BFH-Urteil: Keine Sonderabschreibung für Neubau nach Abriss eines vermieteten Hauses
Gerne fasse ich das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 12. August 2025 (Az. IX R 24/24) für Laien zusammen.
In diesem Fall ging es um die Frage, ob eine Sonderabschreibung für den Neubau einer Mietwohnung in Anspruch genommen werden kann, wenn auf dem Grundstück zuvor ein anderes, vermietetes Wohngebäude abgerissen wurde.
Die Sonderabschreibung nach §7b des Einkommensteuergesetzes (EStG), die 2019 eingeführt wurde, soll den Bau von neuen Mietwohnungen steuerlich fördern. Sie erlaubt es Investoren, zusätzlich zur normalen Abschreibung (AfA) jährlich 5 % der Baukosten über vier Jahre abzuschreiben, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Eine zentrale Bedingung ist, dass es sich um eine „neue, bisher nicht vorhandene“ Wohnung handelt (§7b Abs. 2 Nr. 1 EStG).
Eine Klägerin besaß ein Grundstück mit einem älteren, vermieteten Einfamilienhaus. Ende 2018 beschloss sie, das sanierungsbedürftige Haus aus wirtschaftlichen Gründen abzureißen und ein neues Einfamilienhaus zu errichten.
Die Mieterin zog aus.
Im Juli 2019 beantragte die Klägerin die Baugenehmigung.
Im Juni 2020 ließ sie das alte Haus abreißen.
Von Juli bis Dezember 2020 wurde der Neubau errichtet und anschließend vermietet.
Die Klägerin machte die Sonderabschreibung von über 15.000€ für die Herstellungskosten des Neubaus als Werbungskosten geltend. Das Finanzamt lehnte dies ab, da kein neuer Wohnraum geschaffen, sondern lediglich bestehender ersetzt worden sei. Das Finanzgericht Köln bestätigte diese Sichtweise.
Der BFH wies die Revision der Klägerin als unbegründet zurück und bestätigte damit die Entscheidung der Vorinstanz. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Sonderabschreibung nach §7b EStG.
Die Begründung des BFH (für Laien erklärt)
Die Sonderabschreibung wurde im Rahmen der sogenannten „Wohnraumoffensive“ eingeführt. Ihr Ziel ist es, zusätzlichen Mietwohnraum zu schaffen, um der Wohnraumknappheit und steigenden Mieten entgegenzuwirken. Es handelt sich um eine Steuervergünstigung mit einem außersteuerlichen Lenkungszweck (Wohnungsbau fördern).
Wortlaut vs. Sinn und Zweck: Rein sprachlich ist ein neuerrichtetes Haus zwar „neu“ und „bisher nicht vorhanden“. Der BFH argumentiert jedoch, dass dies nicht dem Sinn und Zweck der Norm entspricht.
Der Gesetzgeber wollte nur Baumaßnahmen fördern, die den Wohnungsbestand vermehren und nicht nur ersetzen. Wer ein vorhandenes Haus abreißt und durch ein neues ersetzt, trägt nicht zur Vergrößerung des gesamten Wohnungsangebots bei.
Das Kriterium „neue, bisher nicht vorhandene“ Wohnung bedeutet nach Ansicht des BFH, dass im Vergleich zum vorherigen Zustand ein zusätzlicher, das heißt vermehrter Wohnungsbestand geschaffen werden muss.
Im vorliegenden Fall lagen Abriss und Neubau zu nah beieinander und waren Teil eines einheitlichen Gesamtplans der Klägerin. Die Klägerin hatte den Bauantrag für den Neubau bereits vor dem Abriss gestellt und die Bauarbeiten schlossen sich unmittelbar an.
Daher konnte sich der Wegfall der alten Wohnung nicht „verfestigen“. Die alte Wohnung wurde kurzfristig durch eine neue ersetzt, was nur eine notwendige Unterbrechung der Wohnraumnutzung darstellte.
Nur wenn Abriss und Neubau keinen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang hätten (z. B. wenn das Grundstück nach dem Abriss über längere Zeit brachgelegen hätte, weil noch keine Neubaupläne bestanden), könnte der Neubau als Schaffung einer „neuen, bisher nicht vorhandenen“ Wohnung gelten. Das war hier nicht der Fall.
Da das neu errichtete Einfamilienhaus lediglich an die Stelle des abgerissenen Hauses trat und den Wohnungsbestand auf dem Grundstück nicht vermehrt hat, ist die Sonderabschreibung nicht zulässig.
Die steuerliche Förderung über §7b EStG gilt nur für den Bau von Wohnungen, die zusätzlich zum bisherigen Wohnungsbestand entstehen (z. B. Neubau auf einem unbebauten Grundstück, Anbau, Aufstockung oder Umbau eines alten Hauses in mehrere Wohnungen). Der reine Ersatz einer abgerissenen Wohnung, selbst wenn der Neubau qualitativ besser ist, wird nicht gefördert, da er die Knappheit an bezahlbarem Wohnraum nicht lindert.
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