BGH II ZR 14/03

November 5, 2020

BGH II ZR 14/03, Urteil vom 29.11.2004, Auflösung der Gesellschaft, Liquidator, im Handelsregister gelöscht, Nachtragsliquidation

RA und Notar Krau

Kernaussage:

Das Urteil befasst sich mit der Frage, ob ein Gesellschafter einer wegen Vermögenslosigkeit im Handelsregister gelöschten GmbH einen Mitgesellschafter, der die Gesellschaft geschädigt haben soll,

auch nach Bestellung eines Nachtragsliquidators auf Auskunft und Schadensersatzleistung an die Gesellschaft in Anspruch nehmen kann.

Der BGH bejaht dies unter bestimmten Voraussetzungen.

Sachverhalt:

  • Die Prozessparteien sind Brüder und Gesellschafter einer Ingenieurs-GmbH.
  • Der Beklagte war zunächst Alleingesellschafter und übertrug 1990 die Hälfte seiner Geschäftsanteile auf den Kläger. Beide waren Geschäftsführer, bis der Beklagte 1993 ausschied.
  • 1999 beschlossen sie die Auflösung der Gesellschaft, der Beklagte wurde Liquidator.
  • Im Jahr 2000 beantragte der Beklagte die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, das mangels Masse abgelehnt wurde.
  • Die GmbH wurde 2001 wegen Vermögenslosigkeit gelöscht.
  • Der Kläger klagte gegen den Beklagten auf Auskunft und Unterlagen über Computerprogramme sowie auf Vorlage von Jahresabschlüssen.
  • In zweiter Instanz stellte der Kläger den Hilfsantrag, den Beklagten zur Auskunftserteilung an einen bestellten Nachtragsliquidator zu verurteilen.
  • Das Berufungsgericht wies die Berufung und den Hilfsantrag ab.

BGH II ZR 14/03

Entscheidungsgründe:

  • Zulässigkeit der Klageerweiterung:

    • Das Berufungsgericht hielt die Klageerweiterung um den Hilfsantrag für sachdienlich, jedoch für unzulässig, da dem Kläger die Klagebefugnis fehle.
    • Eine Gesellschafterklage sei subsidiär und nach Bestellung des Nachtragsliquidators nicht mehr möglich.
    • Der Vortrag des Klägers zur fehlenden finanziellen Mittel der GmbH sei präkludiert und unerheblich.
  • Prüfung des BGH:

    • Der BGH stellte fest, dass ein Gesellschafter unter bestimmten Voraussetzungen einen Mitgesellschafter auf Leistung an die Gesellschaft in Anspruch nehmen kann, insbesondere bei Verletzung der Treuepflicht und Schädigung des Gesellschaftsvermögens.
    • Eine Gesellschafterklage hat grundsätzlich Vorrang vor der Klage der Gesellschaft, dieser entfällt jedoch, wenn eine Klage der Gesellschaft undurchführbar oder durch den Schädiger vereitelt wird.
    • Im vorliegenden Fall verfügt die GmbH zwar über ein Vertretungsorgan (Nachtragsliquidator), aber nicht über die Mittel für die Prozessführung.
    • Die GmbH kann keine Prozesskostenhilfe beanspruchen, da die Kosten von den Gesellschaftern aufgebracht werden könnten.
    • Ein Anspruch der GmbH gegen den Kläger auf Prozesskostenvorschuß besteht nicht.
    • Daher ist der Kläger zur Gesellschafterklage befugt.
    • Der Hilfsantrag ist auch nicht unzulässig, weil der Kläger in der Berufungsbegründung keine Ausführungen dazu gemacht hat. Die Begründung ergibt sich aus den Ausführungen zum Hauptantrag und den Grundsätzen der Gesellschafterklage.
  • Aufhebung und Zurückverweisung:

    • Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
    • Das Berufungsgericht hat zu prüfen, ob der Auskunftsanspruch besteht und ob der Einwand sachfremder Rechtsverfolgung begründet ist.

BGH II ZR 14/03

Fazit:

  • Ein Gesellschafter einer gelöschten GmbH kann einen Mitgesellschafter auf Leistung an die Gesellschaft in Anspruch nehmen, wenn dieser seine Treuepflicht verletzt und das Gesellschaftsvermögen geschädigt hat.
  • Eine Gesellschafterklage ist zulässig, wenn eine Klage der Gesellschaft undurchführbar oder durch den Schädiger vereitelt wird, z.B. wenn die Gesellschaft keine Mittel für die Prozessführung hat.
  • Die Bestellung eines Nachtragsliquidators hindert die Gesellschafterklage nicht, wenn die Gesellschaft dennoch nicht in der Lage ist, den Anspruch selbst geltend zu machen.
  • Der Hilfsantrag auf Auskunftserteilung an den Nachtragsliquidator ist zulässig, auch wenn er erst in der Berufungsinstanz gestellt wurde.
  • Das Berufungsgericht muss nun prüfen, ob der Auskunftsanspruch besteht und ob der Einwand sachfremder Rechtsverfolgung begründet ist.

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Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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