Bewertung einer Zuwendung als Ausstattung

Mai 19, 2025

Bewertung einer Zuwendung als Ausstattung

Zusammenfassung des Urteils des LG Detmold vom 17.09.2024 – 02 O 136/20

RA und Notar Krau

Das Landgericht Detmold (LG Detmold) erließ am 17. September 2024 ein Teilurteil im Rechtsstreit mit dem Aktenzeichen 02 O 136/20,

das auf der juristischen Online-Datenbank openJur unter der Fundstelle openJur 2025, 12986 veröffentlicht wurde.

Dieses Urteil betrifft Pflichtteilsansprüche der Klägerin gegenüber der Beklagten, wobei die Klägerin eines von drei Kindern des verstorbenen Erblassers und der Beklagten ist.

Die Beklagte ist die Alleinerbin des am 10. November 2016 verstorbenen Erblassers.

Der vorliegende Rechtsstreit ist eine Fortsetzung eines bereits zuvor geführten Verfahrens, in dem die Kammer mit Teilurteil vom 8. Dezember 2020 die Beklagte zur Vorlage eines notariellen

Nachlassverzeichnisses gemäß § 260 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) verpflichtet hatte, wobei die Klägerin bei der Aufnahme dieses Verzeichnisses hinzuzuziehen war.

Zur Durchsetzung dieser Verpflichtung setzte das Gericht mit Beschluss vom 7. Oktober 2021 ein Zwangsgeld gegen die Beklagte fest.

Im nunmehrigen Verfahren streiten die Parteien über weitergehende Ansprüche der Klägerin auf Wertermittlung verschiedener Nachlassgegenstände.

Im Einzelnen geht es dabei um die Bewertung von Photovoltaik-Anlagen, die auf zwei Grundstücken des Erblassers in P. und F. installiert waren,

sowie um die Bewertung von zwei im Grundbuch von U. verzeichneten Grundstücken in Gemarkung G01 und Gemarkung G02.

Der Tenor des Urteils des LG Detmold vom 17. September 2024 sieht mehrere Verurteilungen der Beklagten vor,

die auf deren Anerkenntnis beruhen, sowie weitere Verurteilungen aufgrund des Klageantrags der Klägerin.

Zunächst wird die Beklagte ihrem Anerkenntnis gemäß verurteilt, an Eides statt zu versichern, dass das von ihr vorgelegte

Nachlassverzeichnis vom 2. August 2023 (UR Nr. N01 des Notars S.) den Bestand des realen und fiktiven Nachlasses des Erblassers nach bestem Wissen vollständig wiedergibt.

Bewertung einer Zuwendung als Ausstattung

Weiterhin wird die Beklagte aufgrund ihres Anerkenntnisses verpflichtet, zur Wertermittlung der Photovoltaik-Anlagen auf den Grundstücken in P. und F. zum Todestag des Erblassers

(10. November 2016) auf ihre Kosten Verkehrswertgutachten von einem unparteiischen und qualifizierten Sachverständigen einzuholen und der Klägerin vorzulegen.

Ebenfalls aufgrund Anerkenntnisses muss die Beklagte ein Verkehrswertgutachten von einem unabhängigen Sachverständigen

zur Wertermittlung des Grundstücks in U., Gemarkung G01, zum 8. Juni 2016 und zum Todestag des Erblassers einholen und der Klägerin vorlegen.

Dabei sind die im Grundbuch eingetragenen Belastungen zu berücksichtigen.

Über das Anerkenntnis hinausgehend wird die Beklagte verurteilt, der Klägerin zur Wertermittlung der Photovoltaik-Anlagen zum Todestag alle relevanten Unterlagen und Informationen in Kopie vorzulegen.

Dies umfasst insbesondere sämtliche Geschäftsunterlagen, die für eine betriebswirtschaftliche Bewertung erforderlich sind,

wie Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnungen, Geschäftsbücher und Belege für den Zeitraum vom 1. Januar 2013 bis zum Todestag, sowie die Planungsrechnung.

Eine weitere Verurteilung der Beklagten betrifft die Vorlage von Unterlagen und die Einholung eines Verkehrswertgutachtens bezüglich des Grundstücks in U., Gemarkung G02, zum 18. November 2002.

Die Beklagte muss der Klägerin einen aktuellen Grundbuchauszug, eine Flurkarte, Grundriss- oder Schnittzeichnungen, Berechnungen der Flächen und des Rauminhalts, eine Baubeschreibung und

gegebenenfalls Mietverträge vorlegen.

Zudem muss sie auf ihre Kosten ein Verkehrswertgutachten von einem Sachverständigen einholen und der Klägerin vorlegen.

Hinsichtlich des Grundstücks in U., Gemarkung G01, wird die Beklagte zudem verurteilt, der Klägerin zur Wertermittlung zum 8. Juni 2016 und zum Todestag einen aktuellen Grundbuchauszug, eine Flurkarte,

Grundriss-/Schnittzeichnungen, Flächen- und Rauminhaltsberechnungen, eine Baubeschreibung und gegebenenfalls Mietverträge vorzulegen.

Die Kostenentscheidung für das Verfahren bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

Das Urteil ist hinsichtlich der Verurteilungen gemäß Anerkenntnis ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar, im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000 Euro.

Der Tatbestand des Urteils schildert den Hintergrund des Streits und die Anträge der Parteien.

