BFH II R 47/11 – Der verjährte Pflichtteil und die Erbschaftsteuer

September 23, 2022

BFH II R 47/11 – Der verjährte Pflichtteil und die Erbschaftsteuer

Zusammenfassung RA und Notar Krau

Kernaussage:

Wenn der Pflichtteilsberechtigte Alleinerbe des Verpflichteten wird, erlischt der Pflichtteilsanspruch zwar zivilrechtlich,

aber erbschaftsteuerrechtlich bleibt das Recht zur Geltendmachung des Pflichtteils bestehen (§ 10 Abs. 3 ErbStG).

Erklärt der Berechtigte gegenüber dem Finanzamt, den Anspruch geltend zu machen, ist dies unabhängig davon zu berücksichtigen, ob der Verpflichtete zu Lebzeiten mit der Erfüllung rechnen musste.

Dies gilt, solange der Pflichtteilsanspruch im Zeitpunkt der Mitteilung an das Finanzamt noch nicht verjährt ist.

Hintergrund:

Die Klägerin war Alleinerbin ihrer Mutter (M), die zuvor ihren Ehemann (V) aufgrund eines Berliner Testaments allein beerbt hatte.

Die Klägerin war somit enterbt und hatte einen Pflichtteilsanspruch gegen M.

Nach dem Tod von M machte die Klägerin ihren Pflichtteilsanspruch gegenüber dem Finanzamt geltend.

Das Finanzamt berücksichtigte diesen Anspruch jedoch nicht als Nachlassverbindlichkeit bei der Festsetzung der Erbschaftsteuer.

BFH II R 47/11 – Der verjährte Pflichtteil und die Erbschaftsteuer

Entscheidung des Gerichts:

  • Fiktive Geltendmachung des Pflichtteils: Auch wenn der Pflichtteilsanspruch zivilrechtlich durch Konfusion (Vereinigung von Gläubiger und Schuldner in einer Person) erloschen ist, bleibt das Recht zur Geltendmachung erbschaftsteuerrechtlich bestehen (§ 10 Abs. 3 ErbStG).
  • Erklärung gegenüber dem Finanzamt: Die Klägerin hat den Pflichtteilsanspruch durch ihre Erklärung gegenüber dem Finanzamt wirksam geltend gemacht.
  • Keine wirtschaftliche Belastung erforderlich: Es ist unerheblich, ob die Mutter zu Lebzeiten mit der Erfüllung des Pflichtteilsanspruchs rechnen musste.
  • Verjährung: Die Geltendmachung muss vor Verjährung des Anspruchs erfolgen.
  • Abzug als Nachlassverbindlichkeit: Der Pflichtteilsanspruch ist als Nachlassverbindlichkeit bei der Erbschaftsteuerberechnung abzuziehen.

Fazit:

Der BFH hob die Entscheidung des Finanzgerichts auf und setzte die Erbschaftsteuer herab, indem er den Pflichtteilsanspruch als Nachlassverbindlichkeit berücksichtigte.

Das Urteil stellt klar, dass ein Pflichtteilsberechtigter, der Alleinerbe des Verpflichteten wird, den Anspruch auch nach dessen Tod noch geltend machen kann, solange er nicht verjährt ist.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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