreicht, dass in Pflichtteilsprozessen die Möglichkeit eines selbstständigen Beweisverfahrens bestehen muss,

wenn die Gefahr besteht, dass Beweismittel durch Zeitablauf an Wert verlieren.

Beweismittelverfahren neben Pflichtteilsstufenklage

Allgemeiner Hinweis:

Das selbständige Beweisverfahren ist ein Verfahren im deutschen Zivilprozessrecht, das dazu dient, Beweise zu sichern, bevor ein Hauptsacheverfahren eingeleitet wird oder während eines laufenden Verfahrens.

Es ist in den §§ 485 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO) geregelt.

Zweck des selbständigen Beweisverfahrens:

  • Beweissicherung: Der Hauptzweck ist die Sicherung von Beweisen, bei denen die Gefahr besteht, dass sie später nicht mehr verfügbar oder zugänglich sind. Dies kann z.B. bei Zeugenaussagen der Fall sein, wenn der Zeuge altersbedingt oder aufgrund einer Krankheit versterben oder aussageunfähig werden könnte.
  • Vorbereitung des Hauptsacheverfahrens: Das Verfahren kann dazu dienen, den Sachverhalt vorab zu klären und die Erfolgsaussichten einer Klage besser einschätzen zu können.
  • Vermeidung eines Hauptsacheverfahrens: In manchen Fällen kann das selbständige Beweisverfahren dazu beitragen, dass sich die Parteien einigen und ein Hauptsacheverfahren vermieden wird.

Beweismittelverfahren neben Pflichtteilsstufenklage

Voraussetzungen:

  • Antrag einer Partei: Das Verfahren wird nur auf Antrag einer Partei eingeleitet.
  • Beweismittel: Es können folgende Beweismittel gesichert werden:
    • Augenscheinseinnahme
    • Zeugenvernehmung
    • Sachverständigenbegutachtung
  • Gefahr des Verlusts oder der Erschwerung: Es muss die Gefahr bestehen, dass das Beweismittel verloren geht oder seine Benutzung erschwert wird. Dies ist z.B. der Fall, wenn ein Zeuge schwer erkrankt ist oder ein Gegenstand beschädigt werden könnte.
  • Rechtliches Interesse: Der Antragsteller muss ein rechtliches Interesse an der Beweissicherung haben. Dies ist z.B. der Fall, wenn er befürchten muss, dass er seine Rechte im Hauptsacheverfahren nicht durchsetzen kann, wenn der Beweis nicht gesichert wird.

Ablauf des Verfahrens:

  1. Antrag: Der Antragsteller stellt beim zuständigen Gericht einen Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens.
  2. Beschluss: Das Gericht entscheidet über den Antrag durch Beschluss.
  3. Beweisaufnahme: Wird dem Antrag stattgegeben, führt das Gericht die Beweisaufnahme durch.
  4. Protokoll: Über die Beweisaufnahme wird ein Protokoll angefertigt.
  5. Verwertung im Hauptsacheverfahren: Das Ergebnis der Beweisaufnahme kann im Hauptsacheverfahren als Beweismittel verwendet werden.

Beweismittelverfahren neben Pflichtteilsstufenklage

Besonderheiten:

  • Kein Urteil: Im selbständigen Beweisverfahren ergeht kein Urteil. Es dient lediglich der Beweissicherung.
  • Kosten: Die Kosten des Verfahrens trägt grundsätzlich der Antragsteller.
  • Zustimmung des Gegners: In bestimmten Fällen kann das Verfahren auch ohne die Gefahr des Verlusts oder der Erschwerung durchgeführt werden, wenn der Gegner zustimmt.

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Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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