BFH V R 36/21 keine Gemeinnützigkeit bei extremistischen Organisationen

Dezember 1, 2024

BFH V R 36/21 keine Gemeinnützigkeit bei extremistischen Organisationen

Urteil vom 05. September 2024

Versagung der Gemeinnützigkeit bei extremistischen Organisationen

RA und Notar Krau

Kernaussage:

Der BFH hat entschieden, dass für die Anwendung der Vermutungsregel des § 51 Abs. 3 Satz 2 Abgabenordnung (AO)

die ausdrückliche Bezeichnung der betreffenden Körperschaft als extremistisch in einem Verfassungsschutzbericht erforderlich ist.

Es genügt nicht, dass eine andere, verbundene Organisation als extremistisch eingestuft wird.

Hintergrund:

BFH V R 36/21 keine Gemeinnützigkeit bei extremistischen Organisationen

Der Kläger, ein eingetragener Verein und Landesorganisation einer Bundesorganisation, wurde in den Verfassungsschutzberichten des Landes A in den Jahren 2009 bis 2015 erwähnt.

Das Finanzamt versagte ihm daraufhin die Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 Körperschaftsteuergesetz (KStG) in Verbindung mit § 51 Abs. 3 Satz 2 AO,

da es ihn als extremistische Organisation ansah.

Das Finanzgericht (FG) München bestätigte diese Entscheidung.

Revisionsverfahren:

Der Kläger legte Revision beim BFH ein.

Er argumentierte, dass die Verfassungsschutzberichte sich auf die Bundesorganisation und nicht auf ihn als Landesorganisation bezögen.

Er sei höchstens als „extremistisch beeinflusst“ bezeichnet worden, was nicht ausreiche, um ihn selbst als extremistisch einzustufen.

BFH V R 36/21 keine Gemeinnützigkeit bei extremistischen Organisationen

Entscheidung des BFH:

Der BFH hob das Urteil des FG auf und verwies die Sache zurück.

Er stellte klar, dass § 51 Abs. 3 Satz 2 AO voraussetzt, dass die konkrete Körperschaft, der die Gemeinnützigkeit versagt werden soll,

in einem Verfassungsschutzbericht ausdrücklich als extremistisch bezeichnet wird.

Dies sei hier nicht der Fall gewesen.

Die Verfassungsschutzberichte hätten sich zwar auf die Bundesorganisation bezogen, aber nicht den Kläger als eigenständiges Steuersubjekt ausdrücklich als extremistisch bezeichnet.

Bedeutung des Urteils:

Das Urteil präzisiert die Anforderungen an die Anwendung der Vermutungsregel des § 51 Abs. 3 Satz 2 AO.

Es stärkt die Rechte von Organisationen, die zwar mit extremistischen Organisationen in Verbindung stehen, aber selbst nicht extremistisch sind.

BFH V R 36/21 keine Gemeinnützigkeit bei extremistischen Organisationen

Hinweise für den zweiten Rechtsgang:

Der BFH gab dem FG München zudem Hinweise für die erneute Verhandlung des Falls:

  • Eigenständige Prüfung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 3 Satz 1 AO: Das FG muss prüfen, ob der Kläger nach seiner Satzung oder tatsächlichen Geschäftsführung Bestrebungen im Sinne des § 4 Bundesverfassungsschutzgesetz (BVerfSchG) fördert oder dem Gedanken der Völkerverständigung zuwiderhandelt.
  • Berücksichtigung aller relevanten Umstände: Das FG muss alle Umstände würdigen, die für die Förderung verfassungsfeindlicher Bestrebungen sprechen, und Tätigkeiten, die das Gemeinwohl fördern, außer Betracht lassen.
  • Prüfung der Zurechnung: Das FG muss prüfen, ob die dem Kläger vorgeworfenen Verhaltensweisen und Äußerungen ihm tatsächlich zugerechnet werden können.

Zusätzliche Klarstellungen:

Der BFH stellte außerdem klar, dass:

  • Die Versagung der Gemeinnützigkeit keine Beeinträchtigung der Weltanschauung oder politischen Überzeugung im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Grundgesetz (GG) darstellt.
  • Die Einschränkung der Gemeinnützigkeit für extremistische Organisationen keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung im Sinne von Art. 3 Abs. 1 GG darstellt.

BFH V R 36/21 keine Gemeinnützigkeit bei extremistischen Organisationen

Fazit:

Das Urteil des BFH ist ein wichtiger Beitrag zur Klärung der Voraussetzungen für die Versagung der Gemeinnützigkeit bei extremistischen Organisationen.

Es betont die Bedeutung der ausdrücklichen Bezeichnung der betreffenden Körperschaft als extremistisch in einem Verfassungsschutzbericht

und stärkt damit die Rechtssicherheit für gemeinnützige Organisationen.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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