Bewertung Betrieb Land und Forst

Januar 1, 2025

Bewertung Betrieb Land und Forst

BFH II R 39/20

Urteil vom 16.11.2022

RA und Notar Krau

Kernaussage:

Das Urteil des Bundesfinanzhofs befasst sich mit der Bewertung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs im Erbschaftsteuerfall.

Es klärt insbesondere die Voraussetzungen für den Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts bei Anwendung des Liquidationswerts und betont die Bedeutung des tätigkeitsbezogenen Betriebsbegriffs.

Sachverhalt:

Der Kläger erbte von seiner Mutter landwirtschaftlich genutzte Grundstücke und veräußerte diese kurz nach dem Erbfall.

Das Finanzamt (FA) stellte den Grundbesitzwert für Erbschaftsteuerzwecke fest und setzte dabei den Liquidationswert an.

Bewertung Betrieb Land und Forst

Der Kläger argumentierte, dass der tatsächlich erzielte Verkaufspreis als niedrigerer gemeiner Wert anzusetzen sei.

Entscheidung des BFH:

Der BFH hob die Entscheidung des Finanzgerichts (FG) auf und verwies die Sache zurück.

Zentrale Punkte des Urteils:

  1. Tätigkeitsbezogener Betriebsbegriff: Der BFH stellt klar, dass der Begriff „Betrieb der Land- und Forstwirtschaft“ im Bewertungsrecht an die tatsächliche Tätigkeit anknüpft, nicht am Eigentum an Grund und Boden. Entscheidend ist, ob der Erblasser Land- und Forstwirtschaft betrieben hat. Das FG muss dies im zweiten Rechtsgang prüfen.
  2. Liquidationswert als Ausgangspunkt: Wird ein Betrieb der Land- und Forstwirtschaft innerhalb von 15 Jahren nach dem Bewertungsstichtag veräußert, ist grundsätzlich der Liquidationswert anzusetzen (§ 166 BewG). Dies gilt auch für einzelne wesentliche Wirtschaftsgüter wie Grund und Boden.
  3. Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts:
    • Im Fortführungsfall sieht das Gesetz den Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts ausdrücklich vor (§ 165 Abs. 3 BewG).
    • Bei Veräußerung ist der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts nach der Rechtsprechung des BFH ebenfalls möglich, um einen Verstoß gegen das Übermaßverbot zu vermeiden. Dies setzt aber voraus, dass der vom FA festgestellte Wert den nachgewiesenen niedrigeren gemeinen Wert erheblich übersteigt.

Bewertung Betrieb Land und Forst

  1. Erheblichkeitsschwelle: Der BFH konkretisiert die Erheblichkeitsschwelle und legt fest, dass eine Verletzung des Übermaßverbots regelmäßig erst dann anzunehmen ist, wenn der vom FA festgestellte Wert den nachgewiesenen niedrigeren gemeinen Wert um 40 % oder mehr übersteigt. Im Streitfall war diese Schwelle nicht erreicht.
  2. Konsequenzen für den Streitfall:
    • Stellt das FG fest, dass ein Betrieb der Land- und Forstwirtschaft vorlag, ist der Liquidationswert anzusetzen. Der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts scheidet im Streitfall aus.
    • Liegt kein Betrieb der Land- und Forstwirtschaft vor, ist der Feststellungsbescheid aufzuheben und eine neue Bewertung nach den Vorschriften für Grundvermögen vorzunehmen. In diesem Fall stünde dem Kläger der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts nach § 198 BewG offen.

Fazit:

Das Urteil verdeutlicht die Komplexität der Bewertung von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben im Erbschaftsteuerrecht.

Es betont die Bedeutung des tätigkeitsbezogenen Betriebsbegriffs und die Möglichkeit des Nachweises eines niedrigeren gemeinen Werts, der aber an strenge Voraussetzungen geknüpft ist.

RA und Notar Krau

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen? 

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein konstenpflichtiges Mandat zustande.

Letzte Beiträge

testament, hand, write, ballpoint pen, paper, letter, letters, pen, will, intention, decision, resolution, projects, attachment, declaration of intent, disposal, advance directive, notary, volition, testament, testament, testament, testament, testament, will, will, will, notary

Können Minderjährige wirksam ein Testament errichten?

November 9, 2025
Können Minderjährige wirksam ein Testament errichten?Minderjährige können unter bestimmten Voraussetzungen wirksam ein Testament errichten, um ü…
Trauer Grabstein

Pflichtteilsergänzungsanspruch auch bei Schenkung unter Geltung des Zivilgesetzbuches der DDR

November 9, 2025
Pflichtteilsergänzungsanspruch auch bei Schenkung unter Geltung des Zivilgesetzbuches der DDRZusammenfassung: BGH, Urteil vom 07.03.2001 – IV ZR…
Portrait Lana Berloznik Kanzlei Krau Rechtsanwälte

Pflichtteilsergänzungsanspruch – Miterben als Gesamtschuldner

November 9, 2025
Pflichtteilsergänzungsanspruch – Miterben als GesamtschuldnerHier ist eine Zusammenfassung des Urteils des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm (Az.: 1…