BGH II ZR 227/88 – Gesellschaftsvertrag Teilwirksamkeit der nichtigen Klausel über Gesellschafterausschluß nach freiem Ermessen für Ausschluß aus wichtigem Grund
Dieser Fall befasst sich mit der Frage, ob eine gesellschaftsvertragliche Bestimmung, die einen Gesellschafter zum Ausschluss anderer Gesellschafter nach freiem Ermessen ermächtigt, teilweise wirksam sein kann, wenn sie auch den Ausschluss aus wichtigem Grund zulässt.
Sachverhalt:
Der Kläger und der Vater der Beklagten gründeten 1952 eine Kommanditgesellschaft (KG).
Der Gesellschaftsvertrag enthielt eine Klausel (§ 10 Nr. 3), die dem Vater der Beklagten das Recht einräumte, Gesellschafter nach freiem Ermessen aus der Gesellschaft auszuschließen.
1983 kündigte der Vater der Beklagten das Gesellschaftsverhältnis mit dem Kläger unter Berufung auf diese Klausel und erklärte gleichzeitig, dass er das Unternehmen mit allen Aktiven und Passiven übernehme.
Der Kläger erhob Klage und machte geltend, dass die Kündigung unwirksam sei.
Rechtliche Würdigung:
Der BGH stellte zunächst fest, dass die Klausel in § 10 Nr. 3 des Gesellschaftsvertrages, die einen Ausschluss nach freiem Ermessen vorsah,
gemäß der ständigen Rechtsprechung des Senats nichtig ist (BGHZ 68, 212, 215; BGHZ 81, 263, 266f.).
Solche Klauseln verstießen gegen § 138 BGB, da sie den anderen Gesellschafter in einer Weise benachteiligen, die nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt ist.
Der BGH prüfte jedoch, ob die Klausel im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung teilweise aufrechterhalten werden kann, nämlich insoweit, als sie den Ausschluss aus wichtigem Grund zulässt.
Teilwirksamkeit nach § 139 BGB:
Der BGH führte aus, dass § 139 BGB auch dann anwendbar sein kann, wenn die Parteien anstelle der nichtigen Regelung eine andere, zulässige Regelung getroffen hätten, wenn sie die Nichtigkeit gekannt hätten.
Voraussetzung sei, dass sich der Vertragsinhalt in eindeutig abgrenzbarer Weise in einen nichtigen und einen gültigen Teil aufteilen lasse.
Im vorliegenden Fall sei dies gegeben.
Die Klausel in § 10 Nr. 3 des Gesellschaftsvertrages enthalte zwei Abweichungen von der gesetzlichen Regelung des § 140 HGB:
Die erste Abweichung sei unzulässig, die zweite hingegen zulässig.
Der BGH stellte fest, dass die Klausel teilbar sei und der zulässige Teil aufrechterhalten werden könne, wenn der unzulässige Teil beseitigt werde.
Hypothetischer Parteiwille:
Die Aufrechterhaltung des zulässigen Teils nach § 139 BGB setze voraus, dass die Parteien auch diesen für sich allein vereinbart hätten. Im vorliegenden Fall sei dies zu bejahen.
Für den Vater der Beklagten sei es sinnvoll gewesen, im Falle eines wichtigen Grundes nicht erst Klage erheben zu müssen, um einen Gesellschafter auszuschließen.
Es sei kein Grund ersichtlich, warum der Kläger einer solchen Regelung nicht zugestimmt hätte.
Geltungserhaltende Reduktion:
Der BGH ging auf den Einwand ein, dass eine geltungserhaltende Reduktion von nichtigen Klauseln unzulässig sei.
Er stellte klar, dass dies im Bereich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Fall sei, nicht jedoch bei individuell ausgehandelten Gesellschaftsverträgen.
Bei AGB solle der Kunde die Möglichkeit haben, sich über die Rechte und Pflichten aus dem Vertrag zu informieren.
Dieses Transparenzgebot wäre nicht erfüllt, wenn der Verwender ohne Risiko Klauseln verwenden könnte, die bis zum Äußersten gehen, in der Hoffnung, dass die Gerichte sie lediglich auf ein zulässiges Maß reduzieren.
Bei individuell ausgehandelten Verträgen spiele diese Überlegung keine Rolle.
Der BGH kam zu dem Ergebnis, dass die Klausel in § 10 Nr. 3 des Gesellschaftsvertrages teilweise wirksam ist, nämlich insoweit, als sie den Ausschluss aus wichtigem Grund zulässt.
Die Sache wurde an das Berufungsgericht zurückverwiesen, damit geprüft werden kann, ob im vorliegenden Fall wichtige Gründe für den Ausschluss des Klägers vorlagen.
Zusammenfassend lässt sich festhalten:
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.