BFH II R 25/20 – Vollverschonung Betriebsvermögen

Oktober 23, 2022

BFH II R 25/20 – Vollverschonung Betriebsvermögen

Zusammenfassung RA und Notar Krau

Tenor:

  • Die Revision der Klägerin wird zurückgewiesen.
  • Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Kernaussagen:

  • Bei einer einheitlichen Schenkung mehrerer wirtschaftlicher Einheiten kann die Erklärung zur optionalen Vollverschonung für jede wirtschaftliche Einheit gesondert abgegeben werden.
  • Wird die Erklärung zur optionalen Vollverschonung für eine wirtschaftliche Einheit abgegeben, die die Anforderungen an die Vollverschonung nicht erfüllt, ist für diese wirtschaftliche Einheit auch nicht die Regelverschonung zu gewähren.   

Hintergrund:

  • Die Klägerin erhielt von ihrer Mutter im Jahr 2010 schenkweise Beteiligungen an vier Kommanditgesellschaften (KGs).
  • Das Finanzamt gewährte zunächst die Regelverschonung von 85% für alle KG-Anteile.
  • Später stellte das Finanzamt fest, dass für einen der KG-Anteile (KG2) die Verwaltungsvermögensquote über 10% lag und somit keine Verschonung in Betracht kam.
  • Die Klägerin erklärte daraufhin im Einspruchsverfahren die Option zur Vollverschonung für den gesamten Erwerb.
  • Das Finanzamt gewährte die Vollverschonung für drei KG-Anteile, für den KG2-Anteil jedoch keine Verschonung.
  • Die Klägerin legte Klage ein und argumentierte, dass bei einheitlicher Optionserklärung auch die Verwaltungsvermögensquote einheitlich zu berechnen sei oder zumindest ein Rückfall auf die Regelverschonung möglich sein müsse.

BFH II R 25/20 – Vollverschonung Betriebsvermögen

Entscheidung des Bundesfinanzhofs:

  • Die Revision der Klägerin wurde zurückgewiesen.
  • Einzelne Betrachtung der wirtschaftlichen Einheiten: Der relevante Anteil des Verwaltungsvermögens ist für jede übertragene wirtschaftliche Einheit gesondert zu ermitteln, sowohl bei Regel- als auch bei Vollverschonung.
  • Getrennte Optionserklärungen möglich: Bei einer einheitlichen Schenkung mehrerer wirtschaftlicher Einheiten kann die Erklärung zur optionalen Vollverschonung für jede Einheit einzeln abgegeben werden.
  • Kein Rückfall auf Regelverschonung: Wurde die Option zur Vollverschonung erklärt, aber die Voraussetzungen dafür nicht erfüllt, ist auch keine Regelverschonung möglich, selbst wenn deren Voraussetzungen erfüllt wären.
  • Begründung:
    • Die getrennte Betrachtung der wirtschaftlichen Einheiten entspricht dem System der Steuerbegünstigung und den gesetzlichen Vorschriften.
    • Die Möglichkeit der Einzeloption entspricht der betriebsbezogenen Ermittlung der Verwaltungsvermögensquote und den weiteren Verschonungsvoraussetzungen.
    • Die Gesetzesbegründung und der Wortlaut der Vorschriften sprechen nicht gegen eine getrennte Optionserklärung.
    • Ein Rückfall auf die Regelverschonung würde den Anreiz zur Einhaltung der strengeren Voraussetzungen der Vollverschonung unterlaufen.
    • Es besteht keine Ungleichbehandlung zwischen einheitlichen und getrennten Schenkungen.
  • Auslegung der Erklärung: Die Erklärung der Klägerin ist dahingehend auszulegen, dass sie die Vollverschonung auch für den KG2-Anteil erklärt hat.
  • Keine Vollverschonung für KG2: Da die Verwaltungsvermögensquote des KG2-Anteils über 10% liegt, ist die Vollverschonung nicht zu gewähren.
  • Kein Rückfall auf Regelverschonung: Da die Option zur Vollverschonung unwiderruflich ist, ist auch keine Regelverschonung möglich.
  • Keine Verfassungswidrigkeit: Die einheitliche Behandlung von einheitlichen und getrennten Schenkungen verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

Fazit:

Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass bei einer einheitlichen Schenkung mehrerer wirtschaftlicher Einheiten die Option zur Vollverschonung für jede Einheit einzeln erklärt werden kann.

Wird die Option erklärt, aber die Voraussetzungen nicht erfüllt, ist auch keine Regelverschonung möglich.

Dies gilt auch dann, wenn die Verwaltungsvermögensquote insgesamt unter 10% liegt, aber für eine einzelne Einheit darüber.

Die Entscheidung schafft Klarheit für die Anwendung der Vollverschonung bei der Schenkung von Betriebsvermögen.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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