BFH Urteil vom 28.02.2024 – II R 25/21

Oktober 19, 2024

BFH Urteil vom 28.02.2024 – II R 25/21

RA und Notar Krau

Kernaussage:

Das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 28.02.2024 (Az. II R 25/21) klärt die Frage, wer bei der Übertragung von Vermögen auf eine Familienstiftung

als “entferntest Berechtigter” im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) anzusehen ist.

Der BFH entschied, dass dies derjenige ist, der nach der Stiftungssatzung potentiell Vermögensvorteile erhalten kann, unabhängig davon,

ob diese Person zum Zeitpunkt der Schenkung bereits geboren ist oder tatsächlich jemals Vorteile erhält.

Sachverhalt:

Im vorliegenden Fall errichtete die Klägerin mit ihrem Ehemann eine Familienstiftung, die zum Zweck hatte, die Stifter selbst, ihre Tochter und weitere Abkömmlinge des Stammes der Stifter zu versorgen.

Das Finanzamt (FA) sah die “weiteren Abkömmlinge” als “entferntest Berechtigte” an und setzte die Schenkungsteuer entsprechend der Steuerklasse I für Abkömmlinge von Kindern und Stiefkindern fest.

BFH Urteil vom 28.02.2024 – II R 25/21

Die Klägerin argumentierte hingegen, dass nur sie und ihre Tochter als Berechtigte anzusehen seien, da die weiteren Abkömmlinge

zum Zeitpunkt der Schenkung noch nicht geboren waren und erst nach dem Tod der Tochter bezugsberechtigt sein sollten.

Entscheidung des BFH:

Der BFH wies die Revision der Klägerin zurück und bestätigte die Entscheidung des Finanzgerichts.

Begründung:

  • “Entferntest Berechtigter”: Der BFH legte den Begriff des “entferntest Berechtigten” in § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG dahingehend aus, dass damit derjenige gemeint ist, der nach der Stiftungssatzung potentiell Vermögensvorteile erhalten kann. Es ist nicht erforderlich, dass die Person zum Zeitpunkt der Schenkung bereits geboren ist oder tatsächlich jemals Vorteile erhält.
  • Auslegung der Stiftungssatzung: Der BFH betonte, dass es bei der Bestimmung des “entferntest Berechtigten” auf die jeweilige Stiftungssatzung ankommt. Im vorliegenden Fall sah die Satzung vor, dass auch weitere Abkömmlinge des Stammes der Stifter potentiell begünstigt sein können.
  • Zweck der Regelung: Der BFH erläuterte, dass § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG eine Privilegierung für Familienstiftungen darstellt. Durch die Berücksichtigung des “entferntest Berechtigten” können Stifter eine günstigere Steuerklasse und einen höheren Freibetrag erhalten, als wenn die Stiftung als fremde Dritte behandelt würde.
  • Keine Überprivilegierung: Der BFH wies das Argument der Klägerin zurück, dass es zu einer Überprivilegierung kommen könnte, wenn später weitere Abkömmlinge geboren werden. Er betonte, dass § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG keine Überwachung der Familienstiftung vorsieht.

BFH Urteil vom 28.02.2024 – II R 25/21

Konsequenzen des Urteils:

  • Das Urteil präzisiert die Auslegung des Begriffs “entferntest Berechtigter” in § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG.
  • Es bestätigt die Privilegierung von Familienstiftungen im Erbschaftsteuerrecht.
  • Stifter sollten bei der Gestaltung von Stiftungssatzungen die Auswirkungen auf die Schenkungsteuer berücksichtigen.

Zusammenfassend lässt sich festhalten:

Der BFH hat mit seinem Urteil klargestellt, dass bei der Übertragung von Vermögen auf eine Familienstiftung als “entferntest Berechtigter” derjenige anzusehen ist,

der nach der Stiftungssatzung potentiell Vermögensvorteile erhalten kann, unabhängig davon, ob diese Person zum Zeitpunkt der Schenkung bereits geboren ist oder tatsächlich jemals Vorteile erhält.

Zusätzliche Hinweise:

  • Das Urteil ist rechtskräftig.
  • Die Revision der Klägerin wurde als unbegründet zurückgewiesen.
  • Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt die Klägerin.

Wichtige Paragraphen:

  • § 7 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG (Schenkung unter Lebenden)
  • § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG (“Entferntest Berechtigter”)
  • § 16 ErbStG (Freibeträge)

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

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Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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