BFH Urteil vom 8.8.2024 – IV R 1/20 – unentgeltliche Übertragung eines verpachteten Gewerbebetriebs

Oktober 29, 2024

BFH Urteil vom 8.8.2024 – IV R 1/20 – unentgeltliche Übertragung eines verpachteten Gewerbebetriebs

RA und Notar Krau

Dieses Urteil des IV. Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) befasst sich mit den komplexen steuerlichen Folgen der unentgeltlichen Übertragung eines verpachteten Gewerbebetriebs,

insbesondere im Hinblick auf die Unterscheidung zwischen einer Übertragung gegen Versorgungsleistungen und einer Übertragung unter Nießbrauchsvorbehalt.

Sachverhalt:

Im vorliegenden Fall übertrug ein Vater (V) im Jahr 1995 seinen verpachteten Hotelbetrieb im Wege der vorweggenommenen Erbfolge unentgeltlich auf seine Kinder (Klägerin und Beigeladenen).

Zunächst wurde ein Nießbrauch zugunsten des Vaters vereinbart, später jedoch durch eine monatliche Rente ersetzt.

Im Jahr 2012 übertrug die Klägerin ihren Anteil am Hotelgrundstück auf den Beigeladenen.

Streitig war die steuerliche Behandlung des Veräußerungsgewinns der Klägerin im Jahr 2012.

BFH Urteil vom 8.8.2024 – IV R 1/20 – unentgeltliche Übertragung eines verpachteten Gewerbebetriebs

Kernaussagen des Urteils:

  • Übertragung unter Nießbrauchsvorbehalt: Die unentgeltliche Übertragung eines verpachteten Gewerbebetriebs unter Nießbrauchsvorbehalt fällt nicht unter § 7 Abs. 1 EStDV (bzw. § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG). Der Übertragende entnimmt die Wirtschaftsgüter in sein Privatvermögen und erzielt weiterhin gewerbliche Einkünfte. Beim Erlöschen des Nießbrauchs (z.B. durch Tod) geht der Betrieb auf den Erwerber über, wobei die Wirtschaftsgüter mit dem Teilwert in das Betriebsvermögen eingelegt werden.
  • Übertragung gegen Versorgungsleistungen: Erfolgt die unentgeltliche Übertragung gegen Versorgungsleistungen, greift § 7 Abs. 1 EStDV ein. Die Versorgungsleistungen werden als vorbehaltene Vermögenserträge angesehen.
  • Kein formeller Bilanzzusammenhang: Wird ein Betrieb unter Nießbrauchsvorbehalt übertragen, kann eine beim Übertragenden unterbliebene Aufdeckung stiller Reserven nicht beim Erwerber nachgeholt werden.
  • Kein Treu und Glauben: Der Grundsatz von Treu und Glauben kann nicht dazu führen, dass eine rechtsfehlerhaft unterlassene Besteuerung beim Erwerber nachgeholt wird.

Entscheidung:

BFH Urteil vom 8.8.2024 – IV R 1/20 – unentgeltliche Übertragung eines verpachteten Gewerbebetriebs

Der BFH hob das Urteil des Finanzgerichts auf und verwies die Sache zurück.

Das Finanzgericht muss nun weitere Tatsachenfeststellungen treffen, um zu klären, ob die Übertragung des Hotelbetriebs im Jahr 1995 als

Übertragung gegen Versorgungsleistungen zu qualifizieren ist und ob diese Vereinbarung tatsächlich durchgeführt wurde.

Hinweise für den zweiten Rechtsgang:

  • Scheinvereinbarung: Sollte das Finanzgericht feststellen, dass die Vereinbarung über Versorgungsleistungen nur zum Schein getroffen wurde, ist der tatsächlich verwirklichte Lebenssachverhalt zugrunde zu legen.
  • Beweislast: Kann das Finanzgericht die Umstände der Übertragung nicht mehr aufklären, trägt die Klägerin die Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 EStDV nicht vorlagen.

Bedeutung des Urteils:

Das Urteil verdeutlicht die komplexen steuerlichen Folgen der unentgeltlichen Übertragung eines verpachteten Gewerbebetriebs.

Es differenziert zwischen der Übertragung unter Nießbrauchsvorbehalt und der Übertragung gegen Versorgungsleistungen

und stellt klar, dass der Grundsatz von Treu und Glauben nicht dazu verwendet werden kann, eine fehlerhafte steuerliche Behandlung zu korrigieren.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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