Die Klägerin begründet ihre Zweifel an der Vollständigkeit des Nachlassverzeichnisses und macht geltend, dass die Überlassung des Grundstücks B.-straße im Jahr 2002 an den Sohn des Erblassers eine

ausgleichungspflichtige Ausstattung im Sinne von § 1624 BGB darstellte, da diese der Begründung oder Erhaltung seiner selbstständigen Lebensstellung als Bauunternehmer gedient habe.

Die Beklagte hingegen argumentiert, dass die Übertragung des Grundstücks B.-straße eine Schenkung gewesen sei und in erster Linie Wohnzwecken des Sohnes gedient habe.

Zudem habe sich der Erblasser Rückforderungsrechte vorbehalten, und der Sohn habe das Grundstück umfangreich renoviert.

Sie betont auch, dass der Erblasser die Ausbildung der Klägerin finanziert habe, während der Sohn keine vergleichbaren Zuwendungen erhalten habe.

Die Klägerin hatte ursprünglich weitergehende Anträge gestellt, unter anderem bezüglich der Wertermittlung eines Gesellschaftsanteils an einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die Grundbesitz in M. hielt.

Diesen Antrag zu Ziffer 2 lit. a hat die Klägerin jedoch für erledigt erklärt, und die Beklagte hat sich dieser Erklärung angeschlossen.

Die Entscheidungsgründe des Gerichts führen aus, dass die Klage zulässig und begründet ist.

Hinsichtlich der eidesstattlichen Versicherung und der Wertermittlung der Photovoltaik-Anlagen sowie des Grundstücks in Gemarkung G01 stützt sich das Gericht auf das Anerkenntnis der Beklagten.

Bezüglich der Vorlage von Belegen zu den Photovoltaik-Anlagen stellt das Gericht fest, dass die Klägerin gemäß § 2314 Abs. 1 Satz 2 Var. 2 BGB einen Anspruch auf Ermittlung des Werts der

Nachlassgegenstände hat und die Beklagte als zur Wertermittlung Verpflichtete alle hierfür erforderlichen Unterlagen vorzulegen hat.

Dies umfasst die von der Klägerin konkret benannten Geschäftsunterlagen für den relevanten Zeitraum.

Hinsichtlich des Grundstücks in Gemarkung G02 kommt das Gericht zu dem Schluss, dass es sich bei der Übertragung im Jahr 2002

um eine ausgleichungspflichtige Ausstattung gemäß §§ 2050 Abs. 1, 2316, 1624 BGB handelt.

Eine Ausstattung liegt vor, wenn eine Zuwendung mit Rücksicht auf die Begründung einer selbstständigen Lebensstellung erfolgt.

Dies sei hier der Fall gewesen, da das Grundstück nach dem Vortrag beider Parteien zumindest auch Wohnzwecken des Sohnes diente und sich dort auch der Sitz seines Bauunternehmens befand.

Die Kammer erachtet den Zweck der Förderung der selbstständigen Lebensstellung des Sohnes als gegeben.

Bewertung einer Zuwendung als Ausstattung

Der Umstand, dass das Grundstück renovierungsbedürftig war oder dass sich der Erblasser Rückforderungsrechte vorbehielt, schließt die Qualifikation als Ausstattung nicht aus.

Das Gericht kommt weiterhin zu dem Ergebnis, dass der Erblasser bei der Übertragung des Hofes keine abweichende Anordnung im Sinne von § 2050 Abs. 1 Halbsatz 2 BGB getroffen hat.

Die im Übertragungsvertrag vereinbarte Anrechnung auf Erb- und Pflichtteilsansprüche schließt eine Berücksichtigung im Rahmen der Ausgleichung nicht aus.

Vielmehr deutet die Formulierung „im Wege der vorweggenommenen Erbfolge“ nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) sogar auf eine Ausgleichungsanordnung hin.

In Bezug auf die Wertermittlung des Grundstücks in Gemarkung G02 beinhaltet der Anspruch nach § 2314 Abs. 1 Satz 2 BGB sowohl die Vorlage der von der Klägerin begehrten Unterlagen als auch die Einholung

eines Verkehrswertgutachtens, da die vorgelegten Unterlagen allein nicht ausreichen, um den Wert einer Immobilie umfassend zu beurteilen.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 1 und § 709 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO).

Die Verurteilung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung steht der vorläufigen Vollstreckbarkeit nicht entgegen, da es sich hierbei nicht um eine Willenserklärung im Sinne von § 894 ZPO handelt.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Letzte Beiträge

Fortführung Steuervorteile aus Sanierungsmaßnahmen an Denkmalobjekten durch Erben

Fortführung Steuervorteile aus Sanierungsmaßnahmen an Denkmalobjekten durch Erben

Juni 14, 2025
Fortführung Steuervorteile aus Sanierungsmaßnahmen an Denkmalobjekten durch ErbenRA und Notar KrauDieses Urteil des Finanzgerichts Sachsen-A…
Honoraranspruch bei Erbenermittlung

Honoraranspruch bei Erbenermittlung

Juni 14, 2025
Honoraranspruch bei ErbenermittlungRA und Notar KrauNachfolgend finden Sie eine Zusammenfassung des Urteils des LG Hamburg (Zivilkammer 19)…
Unbegründetheit eines Zwangsmittelantrags bei verzögerter Erstellung des Nachlassverzeichnisses durch den Notar

Unbegründetheit eines Zwangsmittelantrags bei verzögerter Erstellung des Nachlassverzeichnisses durch den Notar 

Juni 14, 2025
Unbegründetheit eines Zwangsmittelantrags bei verzögerter Erstellung des Nachlassverzeichnisses durch den Notar RA und Notar KrauGericht ent…